Kapitel 66 - Ein reines Durcheinander

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"Wollen wir eine kleine Pause machen?", fragte Dag mich, als das nächste Lied angespielt wurde.
"Klingt gut.", stimmte ich seinem Vorschlag zu und verließ gemeinsam mit ihm die Tanzfläche, um dann wieder in unserer Lounge Platz nehmen zu können.
Inzwischen hatte man uns etwas zu Trinken bereitgestellt und ich nahm einen großen Schluck von meiner Pina Colada.
"Der Club ist wirklich gut besucht."
"Das stimmt." Dag kippte einen Kurzen Jägermeister hinunter und legte seinen Arm hinter mich auf die Sofalehne.
Einen kurzen Augenblick später, stolzierte eine schwarzhaarige Frau auf uns zu und blieb direkt vor unserem Platz stehen.
"Du bist doch Dag, von SDP, nicht wahr?", fragte sie ihn mit einem leichten Grinsen.
"So ist es.", grinste er ebenfalls. "Was kann ich für dich tun?"
"Würdest du mir einen Tanz schenken?", fragte sie ihn.
An ihrer Körperhaltung und Mimik konnte ich erkennen, dass sie noch ganz andere Dinge mit ihm anstellen wollte. Ihre Ausstrahlung und ihr Auftreten erinnerte mich an eine ganz bestimmte Person, bei der mir sofort anders zumute wurde.
Der Lockenkopf drehte sich zu mir, so als ob er mich um Erlaubnis fragen würde. Skeptisch hob ich ich eine Augenbraue und zuckte nur mit den Schultern - er musste mich doch nicht fragen.
Dag löste sich von mir und erhob sich von seinem Platz, um wenig später mit der Unbekannten auf die Tanzfläche gehen zu können.

Ein Lied nach dem anderen verbrachten sie gemeinsam auf der Tanzfläche und kamen sich dabei immer mal wieder verdächtlich nahe. Ich will nicht sagen, dass ich eifersüchtig war, aber mir gefiel dennoch nicht das, was ich sah. Sie war bestimmt nur irgendein Fan, der nur damit angeben wollte, einem Musiker näher gekommen zu sein.
Ich seufzte leise auf und nahm noch einen kräftigen Schluck von meinem Cocktail, ehe ich dann aufstand und beschloss ein wenig frische Luft zu schnappen.
Tief atmete ich die angenehm warme Luft ein, während ich mich auf der kleinen Terrasse des Clubs befand. Die sommerlichen Temperaturen waren auch mitten in der Nacht noch zu spüren. Um mich herum gab es ein paar weitere Gäste, die genüsslich an ihren Zigaretten zogen oder einer Knutscharie verfallen waren.
Vincent
Kurz zuckte ich zusammen, als mir eine Erinnerung von ihm durch den Kopf schoss. War es eigentlich richtig gewesen, Dag zur Verschwiegenheit zu bewegen, obwohl Vincent sein bester Freund war? Würde ich damit nicht vielleicht auch irgendwie die Freundschaft der Beiden gefährden? Aber was würde passieren, wenn er von meiner Anwesenheit in Berlin erfahren würde? Vielleicht würde er sich gar nicht darüber freuen oder das genaue Gegenteil würde passieren? Ich musste zugeben, ich hatte vor beiden Möglichkeiten Angst.

Als ich nach einer viertel Stunde wieder hinein ging, war von Dag und der Fremden keine Spur. Er hatte mich doch nicht hier gelassen und war mit ihr nach Hause gegangen ... oder?
Ein wenig hilfesuchend sah ich um mich und bekam ein ganz mulmiges Gefühl in meiner Bauchgegend. So etwas wie Panik stieg in mir auf.
Ich taumelte ein wenig zu unserem eigentlichen Platz und ließ mich dort auf dem Sofa fallen. Meine braunen Augen suchten in der Menge nach Dag, doch ich konnte ihn nirgends ausfindig machen.
"Hey.", erklang neben mir plötzlich eine männliche Stimme.
Schreckhaft zuckte ich zusammen und blickte zur Seite.
"Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken, aber falls du den Typen suchst, mit dem du hier bist, der ist eben auf Klo gegangen - gefolgt von irgend so einer Braut.", erzählte mir der Fremde und nahm dann wieder seinen Platz hinter der Bar ein.
Natürlich, sie hatte ihn soweit gebracht, dass sie nun einen Quickie auf der Toilette veranstalten würde.
Ich schluckte schwer und beschloss diesen Laden hier schnellstmöglich zu verlassen.
Eigentlich sollte das doch unser Abend werden, er wollte doch mit mir Zeit verbringen und nicht mit irgendwelchen Weibsen, die von ihm nur das Eine wollten.

Draußen vor dem Club war noch immer eine kleine Schlange zu sehen, doch ich wollte nur weg hier. Allerdings wurde mir schnell bewusst, dass ich keinerlei Ahnung hatte wo genau ich mich befand - da half nur Google Maps.
Gerade als ich die Adresse eintippen wollte, packte mich jemand an meiner Hüfte und wirbelte mich umher. Ein Schrei entfloh aus meiner Kehle und mein Puls beschleunigte sich um das hundertfache.
"Finger weg!!", schrie ich panisch.
"Wir üben nochmal, wie man sich richtig verteidigt, wenn dir jemand zu nahe kommt." Der dunkelhaarige Lockenkopf sah mich mit einem breiten Grinsen an, doch mir war alles andere als zum Lachen zumute.
"Spinnst du total?!"
"He, die Frage könnte ich dir genau so stellen. Wieso verschwindest du einfach, ohne Bescheid zu geben?", fragte er mich vorwurfsvoll.
"Du warst doch selber weg! Du hattest doch besseres zu tun.", nuschelte ich und löste mich aus seinem Griff.
Irritiert hob er eine Augenbraue und musterte mich genau.
"Was meinst du? Ich habe dich gesucht?"
"Dag ist schon okay, du darfst ruhig ehrlich zu mir sein. Du und das Mädel, man hat euch zusammen auf Toilette gesehen..."
Dag riss seine blau grünen Augen auf und blickte mich fassungslos an.
"Wer hat was gesehen? Ich bin auf Toilette gegangen, richtig. Gefolgt von dem Mädel, auch richtig. Aber ich habe sie davor abgewimmelt. Denkst du wirklich, ich mache es Frauen so leicht?", fragte er und ein Hauch von Verletzlichkeit spiegelte sich in seiner Stimme wieder.
Ich biss mir auf die Unterlippe und bekam sofort ein schlechtes Gewissen, dass ich so schnell über die Situation geurteilt habe und einem völlig Fremden mehr Glauben geschenkt habe, als meinem besten Freund.
"Dag ... ich ... es tut mir leid. Ich weiß auch nicht, warum ich sowas geglaubt habe. Ich bin zur Zeit einfach ganz schön durcheinander.", entschuldigte ich mich und blickte beschämt zu Boden.
"Ist schon gut, Kleines. Ich mache dir meine Vorwürfe oder bin dir bös'. Das funktioniert bei dir eh nicht lange.", lächelte er und hob mein Kinn sanft an, sodass ich ihm direkt in die Augen blicken musste.
Dann beugte er sich mir ein Stück entgegen und hauchte mir einen zarten Kuss auf meine Nasenspitze.

Da war er wieder, dieser wohlig warme Schauer, der über meinen Rücken glitt, während wir einander so nahe waren. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass das nichts gutes bedeuten konnte. Aber ich war dabei meinen Verstand vollkommen auszuschalten und stattdessen meinen Gefühlen die Kontrolle über meine Handlungen zu überlassen.

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