Kapitel 69 - Quality Time

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Ein paar Tage später, lud Dag mich zu einem kleinen Ausflug ein, der uns etwas abseits von Berlin führte. Er nannte es unsere 'quality time' , also eine intensiv genutzt Zeit nur für uns zwei, weit weg von den uns bekannten Menschen.
Vielleicht hatte er noch immer ein schlechtes Gewissen bzgl. dem Zusammentreffen von Vincent und mir oder aber er wollte noch einmal in aller Ruhe mit mir über die Festivalgeschichte reden. Was auch immer der Grund hierfür war - ich freute mich. Das Wetter spielte uns vollkommen in die Karte und Zeit mit Dag alleine verbrachte ich in letzter Zeit sowieso sehr gerne.
"Jetzt sind wir hier, aber du hast mir noch immer nicht genau verraten, wo es hin geht bzw. was wir hier genau machen.", meinte ich neugierig, während wir beide den Bahnhof verließen.
"Da ist aber jemand ungeduldig.", lachte der Berliner und führte mich über die Straße, deren Ampel gerade auf grün sprang.
"Das kannst du mir auch nicht verübeln. Stehst morgens vor dem Bett und sagst wir machen jetzt einen Ausflug. Das erinnert mich total an Vincent und ..." Ich stoppte mitten im Satz und seufzte kurz auf. Dann schüttelte ich meinen Kopf und lächelte kurz. "...an Österreich. Dahin hat er mich entführt, so wie du das jetzt auch machst."
Dag runzelte kurz mit seiner Stirn und grinste mich dann an.
"Keine Angst, wir bleiben nur den Tag über hier, keine ganzen zwei Wochen."
"Dagegen hätte ich auch nichts."
"Mein Tourmanager aber.", lachte er.

Dag führte mich zu einem riesen großen Park, in dem unglaublich viele, verschiedene Blumen in voller Blütenpracht erschienen. Etwas weiter vorne gab es einen Springbrunnen, an dem man Platz nehmen konnte. Alles wirkte so friedlich und unbeschwert.
"Ist es das, was du mir zeigen wolltest?", fragte ich ihn erstaunt.
"Zumindest ein Teil davon, ja. Ich dachte mir, hier kann man unglaublich gut entspannen und einen klaren Kopf bekommen.", lächelte er mich an.
"Einen klaren Kopf? Brauche ich das denn?"
"Nun ja, nach der Sache mit Vincent und meiner total bescheuerten Idee mit dem Festival, dachte ich mir, dein Kopf ist bestimmt ziemlich voll von allem und etwas Entspannung täte dir gut."
"Du bist süß. Aber es geht mir gut, wirklich."
Wir beide schlenderten durch den Park und nahmen auf dem Rasen unter einem Baum platz.
"Es tut mir dennoch leid, wie sich das alles entwickelt hat. Ich hätte das verhindern können mit Vincent und dir."
"Hör auf Dag, es ist alles okay. Ja, die Begegnung war nicht besonders toll, weil sie so unerwartet kam. Aber es ist passiert und daran können wir nichts mehr ändern. Mach dir bitte keine Vorwürfe.", bittete ich ihn und drückte sanft seine Hand, die auf seinem Schoß platziert war.
Er fuhr sich durch sein lockiges Haar und drückte dann ebenfalls meine Hand.
"Und was das Festival angeht..."
"Dag? Wollten wir hier nicht entspannen und den Kopf frei kriegen?", fragte ich ihn lächelnd.
"Du hast recht."
"Also lass uns das auch tun!"

Gesagt, getan. Dag und ich verbrachten den halben Vormittag im Park, unterhielten uns über Gott und die Welt und schlossen uns einer kleinen Gruppe an, die im Park Volleyball spielten. Wir haben herzlich viel gelacht und tatsächlich bekam ich für einen Moment einen leeren und freien Kopf. Ich dachte nicht darüber nach, was alles passiert ist und was vielleicht noch alles auf mich zukommen würde. Ich genoss einfach diese Zeit hier mit Dag.
"Guck mal, da hinten macht eine Gruppe Parkour.", sagte ich nach einiger Zeit und deutete mit meinem Finger auf die Gruppe, die überwiegend aus Jungs bestanden.
Sofort war der Berliner Feuer und Flamme und zog mich sanft mit sich dorthin. Es dauerte keine fünf Minuten, da flog sein Shirt in meine Arme und er wärmte sich auf. Schmunzelnd beobachtete ich ihn dabei und fand es immer wieder bewundernswert, mit was für einer Leidenschaft er dabei war.
Ich suchte mir währenddessen ein schattiges Plätzchen und sah ihm von dort aus zu.
"Fiona, mach doch mit!", rief er mich grinsend zu.
"Nein danke, das letzte Mal verlief nicht so toll. Mach dir keinen Kopf und tob dich aus. Ich komm schon klar.", lächelte ich ihm zu und holte gleichzeitig mein Handy heraus, um ein paar Bilder und Videos von ihm machen zu können.
Ich sah ihm unglaublich gerne beim Parkour zu. Dag übte dies mit solch einer Leichtigkeit und Freude aus, das ich sofort anfangen musste zu lächeln, wenn ich ihn dabei beobachtete.
"Einer der Jungs hat mir gerade von einem kleinen Geheimtipp erzählt, wo wir unbedingt hin müssen.", erzählte der Lockenkopf mir, nachdem er eine Weile lang trainiert hatte.
"Ist das weit von hier?", fragte ich ihn.
"Nein, wir müssten mit der Straßenbahn nur vier Stationen fahren."
Ich erhob mich vom Rasen und klopfte mir einige Grashalme von meiner Rückseite ab. "Na dann mal los!"

Unsere Wege führten uns zu einem Strandplatz, der kaum besucht war. Das Rauschen des Wassers und das zwitschern der Möwen, machten diesen Ort zu etwas besonderem. Ich liebte es, meine Zeit am Wasser zu verbringen, denn hier konnte ich stets  einen klaren Kopf erlangen.
Wir zogen unsere Schuhe aus, um barfuss am Strand und durch das Wasser gehen zu können. Dabei schnappte ich mir Dag seinen Arm und legte ihn um mich.
"Der Ausflug war eine sehr schöne Idee Dag. Ich bin wirklich froh, dass du dir hierfür Zeit genommen hast."
"Selbstverständlich nehme ich mir die Zeit für dich. Ich bin doch gern mit dir zusammen.", lächelte er mich an.
Ich blickte ein wenig verträumt in seine Augen und bekam das Lächeln nicht aus meinem Gesicht. Dadurch, dass ich bei Dag wohnte, hatte sich einiges zwischen uns verändert. Wir waren einander viel näher als zuvor und lernten und dadurch vielleicht noch einmal ganz neu kennen. Ich hatte zwar zu beiden Jungs seit fast einem Jahr wieder Kontakt, aber verbrachte ich doch mehr Zeit mit Vincent und hatte so gar nicht die Möglichkeit, Dag in gewisser Weise auch eine Chance zu geben, mich neu kennen zu lernen.
Aber zum Glück konnten wir das alles jetzt nachholen, auch wenn ich noch immer nicht wusste, in was für eine Richtung sich das Ganze entwickeln würde.
Langsam wandte ich meinen Blick von ihm ab und blickte in den Himmel, der sich mittlerweile verdunkelt hatte.
"Ohje, das sieht nach Regen aus.", meinte ich und bekam just in diesem Moment einen Tropfen auf meine Nase ab.
"Dann lass uns lieber schnell einen Unterstand suchen, damit wir nicht so nass werden. Vielleicht geht es ja schnell vorrüber."

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