Kapitel 5 - Hey Whynee

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Ein magischer Moment nach dem anderen folgte. Doch immer wenn es am Schönsten war, verging die Zeit viel zu schnell. Am Ende standen die beiden Jungs auf der Bühne, bekamen einen Blumenstrauß überreicht und Dag stimmte dabei das letzte Lied an.
Dieses war so gefühlvoll und gleichzeitig traurig, so dass mir tatsächlich eine Träne die Wange hinunter lief. Um dem Ganzen noch ein Krönchen aufzusetzen, wurde ein riesen spektakuläres Feuerwerk für die Show veranstaltet.
Davon bekam ich zwar nichts zu sehen, dadurch das wir soweit vorne standen, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass es vermutlich atemberaubend schön aussah.
Dag und Vincent verteilten ihre Blumen an die Menge, während sie vom Publikum gefeiert wurden.
"Ich hab eine!", rief Jana aufgeregt und hielt sie mir entgegen. "Für dich, ich glaube, sie hat für dich einen viel größeren Wert als für mich."
"Du bist einfach so ein großer Schatz.", sagte ich freudestrahlend und drückte sie fest an mich.

Sobald die beiden hinter dem Vorhang verschwunden waren, begann sich die Menge aufzulösen und jeder setzte seinen Heimweg an.
"Wie sieht der Plan jetzt genau aus?", fragte ich Jana etwas hilflos.
"Die Mädels, mit denen wir uns vorhin unterhalten haben, haben erzählt, dass eine von ihnen befreundet ist mit dem Bassisten. Dieser meinte wohl, dass Vincent und Dag noch einmal raus kommen würden, wenn die meisten Menschen das Gelände verlassen haben. Wir müssen also nur mit ihnen an der richtigen Stelle warten und dabei hoffen, dass uns die Secruity nicht vorher raus schmeißt."
Im ersten Moment klang der Plan ja gar nicht mal so schlecht, doch bezweifelte ich noch immer, dass das so einfach zu machen sei.
Ich ließ mich jedoch zu diesem Plan verleiten und folgte Jana zu der Mädchengruppe, die wir vor dem Konzert kennen gelernt hatten.
Während des Wartens, quasselten die Mädchen ununterbrochen von dem Konzert und wie toll das doch alles war. Eine von ihnen gab damit an, ein Kuscheltier von Vincent gefangen zu haben und die andere damit, das sie ein Handtuch von Dag fing.
Ich mit meiner einzelnen Rose in der Hand hörte nur mit halbem Ohr zu und konzentrierte mich lieber auf das Wesentliche, weshalb ich überhaupt hier war: Vincent und Dag finden, mit ihnen sprechen und hoffen, dass sie sich an mich erinnerten.

"Entschuldigt Mädels, aber ihr müsst jetzt bitte auch das Gelände verlassen. Wir wollen auch Feierabend machen.", sprach plötzlich einer der Ordner zu uns.
"Das geht nicht. Wir sind hier mit jemanden aus der Band verabredet. Wir können jetzt nicht gehen.", protestierte eines der Mädchen lautstark.
"Nun das kann natürlich jeder behaupten. Ich bitte euch also noch einmal höflichst den Rücktritt jetzt anzutreten." Dieses Mal klang die Stimme des Ordners nicht mehr ganz so freundlich, sondern hatte einen bestimmenden Unterton in sich.
Ich sah uns schon dabei zu, wie wir die Parkbühne verließen, ohne die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit den beiden zu haben, als wie aus dem Nichts ein lautes Gejubel erklang.
Sofort drehten wir uns alle in die Richtung, aus der der Lärm kam und erblickten allesamt mit großen Augen Vincent und Dag, die tatsächlich noch einmal rausgekommen waren.
Noch bevor ich das 'Spektakel' vor mir richtig realisieren konnte, stürmten etliche Menschen an mir vorbei, so dass ich beinahe mein Gleichgewicht verlor und hinfiel.
"Alles in Ordnung bei dir?", fragte Jana mich besorgt und hielt mich an meinem Arm fest.
"Die sind doch alle nicht mehr ganz dicht.", fluchte ich und schüttelte verständislos den Kopf.
"Ich denke, dass ist irgendwie norma.", meinte sie und zog mich mit sich den Hügel hinunter, um zu der Masse an Menschen gehen zu können.

"Das wird doch nie etwas.", jammerte ich nach einer geschlagenen Stunde des Anstehens und Wartens.
"Wir haben es doch fast geschafft. Überleg dir lieber schon mal, was du den beiden sagen wirst, wenn du ihnen gegenüber stehst."
Jana hatte Recht. Bis jetzt hatte ich absolut keine Ahnung, wie ich den beiden gegenüber treten sollte. Was sollte ich sagen? Und was tat ich, wenn sie gar nicht mehr wussten wer ich war? Fragen über Fragen stapelten sich in meinem Kopf und mir wurde bewusst, dass das alles auch total nach hinten ablaufen konnte.
"Es tut uns Leid ihr Lieben, aber wir müssen uns leider zurückziehen. Die guten Menschen hier möchten auch in ihren wohlverdienten Feierabend und auch wir sind ziemlich geschafft von diesem Abend. Wir versprechen euch aber, wir sehen uns bald wieder - spätestens auf unserer Tour.", erklang mit einem Mal die Stimme von Vincent und binnen weniger Sekunden kamen einige Secruity Männer, die die beiden vom Platz bringen wollten.
Die noch da stehenden Menschen gaben traurige und enttäuschte Ausrufe von sich in der Hoffnung, sie würden sich noch einmal umdrehen.
"So ein Mist!", fluchte Jana und sah mit einem besorgten Gesicht zu mir.

Es gibt Momente im Leben, da hast du kaum eine Wahl das Richtige zu tun. Du hast keine Zeit zu überlegen, was richtig wäre und was falsch. Manchmal musst du einfach das tun, was dein Herz dir sagt.
Und ohne groß darüber nachzudenken, drängelte ich mich durch die Masse, so dass ich Vincent und Dag dabei zu sehen konnte, wie sie weggingen.
"Die Nacht ist eingebrochen, nun legen wir uns Ruh'. Schließe deine Äuglein und das Traumland erwartet dich im Nu'. Mit Whynee und Dag an deiner Seite kann dir nichts passieren, gemeinsam gehen wir im Mondenschein spazieren.", trug ich so laut vor, so dass die beiden mich dort vorne noch verstehen konnte.
Ich dachte, ich hätte diesen kleinen Reim vergessen, aber er erschien mir plötzlich vor meinen Augen und erinnerte mich an all die vielen Lieder und Reime, die die beiden mir oft vortrugen, damit ich besser einschlafen konnte.
Ehe ich mich versah wurde es mucks mäuschen still um mich herum. Die anderen Fans sahen mich zum Teil verwirrt bis überrascht an, doch niemand vermochte etwas zu sagen.
Mein Blick war jedoch die ganze Zeit auf die Jungs gerichtet und als würde es jemand dort oben gut mit mir meinen, blieb Vincent stehen und war der Erste, der sich zu mir umdrehte.
Das erste Mal nach 15 Jahren, sahen seine braunen Augen wieder in die meine und es war das schönste Gefühl, welches ich seit langem wieder fühlen durfte.
Mit langsamen Schritten ging er auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. In seinem Kopf schien es kurz zu rattern, so als würde er abwägen wollen, ob diese Begegnung hier real war oder nicht.
"Fi-Fiona?!"
"Hey ... Whynee.", sagte ich kaum hörbar.
Und ehe ich mich versah, lag ich in seinen Armen und drückte in fest an mich. Endlich, nach all den Jahren, durfte ich ihn wieder in meinen Armen halten.

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