Kapitel 21 - Sie fehlt mir...

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PoV Vincent

Drei Wochen. Seit drei Wochen hatte ich nichts mehr von ihr gehört. Obwohl sie online war und ihre besonderen Erlebnisse via Snapchat und Instagram hochlud, hatte sie mir nicht geschrieben. Und das seit drei Wochen.
"Sag mal hörst du mir überhaupt zu Dickerchen? Oder wo bist du schon wieder mit deinen Gedanken?"
Dag sah mich mit einem fragenden Blick an, der gleichzeitig fast schon etwas wehleidiges in sich trug.
Schnell schüttelte ich meinen Kopf - ich durfte jetzt nicht an sie denken, sondern musste mich auf meine Arbeit konzentrieren. In weniger als einem Monat startete unsere Tour und dafür musste ich fit und bereit sein. Aber wie sollte ich das schaffen, wenn meine Gedanken fast stündlich immer nur um sie kreisten?
Ich bekam dieses Bild nicht mehr aus dem Kopf, wie wir uns anschrien und sie mir die übelsten Vorwürfe an den Kopf schmiss. Und dann, wie ich sie einfach in meinem Zimmer stehen ließ, um bloß weg von dieser Situation zu kommen.
Es war nicht fair von ihr gewesen, solche Behauptungen aufzustellen. Ja, ich liebte meine Arbeit und sie stand in den letzten Jahren auch immer an erster Stelle - gehen wir einmal davon aus, dass ich meine Familie nicht mit einbeziehe. Trotzdem versuchte ich mir Zeit freizuschaufeln, wann immer es möglich war. Und so wurde mir das nun gedankt.
Seufzend fuhr ich durch mein Haar und widmete meiner Aufmerksamkeit dem Bildschirm vor mir.
"Ich würde den Ton ein wenig höher setzen, dann sollte es besser klingen.", meinte ich und überging somit Dag seiner Frage.
Aber er war nicht dumm und kannte mich schließlich schon seit über 20 Jahren. Wenn ich nicht voll und ganz bei der Arbeit war, dann stimmte wirklich etwas nicht mit mir.

"Ich glaube, das könnte die geilste Tour werden, die wir jemals gestartet haben." Dag ließ sich auf das Sofa fallen und öffnete jeweils zwei Flaschen Bier für uns beide.
"Lass uns darauf anstoßen."
Ich nahm ihm eine der Flaschen ab und stieß leicht gegen seine. "Es wird bestimmt gut werden.", sagte ich abwesend und lehnte mich etwas mehr im Stuhl zurück.
"Vince, jetzt mal Hand aufs Herz: ruf sie doch endlich einmal an."
"Spinnst du? Warum sollte ich mich zuerst bei ihr melden? Sie ist vollkommen ausgetickt."
"Man Dicker, versetz dich doch auch mal in ihre Lage. Sie hat dich total gern und verbringt nun mal liebend gerne Zeit mit dir alleine. Ist doch klar, dass sie da ein wenig verletzt ist, wenn du die Arbeit ihr vorziehst.", versuchte Dag mir zu erklären, doch ich schaltete auf Durchzug.
"Es war klar, dass du sie wieder in Schutz nimmst. Das hast du schon früher immer getan." Ein klein wenig angesäuert, trank ich einen kräftigen Schluck von meinem Bier und erhob mich anschließend von dem Schreibtischstuhl.
"Wo willst du hin? Ey komm jetzt, wir müssen noch nen neuen Song aufnehmen.", versuchte mein Kumpel mich zu beruhigen. Doch es half nichts. Ich schnappte mir meine Jacke und verließ das Studio, das fast schon wie ein zweites Zuhause für mich war.

Gedankenverloren schlenderte ich durch die Straßen, den Blick zu Boden gesenkt. Ich hätte gerne ihre Stimme am Telefon gehört. Ich hätte gerne mit ihr gesprochen, sie gefragt, wie es ihr so ginge und vor allem, wann wir uns endlich wiedersehen können. Mir war bewusst, dass sich einiges zwischen uns verändert hatte. Vor allem seit dieser Nacht nach dem Konzert. Ich wusste durch Jana, dass sie, wenn sie getrunken hatte, immer sehr anhänglich und kuschelig wurde. Und ich muss sagen, ich habe mich lange nicht mehr so wohl bei jemanden gefühlt, wie bei ihr.
Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es ihr ähnlich ginge oder aber sie war eine verdammt gute Schauspielerin gewesen, was ich mir jedoch nur schwer vorstellen konnte.
Ja, sie fehlte mir. Sie fehlte mir mit jeder Minute mehr. Aber mein Stolz war zu groß um mir einzugestehen, dass auch ich einen Fehler gemacht habe und ich sie deshalb einfach anrufen sollte.
Wütend über mich selbst, kickte ich einen etwas größeren Stein beiseite, der versehentlich ein Mädchen an ihrem Fuß traf. Als sich unsere Blicke trafen, wurde mir sofort mulmig zumute, denn sie schien mich erkannt zu haben. Tuschelnd und kichernd, zeigte sie mit dem Finger auf mich, sodass ihre Freundinnen ebenfalls den Blick auf mich warfen.
Ohne lange darüber nachzudenken, bog ich die nächste Straße ein und erhöhte mein Schritttempo.
Es war nicht so, dass ich den Fans gegenüber sehr reserviert war, nur war dies gerade einfach kein geeigneter Moment, um auf mich zu treffen.
Als ich hinter mir Stimmen wahrnahm, wurde ich erneut ein Stückchen schneller und versuchte die kleine Gruppe von Mädchen abzuwimmeln, indem ich eine Straße nach der nächsten kreuz und quer einbog.
Ein wenig außer Atem betrat ich den nächst besten Laden, um mich dort verstecken zu können.
Ich kam mir dabei selbst ein wenig lächerlich bei vor, aber ich wusste nicht was ich sonst tun sollte. Auf Autogramme geben oder gar Posieren für Fotos, hatte ich keine Lust.
Das konnte ich auf der Tour wieder oft genug machen.

Sobald die Luft rein war, seufzte ich erleichtert auf und sah dann kurz um mich, da ich nicht genau wusste, was für einen Laden ich betreten hatte.
Es schien keine genaue Definition für diese Art von Laden zu geben, denn er besaß fast alles. Von einigen Kleidungsstücken, bis zu Süßwaren und sogar Elektroartikeln, bot dieser Laden doch sehr viel.
Beim genaueren Hinsehen, entdeckte ich dann etwas, was mich auf eine sehr verrückte Idee brachte. Aber ich wusste, dass es das Richtige war. Und ich wusste, dass ich ihr damit eine große Freude machen würde.

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