Kapitel 26 - Knisternde Romantik

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"Wann verrätst du mir denn endlich wo es hin geht, bzw. was genau du vorhast?"
Seit ca. zehn Minuten marschierten wir durch den Wald, der leider einen gewissen Anstieg hatte, sodass es alles andere als entspannt war ihn zu durch queren.
"Nun warte doch mal ab. Wir sind gleich da, nur noch fünf Minuten.", sagte ich und zog ihn mit mir.
"Das hast du vor fünf Minuten auch schon gesagt.", stöhnte Vince und ging immer langsamer.
"Vincent Stein, ich weiß, mit 36 Jahren kann die Kondition schon mal leiden, aber deshalb musst du jetzt nicht bockig werden wie ein kleines Kind und vielleicht auch noch dabei hoffen, dass ich dich das letzte Stück tragen werde. Vergiss es!"
Vincent nuschelte irgendetwas vor sich her, was ich nicht richtig entziffern konnte, aber vielleicht war das auch besser so.
Auf einen kleineren Hügel kamen wir dann endlich zum Stehen.
"So, jetzt musst du deine Augen schließen, sonst klappt die Überraschung nicht."
Widerwillig schloss er seine Augen und ich führte ihn an seinen Händen zu dem kleinen Platz auf der Lichtung, den ich gemeinsam mit seinen Großeltern vorbereitet hatte.
In der Mitte befand sich ein kleines Lagerfeuer und davor war ein riesen Baumstamm, der als Sitzgelegenheit für uns dienen sollte.
Dann war seine Oma noch so nett und fertigte für diesen Anlass einen kleinen Picknickkorb an, wobei sie uns ebenfalls noch eine Kuscheldecke dazu gelegt hatte.
"Also gut, wir sind da. Wenn du magst, darfst du deine Augen jetzt öffnen."
Aufgeregt ließ ich seine Hände los und trat einen Schritt zur Seite, sodass Vincent sich alles genau ansehen konnte.
Sobald er seine Augen geöffnet hatte, versuchte ich jede noch so kleinste Reaktion in seinem Gesicht aufzusaugen, um ja nichts zu verpassen.
Zuerst schien er so etwas wie irritiert zu sein, gefolgt von einem Überraschungseffekt, bis hin zu absoluter Sprachlosigkeit. Und sein letzter Blick, den würde ich wohl so schnell nie wieder vergessen. Denn er galt mir und ich konnte eine gewisse Wärme und Dankbarkeit darin erkennen, sowie ein Funkeln.
Einen Moment lang schien niemand etwas sagen zu können oder zu wollen.
Irgendwann jedoch löste Vincent sich aus seiner Starre und zog mich ohne große Worte in eine innige Umarmung, aus der ich so schnell eigentlich nicht wieder heraus kommen wollte.

Sekunden. Minuten. Stunden? Ich weiß nicht genau, wie lange wir in dieser Umarmung miteinander verharrten, bis wir uns voneinander lösten, aber nur soweit, dass Vincent seine Stirn an meine lehnen konnte.
"So etwas wunderbares, hat noch keiner für mich getan. Ich danke dir.", flüsterte er mir entgegen.
"Nichts zu danken. Ich würde es immer wieder tun, für dich?"
Nach diesen Worten lösten wir uns endgültig voneinander und nahmen auf dem Baumstamm platz.
Ich packte den Sekt aus, der uns eingepackt wurde und goss ihn in zwei Gläser, während Vince die Decke über unsere beiden Schultern legte.
"Auf einen wundervollen Abend und auf die nächsten 36 Jahre.", kicherte ich und stieß mit meinem Glas gegen seines. Wir nahmen beide einen Schluck und verfielen dann in ein Gesprächsthema nach dem anderen.
Wir redeten über unsere Kindheit, die letzten Geburtstage und wie wir sie verbracht hatten, aber auch über ernstere Themen, wie Lebenskrisen oder Gefühle. Ich konnte mich so gut mit Vincent über Gott und die Welt unterhalten und dabei alle Sorgen und Probleme für diesen Moment vergessen.
"Darf ich dich etwas fragen?"
Ich trank den letzten Schluck meines Sektes aus und blickte dann neugierig zu ihm. "Natürlich doch."
"Ich weiß ja, dass es Themen gibt, über die du nicht gerne reden magst, also bitte nimm mir das jetzt nicht übel."
"Jetzt machst du mir Angst Whynee."
"Keine Angst, ich wollte dich nur fragen, ob du einen Song für mich singen würdest. Ich hab da ein bisschen an was rumgebastelt und ich würde sehr gerne deine Stimme dazu hören, denn ich denke, sie würde sehr gut zu dem Lied und der Melodie passen. Natürlich bleibt das alles unter uns, das verspreche ich dir. Ich war das letzte Mal nur so fasziniert von deiner Stimme."
Seine Worte schmeichelten mir sehr, doch ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das wirklich wollte. Nachher klang es doch ganz grauenhaft und ich würde mich dann vor ihm lächerlich machen.
"Kann ich...darüber nochmal nachdenken?", fragte ich ihn.
"Aber natürlich doch. Lass dir alle Zeit der Welt."

Die Zeit verging wie im Flug und um uns herum wurde es immer dunkler. Vincent legte etwas Holz nach, damit wir noch länger etwas vom Feuer hatten.
Während er dies tat, holte ich aus meiner Jackentasche ein kleines Päckchen heraus, welches ich ihm mit einem strahlenden Lächeln hin hielt.
"Was ist das?", fragte er sichtlich verwirrt.
"Mein Geschenk an dich."
"Ich dachte, dass hier alles wäre dein Geschenk an mich."
"Naja, ich konnte einfach nicht widerstehen."
Vincent nahm mir das Päckchen ab und packte es vorsichtig aus, so als sei es etwas zerbrechliches.
Eine rote, längliche Box aus Samt lag nun in seinen Händen.
"Fiona, allein schon die Verpackung sieht teuer aus.", meinte er und warf mir einen leicht bösen Blick zu.
"Darüber rede ich nicht.", sagte ich nur und zuckte mit meinen Schultern.
Langsam klappte er den Deckel auf und fand darin ein schwarzes Lederarmband mit einem silbernen Anhänger daran.
"Wenn es zu kitschig ist, dann sag mir das bitte. Ich hab da leider so ein Faible für."
Der Anhänger war ein kleines Amulett, welches er aufklappen konnte. Und darin war ein Foto von uns - einmal als Kinder und einmal so wie wir heute aussahen.
"Wie hast du das...?"
"Deine Großmutter hatte noch ein paar Bilder von uns und ich habe erst letztens ein aktuelles Bild von uns beiden gemacht. Gefällt es dir?"
Erneut schien Vincent sprachlos zu sein. Vielleicht war es ja doch eine Nummer zu doll gewesen, schließlich waren wir kein Paar und so ein Geschenk machte man vielleicht nur seinem Partner.
"Legst du es mir um?", fragte er mich lächelnd und hielt mir sein Handgelenk hin.
Mit einem leichten Nicken, nahm ich das Armband und legte es ihm um.
In diesem Moment legte Vincent eine Hand an meine Wange und sah mir tief in die Augen.
Und während wir uns in den Augen des jeweils anderen verloren, konnte man leise im Hintergrund das Knistern des Feuers hören...

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