Kapitel 85 - Die Wahrheit kommt ans Licht

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Mit einem Taxi fuhren wir drei zurück zu Dag's Wohnung - wir hatten alles was wir brauchten.
Maja hatte uns alles erzählt, was ich unbedingt wissen wollte. Ihre Erzählung hatte mich in gewisser Weise schockiert und doch, irgendwo in meinem Herz auch berührt.
Wobei ich mir nicht ganz sicher sein konnte, ob ich es alles wirklich so ablief, wie Maja es uns erzählt hatte. Ich könnte mir einfach nicht vorstellen, dass Vincent so ein... so ein Arsch war und seine Beziehung für jemanden beendete, den er nicht einmal wirklich gut kannte. Fakt war jedoch, dass Vincent wusste wer ich war und er hatte mich gefunden. Und sicherlich würde er mir nun auch den Grund nennen, warum er sich nicht bei mir gemeldet hatte. Kaum vorstellbar was gewesen wäre, wenn ich mich nicht erinnert hätte. Wenn ich nicht auf dieses Konzert gegangen wäre und es nicht geschafft hätte seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Dann würde er in weiter Ferne von mir schwärmen und ich wüsste nicht einmal das er existierte. Ziemlich traurig und bitter, wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse.
Die trüben und finsteren Gedanken schob ich schnell beiseite, als das Taxi schließlich vor dem Wohnkomplex stand. Ich steckte dem Fahrer das Geld zu und verließ mit den Mädels das Taxi.
Leichte Tropfen fielen vom Himmel und wir beeilten uns schnell nach drinnen zu kommen, bevor es noch doller anfing zu regnen.
Leise schloss ich die Tür auf, da ich mir nicht sicher war, ob Dag eventuell schon schlief.
Doch als mir von drinnen der Geruch von Schnaps und Gras entgegen kam, wusste ich, dass der gute Mann noch nicht am Schlafen war - im Gegenteil:
nachdem wir drei die Wohnung betreten hatten, hörten wir aus dem Wohnzimmer lautes Gerede und Musik, die nebenbei lief.
Wir Mädels steckten nach und nach die Köpfe ins Wohnzimmer und entdeckten dort Dag und Vincent in einem angeregten Gespräch. Sie hatten nicht einmal mitbekommen, dass wir in der Tür standen.

"Dicker, das ist doch ganz einfach. Du setzt den Ton einfach ne Stufe höher und dann passt das schon! Nicht verzweifeln, einfach Dag fragen.", lachte der Berliner und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter.
"Hört ihr denn niemals auf über die Arbeit zu reden?", fragte ich laut in den Raum hinein, sodass ich mir sicher war, sie konnten mich hören.
Beide drehten ruckartig ihre Köpfe zu uns um und grinsten uns an.
"Ihr seid aber früh wieder da.", bemerkte Vincent mit einem Blick auf die Uhr.
"Äh ja... also uns hatte das dort nicht so gefallen und..."
"...und daher wollten wir wieder zurück und lieber hier noch etwas sitzen und quatschen.", beendete Franzi den Satz von Jana.
"Genau so war's.", unterstrich ich noch einmal die Aussage der beiden und setzte ein Grinsen auf.
Die beiden Berliner schienen einen kurzen Blickaustausch vollzogen zu haben, ehe sie uns mit einer Handbewegung einluden ihnen Gesellschaft zu leisten.
"Lieb gemeint, aber ich für meinen Teil bin durch für heute. Ich werde mich hinlegen.", sagte ich.
"Habt ihr nicht gerade noch gesagt, ihr seid extra zurück gekommen, um hier noch etwas zu sitzen und zu quatschen?" Dag sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an und ich warf ihm als Antwort einen bösen Blick zu - wieso konnte er nicht leise sein?
"Was habt ihr denn schönes zu trinken, hm?" Jana versuchte die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, sodass ich mich heimlich aus dem Staub machen konnte.
Ich zog mir die Schuhe aus, stellte sie ordentlich weg und huschte dann schnell Richtung Schlafzimmer.
Kurz bevor ich den Griff der Tür erreicht hatte, spürte ich, wie jemand nun direkt hinter mir stand.

"Ich hab ne Nachricht gekriegt, von Maja."
"Ach wirklich?", fragte ich und versuchte dabei so unauffällig wie möglich zu klingen.
"Willst du nicht wissen, was sie mir geschrieben hat?" Ich drehte mich um und blickte direkt in Vincents fragendes Gesicht.
"Du... du musst mir das nicht erzählen. Weißt du, das ist deine Privatsphäre und in die möchte ich nicht eindringen.", meinte ich und versuchte ihn damit irgendwie abzuwimmeln.
"Interessant, sie schreibt nämlich über dich."
"Über mich? Was... was will sie denn von mir?"
"Ich zitiere: [...] sorg gefälligst dafür das dein kleines Schoßhündchen mich nie wieder in der Öffentlichkeit anspricht. Sonst hetze ich euch meinen Anwalt an den Hals. Und dann hat sie noch ein paar Kraftausdrücke verwendet, die ich dir gerne ersparen möchte."
"Schoßhündchen? Die blöde alte Zippe, ich habe gar nichts gemacht. Die soll froh sein, dass ich ihr nicht die Extensions rausgerissen habe.", wütete ich im ersten Moment, bis mir bewusst wurde, dass ich mich gerade ziemlich blöd verraten hatte.
Unsicher sah ich Vincent an und grinste in einfach nur dämlich an.
"Ich meine, das hätte ich wohl getan, wenn ich sie gesehen hätte, was ich nicht habe, weil ich ja mit den Mädels unterwegs war.", log ich, doch in seinen braunen Augen konnte ich erkennen, dass meine Lüge nicht sonderlich gut war.
"Schon gut, schon gut, ich geb's auf. Wir haben eventuell Maja aufgesucht und eventuell ist das klärende Gespräch etwas eskaliert. Aber, sie hat angefangen, ich habe mich nur gewehrt!"
"Was habe ich dir in Bezug auf Maja gesagt? Wieso hörst du nicht auf mich?" Ich konnte die Enttäuschung in seinen Augen haargenau sehen und es schmerzte mir. Ich hatte jedoch auch mit keiner anderen Reaktion seinerseits gerechnet, also war ich dementsprechend auf das hier vorbereitet.
"Vincent bevor du wütend wirst, lass es mich dir erklären."
"Ich weiß gerade nicht, ob ich auf die Erklärung wirklich scharf bin."
"Bitte...", flehte ich ihn fast schon an und griff nach seiner Hand, die ich sanft umschloss.

Da der Berliner keine Anstalten machte, meiner Bitte zu entkommen, holte ich einmal tief Luft und erzählte Vincent von dem Gespräch mit Maja.
Ich erzählte ihm davon, wie wir sie gefunden haben und wie dann das Gespräch verlaufen ist. Auch die Auseinandersetzung verschwieg ich ihm nicht. Ich erzählte ihm einfach alles, was ich an dem heutigen Abend erfahren habe. Und innerlich hoffte ich, dass es da doch ein Puzzleteil gab, was fehlte. Ein Grund, warum Vincent diesen Schritt gegangen war.
Ich brauchte etwas, das mir sagte, dass ich ihn nicht falsch eingeschätzt hatte, irgendetwas.
"Und das war es eigentlich auch schon.", beendete ich schließlich meine kleine Geschichte.
Vincent und ich hielten uns immer noch an einer Hand fest, wir hatten uns die ganze Zeit nicht einen Millimeter bewegt.
Seufzend fuhr er sich mit seiner freien Hand durch sein Haar.
"Jetzt möchtest du bestimmt meine Version hören, nicht wahr?", fragte er mich.
"Eigentlich quält mich nur noch eine einzige Frage...", gab ich leise zu.
"Ich kann mir denken, welche es ist. Am besten fange ich dafür von vorne an..."

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