Kapitel 92 - Willst du?

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Sobald wir fertig mit dem Frühstück waren, zog ich mir meine Kleidung vom gestrigen Tag an, machte mich etwas frisch und band mir anschließend meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.
"Hab ich hier noch mein Handy liegen?", fragte ich beim Betreten des Schlafzimmers und blieb mit einem kleinen Schmunzeln im Türrahmen stehen.
Vincent war gerade dabei in seinen Kartons nach einem Shirt zu suchen. Vermutlich hatte er nicht daran gedacht, dass er noch ein paar brauchen würde, bis der Umzug von statten ging.
Oberkörperfrei griff er schließlich nach dem Shirt von gestern und drehte sich anschließend zu mir um.
"Ich glaube unter der Bettdecke ist es versteckt.", meinte er und blickte mich mit einem mal mit einem fragenden Blick an.
"Warum schmunzelst du so?"
"Ich finde dich einfach unfassbar süß, das ist mir gerade noch einmal so bewusst geworden."
"So?" Grinsend zog Vincent sich sein Shirt über den Kopf und legte sanft seine Arme um meine Taille.
"Kann es sein, dass du gerade am Flirten bist?"
"Ich? Wie kommst du denn darauf?", fragte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
"Nur so ein Gefühl.", hauchte er mir entgegen und küsste mich zart auf die Lippen.
In dem Moment fragte ich mich, wie ich es die letzten Monate ohne solche Berührungen seinerseits überhaupt aushalten konnte. Wieso kam ich nicht eher darauf, mit dem Thema endgültig abzuschließen?
Aber vermutlich war mein Kopf einfach nur voll von negativen Gedanken und Schmerz, den ich mit ihm verband, sodass ich mich vor jeder möglichen Klärung drückte.
"Was meinst du, sollen wir jetzt los?", fragte der Berliner mich, sodass ich aus meiner kleinen Gedankenwelt wieder aufwachte.
Mit einem zustimmenden Nicken, holte ich noch schnell mein Handy und verließ dann gemeinsam mit ihm die Wohnung.
"Du sag mal, mir fällt gerade noch etwas ein. Ich habe gestern Abend... Maja bei dir gesehen... ich will nicht wieder mit diesem Thema anfangen, aber ich habe mir auch vorgenommen, Dinge, die mich beschäftigen, gleich anzusprechen und nicht in mich hinein zu fressen. Das hätte ich damals vermutlich auch tun sollen."
Vincent öffnete sein Auto und zog mich sanft an sich. "Sie hatte noch ein paar Sachen bei mir, die mir erst aufgefallen sind, als ich mit dem Packen begonnen habe. Ich habe sie gebeten, sie abzuholen - das war's schon.", lächelte er mich an.
"Ich verstehe, danke Vince."

Nach einer knapp 15 minütigen Autofahrt, fuhren wir einen schmalen Sandweg entlang, der nicht so aussah, als würde er irgendwo hinführen, sondern einen in die endlosen Weiten des Waldes leiten.
Hinter dichten Bäumen entdeckte ich dann ein kleines, weißes Häuschen, auf dessen Auffahrt Vincent fuhr.
"Das ist ja mitten im nirgendwo.", bemerkte ich erstaunt und stieg aus dem Wagen.
"Genau so etwas hatte ich mir vorgestellt. Die Fahrt zum Studio ist nicht weit, ich könnte sie sogar mit dem Fahrrad zurück legen. Und hier ist es ruhig, der nächste Nachbar liegt ein paar hundert Meter entfernt."
"Ich wusste gar nicht, dass Berlin solche ruhigen Orte hat, an denen man leben kann. Es ist unglaublich idyllisch hier, ein Traum." Ich kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Dieser Ort war wunderschön.
"Warte erst einmal ab, bis du es von innen gesehen hast.", lächelte er und führte mich dann über den Sandweg bis hin zur Haustür.
Im Inneren des Hauses begrüßte uns ein heller und freundlicher Eingangsbereich, dessen Wände ein helles blau hatten und der Boden aus einem eichenfarbigen Laminat bestand. Er war viel größer und geräumiger, als der Flurbereich in Vincents alter Wohnung.
Ein Stückchen weiter rechts befand sich eine weiße hölzerne Treppe, die in das erste Geschoss führte.
"Hier unten befindet sich der Wohn- und Essbereich mit einer offenen Küche, die durch einen Tresen vom eigentlichen Wohnzimmer getrennt ist. Dann gibt es noch ein Gäste WC, sowie ein kleines Bad mit Toilette und Dusche und ein Zimmer, das als Arbeitszimmer genutzt werden könnte.", erklärte Vincent mir, während er mir nach und nach die großen, leeren Räume zeigte.
"Oh, du hast sogar einen Garten?", fragte ich begeistert und deutete auf die große Fensterfront, die einen herrlichen Blick auf den Garten bot.
"So ist es. Er hat eine gute Größe, sodass ich tatsächlich überlegt habe einen Pool in ihn zu stellen, mal sehen."
"Poolparty bei Vincent, hört sich gut an wenn du mich fragst.", lachte ich leise auf.
Dann gingen wir beide in das oberste Geschoss, welches ebenfalls so einige Zimmer bot.
"Das hier wird das Schlafzimmer und daneben ist ein kleineres Zimmer, was als Ankleidezimmer genutzt werden könnte, da beide Zimmer mit einer Tür verbunden sind. Es gibt dann noch ein weiteres Zimmer, wofür ich allerdings noch keine Verwendung habe, ah und dieses wundervolle Badezimmer." Vincent öffnete die Tür zum Bad und ließ mich als erstes eintreten.
Mir fiel beinahe die Kinnlade herunter, als ich die Größe und den Umfang dieses Zimmers erblickte.
"Das ist doch echt unglaublich."
"Ja oder? Ich war sofort in dieses Badezimmer verliebt. Eine Regendusche, eine Eckbadewanne mit Whirlpoolfunktion, zwei Waschbecken nebeneinander... und die Größe ist überragend."

Nachdem wir das Innere des Hauses uns angesehen haben, führte mich Vincent noch einmal in den Garten, der das Ganze hier schön abrundete.
"Es ist ein wirklich traumhaft schönes Haus, da hast du wirklich einen guten Fang gemacht."
"Danke, ich bin auch mehr als zufrieden damit. So habe ich es mir immer vorgestellt zu leben, irgendwann raus aus dem Trubel und hinein in das kleine idyllische Leben am Rande der Stadt. Und das gute ist ja trotz alle dem, ich bin nicht weit von Freunden und Familie entfernt und von meiner Arbeit."
"Ich bin wirklich neidisch auf das hier. Hier könnte ich mir ein Leben auch gut vorstellen."
"Was hält dich davon ab?"
Verwirrt sah ich zu ihm auf und runzelte die Stirn.
"Wie meinst du das?"
"Naja, das Haus habe ich gekauft, es gehört mir. Und warum solltest du nicht auch dein Leben hier verbringen können, mit mir?"
"Moment moment, das ... soll das bedeuten, ich kann hier ... wohnen?"
Ich blickte ihn entgeistert an und war mir nicht sicher, ob ich seine Andeutungen genau verstand und richtig deutete. Nachher hatte er mit seinen Worten nur gemeint, dass ich so oft vorbei kommen kann wie ich möchte und nicht, das ich hier gleich einziehe. Gott wenn das der Fall war, dann hatte ich mich gerade verdammt lächerlich gemacht.
"Du träumst schon wieder.", lachte Vincent und schien wohl etwas gesagt zu haben, was ich mal wieder nicht mitbekam.
"Tut mir leid. Was hattest du eben gesagt?"
"Ich habe dich gefragt, ob du es denn willst?"
"Was?"
"Na hier zu wohnen du Dummerle."
"Fragst du mich das gerade wirklich?"
"Ja, naja irgendwie schon. Das mag jetzt sehr plötzlich kommen, ich möchte dich auch nicht damit überrumpeln, du kannst gerne noch darübe nachdenken. Ich dachte nur..."
"Du dachtest nur was?", fragte ich und sah ihn mit einem liebevollen Blick an.
"Ich dachte nur, dann müsstest du nicht mehr bei Dag wohnen und hättest hier mehr Platz und ich könnte dir hier auch eines der Zimmer geben, das du als deins nutzen kannst, dein ganz privater Raum. Ich weiß, wir sind nicht einmal mehr 24std wieder zusammen und schon komme ich mit solch einer Frage um die Ecke. Ich... ich hätte dich einfach gerne wieder mehr um mich. Ich möchte die verlorene Zeit wieder aufholen und ich weiß es ist schon länger her, aber damals am Strand, kurz vor der zweiten Tourhälfte hast du mir erzählt, du möchtest zu mir nach Berlin ziehen, wo wir gemeinsam leben können und uns eine Zukunft aufbauen können. Vielleicht hat sich auch etwas daran geändert, ich meine es ist viel passiert und..."
Bevor Vincent weiter reden konnte, legte ich meine Lippen auf seine und küsste ihn voller Liebe.
"Du redest manchmal genau so viel wie Dag und nichts und niemand kann euch dann mehr stoppen.", lächelte ich. "Natürlich erinnere ich mich daran, was ich dir gesagt habe, was ich mir für die Zukunft wünsche. Und was soll ich sagen, tief in meinem Herzen hat sich daran auch nichts mehr geändert. Vielleicht ist es vollkommen leichtsinnig und verrückt, aber ich will dieses eventuelle Risiko eingehen."
"Bedeutet das etwa?"
"Ja, ich ziehe bei dir ein!"

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