Kapitel 37 - Mama ist die Beste

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"Huch, du siehst ja geknickt aus. Was ist denn los? Du hast doch endlich Ferien, ist das kein Grund zu feiern?" Meine Mutter sah mich mit gerunzelter Stirn an und setzte sich mir gegenüber an den Küchentisch.
"Doch schon, aber ich habe nur noch zwei Tage, um das passende Geschenk für Vincent zu finden und mir fällt einfach nichts ein. Was schenkt man einem Mann, der gefühlt schon alles hat? Das Geburtstagsgeschenk war schon meine kreativste Idee, wie soll ich das toppen?", fragte ich sie und klang mehr als verzweifelt.
"Schatz, es kommt bei Geschenken doch nicht darauf an das vorherige zu überbieten. Das weißt du doch aber auch."
"Ich habe einfach das Gefühl, ich brauche etwas besonderes.", seufzte ich und ließ meinen Kopf auf die Tischkante fallen.
"Hast du für Dag denn schon etwas?", fragte sie vorsichtig.
Einen Moment lang herrschte Stille, gefolgt von einem lauten Stöhnen.
"Fuck, nein! Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Man Mama, was mache ich denn jetzt?", fragte ich und war den Tränen schon nah.
"Erst einmal atmest du tief durch und dann überlegen wir beide einmal, was die Jungs gern haben und verbinden das mit unserer Kreativität. Und ich bin mir sicher, dass wir etwas ganz tolles zaubern werden!"
Meine Mama wusste immer, wie sie mich beruhigen konnte. Sie war immer für mich da und selbst wenn ich einmal meine schlechte Laune an ihr ausließ, war sie da und nahm mich in den Arm. Ich war ihr für so vieles in meinem Leben dankbar und manchmal fragte ich mich, ob ich ihr das jemals wieder zurück geben konnte.

Den ganzen Vormittag über waren wir in einer kreativen Denkphase. Das Geschenk für Dag hatten wir relativ schnell zusammen, aber Vincent schaffte mich wirklich. Das lag vermutlich aber eher daran, dass ich mir immer noch einredete, das ich das ultimative Geschenk für ihn brauchte. Dabei war das eigentlich nie meine Art gewesen. Ich war eher der Mensch, der sich gerne kreativ austobte und meine Lieblingsmenschen mit den Geschenken berühren wollte. Warum fiel mir das also bei ihm so schwer mit diesem Gedanken an die ganze Sache heran zu gehen?
"Was hälst du von einem Buch?"
"Einem Buch? Wie? Ich weiß nicht mal ob Vince überhaupt gerne liest!", meinte ich mit gerunzelter Stirn.
"Ich dachte auch eher an ein selbstgemachtes Buch. Du hast doch damals für deinen besten Freund auch so ein Buch gestaltet, mit Bildern von euch und auf jeder Seite stand eine Zeile von einem Lied, was ihr mit eurer Freundschaft verbunden habt."
"Ahh, ja ich erinnere mich. Aber ich weiß nicht. Das wirkt dann so... kopiert."
"Und wenn du eine Art Geschichte mit diesem Buch erzählst? Du könntest Bilder von früher mit reintun, davon haben wir noch viele. Und dann vielleicht Bilder von ihm heute und gleichzeitig könntest du auch deinen bisherigen Weg beschreiten. Und am Ende führen eure Wege zusammen und dann zeigst du Bilder von dem Konzert wo ihr euch wieder begegnet seid und vielleicht hast du ja auch ein aktuelles Bild von euch, was du zum Schluss reinkleben kannst."
"Das ist genial Mama! Oh mein Gott, die Idee ist soo unendlich gut. Ich muss sofort damit anfangen. Hilfst du mir?", fragte ich sie aufgeregt.
"Aber natürlich. Ich hol die Boxen mit den Fotos herunter und dann durchstöbern wir sie mal.", sagte sie lächelnd und nahm mich liebevoll in ihren Arm.

Während meine Mutter sich um die Bilder von früher kümmerte, war ich unterwegs, um ein Fotoalbum zu kaufen und aktuelle Bilder auszudrucken. Wieder zuhause angekommen, machten wir uns gemeinsam an die Arbeit. Wir schnitten Bilder zurecht, fielen dabei in alte Erinnerungen zurück und mussten hin und wieder herzlichst lachen, wenn alte Geschichten erzählt wurden.
"Ich habe schon früher gewusst, dass ihr beide mehr seid, als nur Nachbarn.", schmunzelte sie.
"Das ist ... gruselig. Wenn man bedenkt, wie jung ich damals war.", lachte ich.
"Natürlich, so gesehen ist es das. Aber wenn du einmal weiter denkst, dann war es nicht unwahrscheinlich, dass ihr beide einander auf eine andere Art und Weise näher kommt."
"Hm, wer weiß wie sich das alles entwickelt hätte, wären wir nicht umgezogen. Vielleicht wären wir viel früher ein Paar geworden. Oder ich hätte plötzlich Dag attraktiv gefunden und wäre mit ihm zusammen gekommen. Wer weiß..."
"Beide Jungs sind sehr attraktiv, das ist keine Frage. Ich denke aber, dass du vom Typ her, eher an Vincent's Seite glücklich wirst und in Dag hast du so gesehen jemanden gefunden, der dich beschützt, der für dich da ist und seine Späße mit dir macht. Das war schon früher immer so."
"Ja stimmt, er war für mich immer wie ein großer Bruder und das ist er heute immer noch.", sagte ich lächelnd und klebte das letzte Bild in das Album. "Jetzt muss ich nur noch passende Zeilen dafür finden. Und Dag sein Geschenk muss ich auch noch fertigstellen."
"Mach das doch in Ruhe morgen. Heute hast du wirklich viel getan und eine Entspannung kommt denke ich jetzt genau richtig."
"Vielleicht hast du Recht. Morgen ist ja auch noch ein Tag."
Mit diesen Worten packten wir alles zusammen und ich machte es mir in meinem Bett gemütlich.
Erst jetzt merkte ich, was für Rückenschmerzen ich hatte und wie kaputt ich doch irgendwie war.

"Ich will ja nicht angeben, aber ich habe sooo ein tolles Geschenk für dich.", kicherte ich beim abendlichen Telefonat mit Vincent.
"Dann warte erst einmal ab, was du von mir bekommst.", lachte er.
"Du hast also schon etwas?", fragte ich neugierig.
"Natürlich habe ich das."
"Kriege ich einen Tipp?"
"Kriege ich denn einen?", fragte er mich.
"Hm, es ist ... sehr kreativ."
"Kreativ? Hm, also vielleicht etwas selbstgemachtes, soso."
"Und was ist mein Tipp?", fragte ich und konnte meine Neugierde kaum mehr in Zaum halten.
"Ist ne' Überraschung."
"Ey du bist so fies Whynee! Na warte, das werde ich mir merken!", schmollte ich.
Auf der anderen Seite der Leitung hörte ich nur ein herzliches Lachen. Er war manchmal einfach nur unmöglich. Aber genau das war es, was ich an ihm liebte.

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