Kapitel 70 - Verbotene Gefühle

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PoV Dag

Auf die Wettervorhersagen heutzutage konnte man sich auch nicht mehr verlassen. Strahlenden Sonnenschein hatten sie für diesen Tag angesagt und jetzt standen wir hier unter einem kleinen Unterstand und es goss wie aus allen Eimern.
"Das ist doch doof.", nuschelte Fiona vor sich her und rieb sich über ihre Arme.
"Ist dir kalt?", fragte ich sie besorgt.
Schnell schüttelte sie ihren Kopf und grinste mich an. "Alles gut!"
Ihr Grinsen haute mich um und für einen kurzen Moment wirkte ich sprachlos. Es war merkwürdig, so etwas zu empfinden, wenn ich sie sah. Es war allgemein merkwürdig  etwas anderes zu empfinden für sie, als ich es zuvor getan hatte. Doch ich konnte nicht leugnen, dass da etwas war, was entweder neuartig entflammt war in mir oder was schon immer dort war, ich mich aber nie getraut hatte es näher zu ergründen. Denn schon damals war mir bewusst gewesen: Fiona gehörte zu Vincent.
"Huhu Dag?! Es ist weniger geworden mit dem Regen. Wollen wir zurück zum Bahnhof?", fragte die Brünette mich und tippte mir dabei gegen meinen Oberarm.
Vollkommen perplex zog ich meine Augenbrauen zusammen und streckte eine Hand nach draußen, um ihre Aussage bestätigen zu können.
"Machen wir.", sagte ich kurz, schnappte mir dabei ihre Hand und ging im Stechschritt mit ihr Richtung Bahnhof.
"Hast du geträumt?", kicherte sie, als sie mit mir Gleichschritt gehen konnte.
"Hab ich nicht, dass ist doch dein Ding.", grinste ich sie an und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich wollte nicht, dass sie irgendetwas von dieser Gefühlsduselei, die sich in mir abspielte, mitbekam. Und schon gar nicht wollte ich darüber reden!

Am Bahnhof angekommen, mussten wir leider feststellen, dass es zu Problemen auf den Bahngleisen kam und die Züge nach Berlin daher vorrüber gehend ausfielen.
"Auf die Bahn ist doch immer Verlass.", murrte sie und sah mich mit ihren rehbraunen Augen fragend an. "Was machen wir denn jetzt Dag?"
Das Plätschern des Regens, welches auf den Dächern zu hören war, wurde wieder stärker und ein leichter Windzug gesellte sich dazu. So hatte ich mir diesen Tag wirklich nicht vorgestellt.
Schulterzuckend sah ich um mich und  versuchte nach einer Lösung zu finden.
"Wir könnten natürlich irgendwo eine Kleinigkeit Essen gehen und hoffen das sowohl der Regen sich legt, als auch die Züge bald wieder fahren."
"Was hälst du von etwas viel spontanerem?", fragte sie mich.
"Das wäre was?"
"Wir bleiben einfach eine Nacht hier! Google verrät uns bestimmt eine nette, kleine Unterkunft. Und so müssten wir auch nicht ständig auf der Hut sein und abwarten bis der Zug endlich wieder fährt. Morgen ist bestimmt alles wieder gut.", meinte sie lächelnd und ich musste gestehen, der Vorschlag gefiel mir.
"Machen wir so. Suchst du nach einer Unterkunft?", fragte ich sie und sie stimmte mit einem leichten Nicken zu.

Es dauerte keine zehn Minuten, da hatten wir beide ein Zimmer organisiert, in einer kleinen Unterkunft mit Blick auf den Park. Der Weg dorthin war nicht sonderlich weit, doch durch den Regen kam mir die Strecke wie eine gefühlte Ewigkeit vor. Ich gab Fiona mein Hemd, damit sie nicht ganz so durchnässt wurde.
Eilig liefen wir durch die immer mehr leer werdenden Straßen, bis wir endlich an unserem Ziel ankamen.
"Ich bin pitsch nass.", sagte Fiona und überreichte mir das klitschnasse Hemd.
"Du kannst es behalten.", lachte ich.
Sie stimmte in mein Lachen mit ein und ging ins Bad, um es dort zum Trocknen zu legen.
"Möchtest du zuerst eine heiße Dusche nehmen?", fragte sie mich aus dem Bad heraus.
"Gerne, ich beeile mich auch!"
Ich huschte ins Bad und entledigte mich meiner Kleidung, nachdem sie es verlassen hatte. Das warme Wasser prasselte auf meinen Körper und wärmte ihn in sekunden schnelle.
Ich schloss meine Augen und versuchte mich für einen Moment zu entspannen. Vielleicht hatte diese ganze Aktion hier auch etwas mit Schicksal zu tun. Wenn ja, was wollte es damit bezwecken? Alleine ein Zimmer zu teilen, das taten wir beide schon seit einigen Wochen. Es war also nichts außergewöhnliches, sie nah bei mir zu haben, ihren Kopf auf meiner Brust zu spüren und in ihr schlafendes Gesicht als erstes am Morgen zu sehen.
Plötzlich spürte ich einen angenehmen Schauer, der mir über den Rücken lief, während ich an all diese Dinge dachte. Schnell schüttelte ich den Kopf und verbannte diese Gefühle wieder.
Ich stellte die Dusche aus und schlüpfte nach dem Abtrocknen in einen Bademantel.
"Du kannst jetzt."

Während Fiona unter der Dusche war, zog ich mir meine Boxershorts über und setzte mich anschließend aufs Bett, während ich den Zimmerservice anrief, um uns eine Kleinigkeit zu Essen zukommen zu lassen - ein Glück war dies hier machbar.
"Du kommst gerade richtig, ich habe uns etwas zu Essen bestellt.", sagte ich, als sie das Badezimmer verließ.
Beim genaueren Betrachten, schluckte ich schwer: sie trug nur einen Slip und ein schwarzes Top, doch es schien sie nicht zu stören, sich so zu zeigen.
"Du träumst schon wieder!", weckte sie mich aus meinen Gedanken und mein Blick schien sie wohl zum Schmunzeln zu verleiten.
"Du bist schon süß.", lächelte sie und nahm neben mir auf dem Bett Platz.
Ich erwiderte ihr Lächeln und stellte das Tablett mit dem Essen direkt vor uns in die Mitte.
"Hoffe es ist etwas dabei für dich."
"Du kennst mich doch, ich esse fast alles.", lachte sie und piekte sich dabei selbst in den Bauch.
"Möchtest du damit etwas andeuten?", fragte ich sie mit hochgezogener Augenbraue.
"Nein, nein. Niemals!" Ihr Lachen war so ansteckend, das ich wenig später mit einstieg.
Wir aßen eine Kleinigkeit und sahen dabei Fern. Es herrschte eine lockere und angenehme Stimmung zwischen uns beiden, so wie sie eigentlich immer war. Und doch spürte ich, dass da noch etwas war zwischen uns. Irgendetwas prickelndes, knisterndes, wie ein kleines Feuer, das nur darauf wartet entfacht zu werden.
Aber warum? Warum gab es plötzlich dieses 'Verbotene' zwischen uns? Warum spielte mir mein Verstand solch einen Streich, wo er doch genau wissen sollte, dass die Ex Freundin des besten Freundes für einen selbst tabu war? Zudem war hier die Rede von Fiona. Einem Mädchen, das ich hab aufwachsen sehen und die für mich immer wie eine kleine Schwester war. Was sollte das?

"Du siehst müde aus.", bemerkte ich, als es draußen bereits Nacht wurde.
"Bin ich auch, es war ein äußerst ereignisreicher Tag."
"Tut mir Leid, dass es so doof geender hat."
"Bist du verrückt? Es war ein total schöner Tag, von Anfang bis zum Ende. Danke dafür.", lächelte sie mich an und kuschelte sich nah an mich heran. Wie aus Reflex legte ich meinen Arm um sie, sodass sie ihren Kopf auf meiner Brust ablegen konnte.
"Ich werde übrigens mit auf das Festival kommen.", sagte sie in die Dunkelheit hinein.
Überrascht sah ich zu ihr hinunter und wusste einen Moment nicht, was ich genau dazu sagen sollte.
"Das ... das machst du jetzt aber nicht nur mir zu liebe, oder?"
"Nein, ich meine klar, du spielst da schon eine Rolle, aber irgendwie mache ich das auch für mich. Ich will mich nicht verstecken und mir fehlt eure Musik und dieses Gefühl von Freiheit, welches ich immer auf euren Konzerten verspürt habe."
"Das freut mich so sehr zu hören.", grinste ich und zog sie schwungvoll auf mich.
"Dag, was machst du da!?", kicherte sie und sah mich direkt an.
"Da ist es wohl mit mir durchgegangen.", entschuldigte ich mich schnell und löste die Arme von ihr, damit sie wieder von mir runter rutschen konnte.
Doch stattdessen legte sie ihren Kopf auf meiner Brust ab und atmete gleichzeitig ein und aus.
"Gute Nacht Dag.", flüsterte sie.
Vorsichtig legte ich meine Arme wieder um sie und strich ihr behutsam über den Rücken.
"Gute Nacht ... Kleines."

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