Kapitel 13 - Chaos in meinem Kopf

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Die vereinzelten Sonnenstrahlen, die durch einen Spalt vom Vorhang durchschienen, kitzelten mich an meiner Nasenspitze, so dass ich kräuselnd daran rieb, ehe ich langsam  aber sicher meine Augen öffnete.
Ich brauchte einen kurzen Moment, bis ich realisierte wo genau ich war. Meine braunen Augen streiften durch das Hotelzimmer und blieben schließlich bei Vincent hängen. Eng aneinander gekuschelt, hatten wir die Nacht wohl miteinander verbracht. Diese Erkenntnis ließ meine Wangem sofort rot werden und ich bewegte mich vorsichtig aus seiner Umarmung, um ihn nicht zu wecken.
Ich tapste leise über den Laminatboden und verschwand für eine kurze Zeit ins Badezimmer, wo ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht schüttete. Was genau hatte ich mir hierbei nur gedacht? Warum war ich eigentlich mitgegangen? Und warum bekam ich dieses Bauchkribbeln nicht weg? War ich etwa krank?
"Fiona? Bist du da?", fragte Vince und klopfte dabei leise an die Tür.
Ich drehte den Wasserhahn wieder zu und trocknete mir das Gesicht ab, ehe ich dann aus dem Bad trat.
"Guten Morgen.", begrüßte ich ihn mit einem Lächeln, wobei ich nicht verhindern konnte, ihn mir einen Moment lang genauer anzusehen.
Vielleicht hatte er nicht die Masse an Muskeln, wie Dag sie hatte, doch trotzdem verfügte er über einen gut trainierten Körper, an den ich mich gerade nicht genug satt sehen konnte.
"Hallo?!" Vince tippte gegen meine Nasenspitze und sah mich mit einem Schmunzeln an.
"Hö?"
"Ob du gut geschlafen hast, habe ich dich gefragt?"
"Achso, äh ... jaja. Ich kann mich nicht beklagen.", lächelte ich nervös und strich mir dabei eine Haarsträhne hinter mein Ohr.
Einen Moment lang standen wir uns so gegenüber, ohne das jemand etwas sagte, bis es an der Zimmertür klopfte und Dag wenig später eintrat.

"Also gut, dann sehen wir uns in zwei Wochen in Berlin, ja?", fragte Dag mich zum wiederholten Male, als wir drei am Bahnhof standen.
"Genau. In zwei Wochen sehen wir uns. Ich reise am Freitag schon an und bleibe bis Montag. Dann haben wir etwas mehr Zeit für Unternehmungen.", sagte ich und warf beiden Jungs einen kurzen Blick zu.
"Abgemacht, ich freue mich.", grinste er mich an und drückte mich sanft zum Abschied an sich.
"Pass so lange gut auf dich auf."
"Das mach ich. Du aber auch auf dich.", sagte ich leise.
Nachdem wir uns aus unserer Umarmung gelöst haben, wandte ich mich Vincent zu, der mich mit einem leicht traurigen Blick ansah.
"Schau nicht so, wir sehen uns ja bald wieder.", kicherte ich und legte meine Arme um ihn.
"Ich kann es kaum erwarten."
Anders als bei Dag, fühlte sich diese Umarmung viel ... intensiver an. Als ob wir beide durch diese Nähe etwas ausdrücken wollten, was wir mit Worten hätten nicht beschreiben können. Ich versank für einen kurzen Augenblick in meine eigene kleine Traumwelt und wollte in dieser auf keinen Fall Vincent loslassen.
Etwas hatte sich verändert seit letzter Nacht. Was genau es war, dass musste ich noch früh genug erfahren...

"Das bedeutet, du haust am Freitag schon ab, ohne uns?", fragte Jana mich ein klein wenig empört, als wir an Montagmorgen wieder gemeinsam in der Schule saßen.
"Es tut mir Leid. Es hat sich so ergeben und so kann ich den Freitag und den Samstag mit den Jungs verbringen und wir gehen dann am Sonntag ganz entspannt zum Konzert.", versuchte ich die Lage zu erklären.
"Ich bin neidisch. Ich würde auch gerne mit euch Zeit verbringen."
"Ich weiß, vielleicht können wir das ja Sonntag nach dem Konzert noch nachholen. Die beiden meinten, sie werden auch da sein."
"Na gut, ich werde dich an diese Worte erinnern.", meinte Jana und zauberte aus ihrem Schmollmund ein zufriedenes Lächeln.
Erleichtert seufzte ich leise auf und ließ mich in meinen Stuhl fallen.
"Du sag mal, was ist das jetzt eigentlich mit dir und Vincent? Läuft da was oder ist das eher so eine einmalige Sache zwischen euch?", wollte Jana wissen.
"Weder noch. Ich meine, ich weiß es ehrlich gesagt selber nicht. Jedes Mal wenn ich in seiner Nähe bin, dann fühle ich mich ... wie zuhause. Ich möchte nirgendwo lieber sein und am liebsten für immer bei ihm bleiben.."
"Das klingt danach, als würde jetzt noch ein Aber kommen."
"Aber diese Gedanken bzw diese Gefühle sind lächerlich. Ich kenne Vincent seit ich denken kann und er ist für mich wie ein großer Bruder. Ich glaube, meine Hormone spielen einfach zur Zeit nur verrückt. Vielleicht, weil ich so lange keine wirkliche Beziehung mehr zu einem Mann hatte. Bestimmt bilde ich mir deshalb irgendwelche seltsamen Gefühle ein."
"Na ich weiß ja nicht so recht. Nur weil du ihn schon so lange kennst, muss es ja nicht heißen, dass daraus nicht irgendwann mehr als eine Freundschaft entstehen kann. Ich denke, wenn je mehr Zeit du mit ihm verbringst, desto eher bekommst du Klarheit über deine Gefühle."

Jana hatte leicht reden. Vielleicht wollte ich auch einfach keine Klarheit für mich haben. Vielleicht bedeutete diese Klarheit nämlich nichts Gutes und verschlimmerte alles nur noch mehr. Wie konnte ich mir außerdem sicher sein, was genau ich fühlte? Woher wusste ich, was genau das alles zu bedeuten hatte? Es gab schließlich keine Allwissende Lösung für das alles hier. Ich wusste nur, dass Vincent und mich etwas verband. Doch das konnte schließlich auch alles mögliche sein.
Fragen über Fragen schwirrten in meinem Kopf umher und ich hatte das Gefühl, vor Schwindel gleich umfallen zu müssen. Warum waren Gefühle manchmal so kompliziert gewesen? Und warum musste es ausgerechnet etwas mit ihm zu tun haben?

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