Kapitel 22 - Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

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Die letzten drei Wochen waren wirklich hart für mich gewesen. Ständig suchte ich nach Ablenkung, damit ich nicht an Vincent denken musste und erst recht nicht in Versuchung kam ihm zu schreiben.
Den Tag über schien das auch immer gut zu funktionieren, aber sobald ich alleine in meinem Zimmer war, überkam mich die tiefe Trauer und der Schmerz wurde unaufhaltsam in meiner Brust. Mich plagten Alpträume und nicht selten wachte ich nachts schreckhaft auf.
Das alles hätte niemals so enden dürfen, aber mit Selbsthass hatte ich mich schon genug herum gequält.
Ich hatte nicht einmal Dag in dieser Zeit geschrieben, dabei hatte er nicht einmal etwas angestellt.
Aber die beiden waren Freunde und ich wollte nicht, dass die beiden sich vielleicht auch noch streiten würden, wenn Vincent erfahren würde, dass Dag mit mir schrieb.
Ich war einfach plan- und hilflos und wollte doch eigentlich nur wieder bei ihm sein...
"Immer noch nichts von ihm gehört?" Mit dieser Frage riss Jana mich aus meinen Gedanken heraus und sah mich mit einem mitfühlenden Blick an.
Leicht schüttelte ich den Kopf und versuchte die Tränen hinunter zu schlucken. Ich wollte nicht weinen, das hatte ich schon oft genug getan. Und schon gar nicht wollte ich mitten im Unterricht in Tränen ausbrechen.
"Ach Maus, das wird bestimmt. Ehe du dich versiehst, seit ihr einander nah und lacht über diesen dummen Vorfall.", versuchte sie mich aufzumuntern.
"Ja, vielleicht.", murmelte ich und seufzte innerlich auf.
Jana legte einen Arm um mich und drückte mich sanft an sich. Zum Glück konnte ich mich immer auf sie verlassen und sie war immer da für mich - egal was kam.

Sobald ich meine Zimmertür hinter mir schloss, fiel ich wieder in dieses dunkle, tiefe Loch, welches aus verbitterndem Schmerz bestand. Meine Brust zog sich zusammen und ich bekam dadurch kaum mehr wirklich Luft.
Ich zog mir die Klamotten aus und schlüpfte in ein viel zu großes T-Shirt, um mich dann anschließend in mein Bett fallen zu lassen. Meine braunen Augen fixierten einen dunklen Fleck an meiner Decke, der sich langsam vorwärts bewegte. Na toll, jetzt hing auch noch eine Spinne an meiner Decke. Mit einem genervten Stöhnen, ging ich ins Wohnzimmer, damit meine Mutter die Spinne entfernen konnte. Ja, ich hatte Angst vor diesen Tieren und wenn ich nur an eine dachte, bekam ich das Schütteln.
"Das wird sich wohl auch nie ändern.", lächelte sie mich an und schaffte das Tierchen aus meinem Zimmer.
"Jeder hat vor etwas Angst.", rief ich ihr hinter her. Ein kleines Lächeln umspielte dabei meine Lippen. Wenn sie nur wüsste, was ihre Tochter für eine Dummheit angestellt hatte, sie würde sicherlich eine Standpauke vor mir halten. Allerdings ... wenn ich genauer darüber nachdachte, dann würde sie mich wahrscheinlich erst einmal in den Arm nehmen und mir sagen, dass alles wieder gut wird. Und das Vincent und ich uns schon wieder vertragen werden - so wie wir es schon immer getan hatten.
Sofort kamen Erinnerungen an früher in mein Gedächtnis zurück. Oh ja, in meiner Kindheit hatten wir uns öfters einmal gestritten. Meistens ging ich ihm auf die Nerven und als ich alt genug war, um das zu verstehen, machte ich es häufiger mit Absicht. Ich liebte es ihn zu piesacken, er hingegen neckte mich und manchmal provozierte er mich auch. Und trotz alledem waren wir am Ende des Tages wieder gute Freunde. Warum war das jetzt nicht auch so einfach? Warum konnte ich ihn nicht anrufen und ihm sagen, wie leid mir alles tat? Warum war ich manchmal einfach nur so dumm, einfach so ... ich?

An diesem Abend schlief ich relativ früh ein, vermutlich fehlte mir einfach der Schlaf der letzten Wochen. Ich drückte meinen Teddybären dicht an mich und fiel in einen tiefen Schlaf.
Meine Träume waren wirr und chaotisch wie die, der letzten Nächte auch. Zwischenzeitlich tauchte Dag auf, wie er nach jemanden rief und gleichzeitig war da Jana, die auf einem Einhorn durch die Luft glitt.
Ich wälzte mich hin und her und mein Atem wurde ein wenig schneller.
Irgendwann war alles dunkel, nur ein kleines Feuer entfachte in der Mitte des Raumes oder wo auch immer ich mich gerade befand. Langsam näherte ich mich diesem und konnte in den Flammen Whynee erkennen. Er rief nach mir, streckte seine Hand nach mir aus, doch ich konnte sie nicht greifen. Ich weinte und rief immer wieder seinen Namen.
In diesem Moment schreckte ich panisch hoch und brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, dass das alles nur ein Traum war. Wann hörten diese merkwürdigen Träume endlich auf?
Schweratmend ließ ich mich nach hinten fallen und warf ein Blick auf mein Handy. Ein Glück war morgen der letzte Tag gewesen, dann hatte ich endlich Ferien und konnte versuchte ein wenig zu entspannen.
Langsam schloss ich meine Augen wieder und versuchte dieses mal etwas friedlicher vor mich her zu träumen.
Den Teddybären nah an mir, schlief ich schnell wieder ein.

Gegen Mitternacht vernahm ich mit einen Mal ein merkwürdiges Geräusch, welches mich wach rief. Bestimmt war es wieder der Nachbar über uns, der täglich für irgendeinen Lärm sorgte. Ob gequietsche, Sexgeräusche oder das Verücken von Möbeln, bei denen hörte ich einfach alles.
Ich drehte mich zur Seite und versuchte die Geräusche auszublenden. Zur Sicherheit steckte ich mir noch Ohrstöpsel hinein.
Gerade als ich wieder am Einschlafen war, berührte etwas eiskaltes meine Schultern, sodass ich sofort hell wach wurde. Mein Herz schlug mit einem Mal unheimlich schnell und ich bekam es sofort mit der Angst zu tun. Ich sah neben mich und griff unauffällig zu meinem Teddybären, den ich dann mit voller Wucht um mich schlug, um das kalte Etwas zu erwischen.
Ein leises Aufstöhnen war zu hören und ich setzte mich panisch aufrecht hin, ohne jedoch mit dem Schlagen aufzuhören.
"Hilfe!!!", schrie ich, doch mein Schrei wurde durch eine kalte Hand unterbrochen, die sich auf meinen Mund legte.
Die andere Hand packte meinen Teddybären und entriss mir diesen.
Das Geräusch, welches ich gehört hatte kam von einem Einbrecher und dieser wollte mich jetzt vermutlich töten.
Ängstlich zitterte ich am ganzen Körper, bis die Gestalt vor mir das Licht zu seiner rechten anschaltete.
Mit aufgerissenen Augen starrte ich sie an - fassungslos zu sehen, wer da vor mir war...

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