Kapitel 48 - Die Königin der Alpträume

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Bis spät abends saßen wir drei im Studio und widmeten uns dabei unseren eigenen Aufgaben. Vincent und Dag schienen dabei jedoch erfolgreicher zu sein, als ich es war. Denn viel mehr als drei Seiten hatte ich nicht geschrieben und dabei mussten am Ende 20-30 Seiten heraus kommen. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, meine Facharbeit hier im Studio zu schreiben - es fehlte mir definitiv an Ruhe und Konzentration.
Aber zumindest schienen die Jungs sich wieder beruhigt zu haben und konnten eine gute Zusammenarbeit leisten, was das ganze Klima im Studio wesentlich angenehmer machte.
"Ey Dickerchen, was denkst du, was die alte Schrulle hier wollte?", fragte Dag, kurz bevor wir für heute Feierabend machten.
"Keine Ahnung, ehrlich gesagt ist mir das auch egal. Vielleicht wollte sie nur etwas Aufmerksamkeit haben und eigentlich steckt da nichts hinter.", sagte er und zuckte kurz mit den Schultern.
Stirnrunzelnd lauschte ich dem Gespräch der beiden Männer, während ich meine Bücher in meinen Rucksack steckte.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass hinter ihren Worten nichts steckte. Irgendetwas wollte sie von Vincent und ich hatte das Gefühl, dass es nichts Gutes war.
Nachdem wir Dag nach Hause gefahren hatten, fuhren Vincent und ich zu ihm nach Hause.
"Glaubst du wirklich, sie wollte nichts bestimmtes von dir?"
"Fiona, warum denkst du über sie nach? Maja war schon immer dafür bekannt, einen großen Auftritt hinzulegen. Meistens steckte jedoch nichts dahinter. Glaub mir, sie wollte sich nur wichtig machen."
"Und dafür sucht sie dich extra im Studio auf?"
"Wie gesagt, sie liebt dramatische Auftritte. Mach dir keinen Kopf um sie."
So wirklich zufrieden stellten mich seine Worte nicht. Es war merkwürdig, dass sie so plötzlich auftauchtes und so geheimnisvoll tat. Und ich sollte bald feststellen, dass ich Recht hatte...

Drei Tage später befanden wir uns wieder im Studio. Dieses mal war jedoch die ganze Band anwesend, da die Jungs einige Proben durchspielten, für den bevorstehenden Tourauftakt, der zweiten Hälfte.
Ich hatte mich oben im Aufnahmestudio verschanzt und tippte fleißig auf dem Laptop herum. Heute hatte mich wahrlich die Muse geküsst und ich konnte ein fachliches Thema nach dem anderen bearbeiten. Selbst die Musik im Hintergrund und das Gerede der Jungen, konnten mich vom Arbeiten nicht abhalten.
"Fuck!!"
Das laute Fluchen von Dag ließ mich allerdings kurz aufhorchen und ich wandte den Blick von meinem Bildschirm ab, um einen kurzen Blick auf die Jungs erhaschen zu können.
Dag fuhr sich angesäuert durch sein Haar, während Vincent auf sein Handy starrte. Die anderen Jungs hatten entweder ihre Köpfe gesenkt oder verzogen ihr Gesicht.
Ein wenig irritiert und neugierig zugleich, öffnete ich die Tür und trat hinaus.
"Was für eine Laus ist euch denn über die Leber gelaufen?", fragte ich sie.
Keiner antwortete mir. Stattdessen waren nun alle Augen auf mich gerichtet, fast schon mitfühlend sahen sie mich an - alle bis auf Vincent. Denn dieser starrte noch immer sein Handy an.
"Ihr macht mir Angst... was ist passiert?" Langsam trat ich auf die Gruppe zu und blieb neben Vince stehen. Ich linste kurz auf sein Handy und hätte mir gewünscht, es nicht getan zu haben:

'Da du das letzte Mal ja keine Zeit hattest für ein Gespräch, hier die versprochene Mail. Ich bin ab jetzt Teil eurer Booking Angentur und gehe Stefan ein wenig zur Hand. Das bedeutet auch, dass ich euch auf eurer Tour begleite. Ich freue mich unfassbar sehr, wieder Zeit mit dir und den Jungs verbringen zu können.
Ganz viele Küsse und wir sehen uns bald. XOXO Maja.'

"Das ist ein Scherz, oder? Sag mir dass das nicht so einfach geht!"
Immer noch herrschte Stille. Das, wovor ich mit am meisten Angst hatte, wurde nun wahr. Maja wäre bei Vincent, während ich in meinen eigenen vier Wänden hocke. Sie würde ständig bei ihm sein, vor dem Konzert, danach, im Tourbus, vielleicht auch in seinem Backstagebereich. Immer wäre sie bei ihm. Und ich würde tausend Tode zuhause sterben, weil ich nicht weiß, was passieren wird. Auch wenn so viele andere dabei wären, irgendwann sind sie es mal nicht und dann nutzt sie ihre Chance.
Mein Herz zog sich gequält zusammen und mir wurde mit einem mal schwindelig. Könnte es etwa sein, dass ich Vincent auf dieser Tour verliere? Dass er vielleicht merkt, dass Maja doch besser zu ihm passt als ich?
Wie in Trance versetzt drehte ich mich zur Tür und verließ durch diese das Studio. Ich brauchte Luft, hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können. Und Vincent stand einfach da und starrte vermutlich immer noch diese Nachricht an. Warum? Weil er wusste, dass etwas passieren könnte? Weil er wusste, wie es mir dabei ergehen wird? Was war es, was ihn so sehr beschäftigte?

Ich ging ein wenig die Straße entlang, verfluchte mich jedoch selbst, dass ich nicht an eine Jacke gedacht hatte. Es war ziemlich kalt und ungemütlich, aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl wieder frei atmen zu können.
"Fiona! Da bist du ja." Hinter mir erschien Dag mit einer Jacke, die er mir sogleich über die Schultern legte.
"Mensch, du kannst doch nicht einfach so weglaufen."
"Ich bin nicht weggelaufen, ich brauchte nur kurz etwas frische Luft.", meinte ich und schlüpfte nun ganz in die Jacke hinein.
"Ich weiß, die Frage ist überflüssig, aber .. geht es dir gut?"
"Ich weiß nicht. Wie würdest du dich fühlen, wenn die Ex mit deinem Freund gemeinsam auf Tour geht?"
"Vermutlich hätte ich dieselben Ängste, die du jetzt hast."
Seufzend zog ich die Jacke enger zusammen und starrte auf den Boden.
"Benehme ich mich lächerlich?", fragte ich ihn leise und kickte dabei einen Kieselstein zur Seite.
"Es würde ihm nicht anders gehen. Ich denke jeder von uns hätte diese Ängste und wüsste nicht wohin mit den Gefühlen. Aber ich kann dir sagen, dass Vincent eine treue Seele ist und ich auf die Königin der Alpträume ein Auge werfen werde. Die halte ich schön fern von ihm, das verspreche ich dir als großer Bruder." Dag hielt seine Finger nach oben, so als würde er schwören.
Ein kleines Lächeln umspielte dabei meine Lippen und wenige Sekunden später, lag ich in seinen Armen.
Ein Glück hatte ich Dag. Und es beruhigte mich, dass er Vince nicht alleine lassen würde mit ihr. Auf ihn war Verlass!

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