Kapitel 94 - Ein erneuter Umzug

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"Ich hasse Verspätungen!"
Vincent ging draußen vor seiner Wohnung auf und ab und schaute dabei alle paar Sekunden auf die Zeitanzeige seines Handys.
Das Umzugsunternehmen sollte um 9:00Uhr vor seiner Wohnung stehen und mit dem Verladen seiner Möbel beginnen. Mittlerweile hatten wir es 9:10Uhr und der werte Herr schien langsam aber sicher durchzudrehen.
Dag und ich saßen auf der Stufe vor der Haustür und hielten Ausschau nach einem großen LKW.
"Vielleicht standen sie ja im Stau oder kamen irgendwo nicht gut durch. Du weißt doch wie die Verkehrslage hier in Berlin manchmal sein kann.", versuchte ich ihn zu beruhigen.
"Ein fester Termin, ist ein fester Termin. Wir fangen ja auch nicht unsere Konzerte später an, weil wir im Stau stehen."
"Whynee, das..."
"Vergiss es, dem kannste erzählen was du willst. Er wird alles negativ reden.", unterbrach Dag mich und zog dabei eine Grimasse.
Ich hatte Vincent selten so hibbelig erlebt, anscheinend hatte er wirklich Angst, dass der Umzug heute nicht stattfand, obwohl wir es noch früh am Morgen hatten - warum also sollte er heute nicht in das neue Haus können?
Mein Blick wanderte von Vincent hinüber zu den Koffern, die neben mir standen. Dort war mein ganzes Hab und Gut drinne, was ich die letzten Wochen bei Dag verstaut hatte. Ich musste dringend noch einmal nach Hause zu meinen Eltern, um dort meine restlichen Habseligkeiten zu holen.
Selbstverständlich hatte ich ihnen erzählt, was es so neues gab bei mir, nämlich das ich mit Vincent wieder zusammen war und wir in ein unglaublich schönes Haus zogen.
Meine Mama war begeistert davon und freute sich wie ein kleines Kind, wohingegen mein Papa eher skeptisch reagierte und mir eintrichterte, das ich nichts überstürzen sollte. In meinen Augen hatte er einfach Angst, das ich erneut enttäuscht und verletzt wurde, was ich ihm nicht verübeln konnte. Ich versuchte ihn diesbezüglich zu beruhigen und versicherte ihm, dass ich mir das alles ganz genau überlegt hatte - was nicht wirklich stimmte, denn es war eine Spontanentscheidung, die ich allerdings nicht bereuen würde.

Dag zündete sich eine Zigarette an und pustete den Rauch vor sich weg.
"Ich glaube, wenn die nicht bald kommen, dann kannste den da vergessen für heute."
Mein Blick fiel wieder auf Vincent, dem der Schweiß förmlich auf der Stirn stand. Er wählte die Nummer des Unternehmens und telefonierte wild gestekulierend mit ihnen.
"Ich frage mich, wieso er so in Stress gerät. Dann verspäten sie sich halt etwas. Das bedeutet doch nicht, dass alles gleich den Bach runter geht.", nuschelte ich vor mich her.
Der Lockenkopf zuckte nur mit den Schultern und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf Vincent, der sein Handy zähneknirschend zurück in seine Hosentasche steckte.
"Und? Was haben sie gesagt?", fragte er.
"In einer halben Stunde sind sie da. Die Verspätung tut ihnen sehr leid."
"Na dann ist doch alles gut.", meinte ich und erhob mich von den Treppenstufen, um zu ihm gehen zu können.
"Nun komm mal wieder etwas runter junger Mann. Es wird alles gut gehen. Ja, es verzögert sich alles etwas nach hinten, aber heute Abend wirst du in deinem neuen Haus in deinem Bett liegen und einfach nur zufrieden durchatmen können.", lächelte ich ihn an.
"Und du wirst dabei neben mir liegen.", sagte er und schenkte mir ein kleines Lächeln.
"Genau so wird es sein."
"Was würde ich nur ohne dich machen?", fragte er und legte seine Arme dabei um meine Mitte.
"Den Umzug nur mit mir bestreiten.", mischte Dag sich ein und stellte sich direkt neben uns. "Also das hat mit wirklich nicht gefehlt.", meinte er und verzog dabei eine Grimasse.
"Du bist so doof.", lachte ich und boxte ihn leicht gegen die Schulter.

Nach einer halben Stunde fuhr dann endlich das Umzugsunternehmen vor und im Eiltempo wurde ein Möbelstück und ein Karton nach dem anderen aus der Wohnung direkt in den Wagen getragen. Bei so viel Mannskraft hatte ich beschlossen, mir ein nettes Plätzchen an der Seite zu suchen und das Ganze still zu beobachten. Ich hätte eh nicht viel tun können und ich wollte niemanden im Weg stehen.
Nach knapp 2 Stunden war Vincent seine Wohnung komplett leer geräumt und wir fuhren in Kolone zum neuen Haus.
Dag saß neben mir in meinem kleinen Ford, während wir dem großen LKW folgten - vorne weg fuhr Vincent.
"Denkst du es war richtig diesen Schritt zu gehen?", fragte ich Dag plötzlich ohne den Blick von der Straße zu wenden.
"Hast du Zweifel?"
"Nicht wirklich. Ich habe mich nur gefragt, was andere darüber denken könnten, meine Familie, meine Freunde ... du."
"Ich habe dir doch schon meinen Segen gegeben und ich dachte, deine Eltern haben ihn dir auch gegeben. Mal ganz davon ab, du brauchst von niemanden einen Segen oder guten Zuspruch. Kleines, es ist ganz allein deine Entscheidung. Und warum solltet ihr nicht zusammenziehen? Diesen Plan habt ihr doch schon länger im Kopf und wenn die Trennung damals nicht stattgefunden hätte, dann hättet ihr euch doch schon längst ein gemeinsames Heim gesucht."
"Du hast Recht, ich vergesse oft, dass ich nicht immer auf die Meinung anderer warten oder hören muss, sondern ganz alleine meinem Herzen folgen sollte."
"Dafür bin ich ja da, um dich daran zu erinnern."
Ich nahm eine Hand vom Lenkrad und legte sie auf Dag seine Hand, die ich sanft drückte. "Danke."

Angekommen am neuen Haus, begann das Ausräumen in Windes Eile. Vincent koordinierte alles und wies jeden Mitarbeiter an, wo sie was genau hinzustellen hatten.
Langsam aber sicher füllte sich das Haus und es würde sicherlich seine Zeit in Anspruch nehmen, die ganzen Kartons zu leeren und die Wohnung mit 'Leben' zu füllen.
"Ich glaube, wir müssen in nächster Zeit nochmal in ein Möbelhaus. Ein paar Sachen fehlen uns noch.", sagte Vincent, nachdem er etwas Luft hatte.
"Das können wir sehr gerne machen."
Lächelnd zog er mich in einen noch fast leerstehenden Raum und küsste mich liebevoll.
"Ich bin so glücklich, dass wir das hier tun. Ich kann es kaum in Worte beschreiben."
"Mir geht es genau so. Zugegeben, ich hatte Angst, große Angst, dass wir es vielleicht überstürzen und am Ende vor einem Scherbenhaufen stehen werden. Aber ich glaube an uns und an unsere Liebe. Und ich will das hier so sehr, mit dir an meiner Seite.
Ich bin glücklicher denn je, nach einer so langen Zeit in Dunkelheit, hast du mir endlich wieder das Licht zurück gegeben."
Statt etwas zu antworten, lehnte Vincent mich ein Stück nach hinten und küsste mich erneut, mit all der Liebe, die er für mich empfand. Und ich erwiderte diesen Kuss mit derselben Liebe, die ich für ihn empfand.

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