Kapitel 47 - Alltagsstress und andere Sorgen

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"Nochmal, so klingt das mega scheiße!"
Schon zum dritten Mal wollte Vincent eine Wiederholung der Aufnahme machen, dabei klang sie eigentlich immer gleich gut. Aber der junge Berliner hatte heute gefühlt an alles etwas auszusetzen.
Dag tat mir ein wenig leid, denn er bekam jede Kritik ab.
Ich traute mich erst gar nichts zu sagen, denn vermutlich hätte ich dann ebenfalls einen auf den Deckel bekommen. Stattdessen widmete ich mich meinem Laptop und schrieb fleißig an meiner Hausarbeit, für die wir zwei Wochen von der Schule und Arbeit freigestellt wurden.
Fleißig war mir jedoch in diesem Moment ein Fremdbegriff, denn meine Seiten waren alle noch blütenweiß. Während andere vor Wochen, wenn nicht sogar vor Monaten schon angefangen hatten, schob ich alles immer nach hinten und hatte nun mit der Konsequenz zu leben.
Vielleicht lag es aber auch daran, das ich jetzt nicht wirklich voran kam, weil ich mich für die nächsten zwei Wochen bei Vincent einquartiert hatte und ich eigentlich nur Zeit mit ihm und Dag verbringen wollte. Deshalb wollte ich auch unbedingt mit ins Studio, obwohl ich mich hier alles andere als hoch konzentrieren konnte.
Die Musik erklang erneut und ich lauschte ihr nebenbei, während ich mir ein Fachbuch schnappte und einige Dinge daraus schrieb.
"Fuck man!"
Mit einem mal verstummte die Musik und Vincent trat gegen einen leerstehenden Karton. Vor Schreck zuckte ich mächtig zusammen und ein ganzer Schwung an Büchern fiel von der Couch hinab.
"Dicker ganz ehrlich, langsam reicht es. Ich denke wir sollten mal ne Pause einlegen."
"Natürlich will der Herr wieder ein Pause haben. So kommen wir doch nie voran!"
"Du bist nur am rum motzen und findest immer was zu meckern. So hab ich keinen Bock mit dir zu arbeiten. Reiß dich mal zusammen!" Dag stellte die Gitarre beiseite und schnappte sich seine Jacke.
"Wo gehst du hin?", fragte ich ihn leise und mir einer gewissen Besorgnis in meiner Stimme. Dass die Beiden sich so angifteten, konnte ich nicht ertragen.
"Ich hol mir kurz ne Schachtel Kippen von gegenüber, bin gleich wieder da.", beruhigte er mich und zwinkerte mir daraufhin zu.

Sobald Dag hinter sich die Tür schloss, setzte Vincent sich an seinen Computer und nuschelte irgendwelche Dinge vor sich her.
Nach kurzem Überlegen, stellte ich meinen Laptop zur Seite und erhob mich von der Couch, um zu ihm gehen zu können.
"Ziemlich mieser Tag heute, hm?", fragte ich leise und stand nun direkt hinter ihm.
"Es will einfach nichts funktionieren.", seufzte er und rieb sich über die Schläfen.
"Du solltest dich entspannen und etwas lockerer sein. Ich weiß, dass euch die zweite Tourhälfte bevorsteht, aber wenn du so gestresst an die Sache heran gehst, wird das nichts." Vorsichtig legte ich meine Hände auf seine Schultern und fing an ihn sanft zu massieren.
"Du bist so verkrampft mein Lieber."
Vincent versuchte sich zu entspannen und lockerte seine Haltung ein wenig. Ich konnte sehen, dass er die kleine Massage genoss und seine Augen dabei schloss.
Leise summte ich dabei ein Lied vor mich her und drückte etwas fester zu, um die Muskeln etwas weiter zu lockern.
"Was würde ich nur ohne dich tun?", fragte er leise.
"Weiterhin verkrampft hier am Tisch sitzen.", sagte ich mit einem Schmunzeln und ließ die Hände über seine Schultern hinaus gleiten, bis sie auf seiner Brust lagen.
Er legte dabei seinen Kopf in den Nacken, sodass ich mein Kinn auf seiner Stirn platzieren konnte.
"Ich finds sehr schön, dass du die nächste Zeit bei mir bist."
"Ich auch, wir werden uns eine ganz schöne Zeit zusammen machen."
"Kommst du denn mit deiner Arbeit voran? Ich möchte dich nicht davon abhalten."
"Ach das wird schon, ich bin da ganz optimistisch gestimmt."
Vincent lächelte und ich hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, bis das Klopfen an der Tür unsere Zweisamkeit unterbrach.

"Man ich habe ihm schon tausend mal gesagt, er soll den verdammten Schlüssel mitnehmen."
Vince richtete sich ruckartig auf und stampfte angesäuert zur Tür. Ich bereitete mich schon auf den nächsten Krach zwischen den Beiden vor, doch es passierte nichts.
Verwundert darüber, verließ ich den Raum und ging die Treppe hinunter, um zu sehen, ob sie sich vielleicht schon gleich die Köpfe eingeschlagen hatten. Doch der Blick der sich mir dann bot, traf mich voll und ganz in meiner Magengrube.
Mit ihren hohen Absätzen stand sie direkt vor Vincent und legte ihre Arme um ihn, so als sei es das natürlichste auf der ganzen Welt.
Doch anstatt das er sie wegschubste, blieb er einfach nur stehen, wie eine Statue.
"Ich wusste, dass ich dich hier finde.", lächelte sie ihn an.
Wie in Schockstarre beobachtete ich die ganze Situation und brachte dabei kein Wort hinaus. Genau davor hatte ich Angst. Dass sie einfach wieder auftaucht und ihn mit allen Mitteln an sich reißen wollte.
"Was willst du hier?" Vincent hatte es endlich geschafft sich zu bewegen und schob Maja ein ganzes Stück von sich.
"So schüchtern warst du doch sonst auch nicht, wenn wir uns gesehen haben.", meinte sie und leckte sich dabei über ihre roten Lippen.
"Das war eine andere Zeit. Also, was willst du hier?"
"Ich hatte heute ein interessantes Telefonat und dachte mir, dass du vielleicht gerne den Ausgang dieses Gespräches erfahren möchtest."
Sie drehte sich zur Seite, um vermutlich ins Aufnahmestudio gehen zu können, blieb dann aber abrupt stehen und funkelte mich finster an.
"Was hat DIE hier verloren?", fragte sie empört.
"Du erinnerst dich an Fiona, meine Freundin. Sie ist zur Zeit bei mir."
"Ach das war ernst gemeint mit der Freundinnen Nummer? Fein, ich kann natürlich auch später noch einmal vorbei kommen."
"Mach dir keine Umstände, du kannst auch jetzt hier sagen was du willst."
Innerlich jubelte ich und feuerte Vincent an ihr weiter die Stirn zu bieten.
Maja verzog das Gesicht und schien sich nicht damit abfinden zu können, wie er mit ihr sprach.
"Lass gut sein Darling, ich werde dir eine Mail zukommen lassen.", sagte sie und machte auf ihrem Absatz kehrt. "Wir sehen uns wieder."

Gerade als sie die Tür öffnete und hinaus gehen wollte, lief sie direkt in Dag rein, der den zuvor gekauften Kaffee über ihren schönen Mantel verteilte.
"Du Vollidiot!", fluchte sie und stapfte wütend davon.
"Sorry, ich bezahl dir die Reinigung.", rief er ihr nach und schloss hinter sich dann die Tür, wo wir drei in lautes Gelächter ausbrachen.
Trotzdem blieb die Frage, was sie hier zu suchen hatte und was sie von Vincent genau wollte.

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