Drache und Silber 128

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Wir küssten uns, wie um den Schwur erneut zu besiegeln. Dann nahm Juna sanft meine Hand in ihre und presste sie gegen ihre Lippen.

„Lass uns rein gehen. Du wolltest mir noch das Haar kämmen."

Sie löste sich von mir, doch ich hielt sie fest.

„Aber es stört dich doch. Die Drachenehe. Sie stört dich."

„Natürlich stört sie mich."

Die Augen meiner Liebsten funkelten in Ärger. Wolken über dem sonst so klaren Blau.

Mit den schlanken Fingern strich sie über meine Brust, direkt über meinem Herzen.

„Du gehörst mir ganz und gar. Aber die Welt schreibt mir vor, dass ich dich nicht ewig haben kann. Aus politische Gründen. Eine Frechheit."

Mit beiden Händen fasste sie um mein Gesicht, fing meinen Blick.

Ihr Lächeln so verführerisch, doch gefährlich gleichermaßen.

„Wenn du denkst ich lass dich fort nach 50 Jahren, dann irrst du dich. Eine einzige Liebe endet nicht. Ich wünschte manchmal, dass du eine Elfe wärst und so fühlen könntest, wie ich fühle. Dann wüsstest du, wie sehr es mich zerfrisst. Doch gleichzeitig am Leben hält. Wie du mich aus dem Dunkel ins Licht reißen kannst, nur durch deinen Anblick. Es gibt Gründe warum viele Elfen, sie nicht erleben wollen. Weil du dich selbst ein Stück verlierst."

Trauer, saß ganz tief in ihren Augen. Ich ahnte, woran sie dachte. Zurück an den Tag, an dem sie mich verloren hatte. Denn, obwohl ich bei ihr war, fürchtete sie stets mich zu verlieren. Ich schaffte es niemals ganz ihr die Angst zu nehmen.

„Ich werde nicht gehen, nach den 50 Jahren.", versprach ich meiner Königin, doch sie lächelte nur traurig.

„Ich weiß. Weil ich werde dich so glücklich machen. Du wirst nicht mal daran denken fortzugehen. Dennoch wünschte ich du könntest es fühlen, wie ich es fühlen. Es ist ein so wundervolles Gefühl. Und ich hoffe so sehr, dass du nur einen kleinen Teil davon ebenfalls fühlen kannst."

Sie trat so nah, dass ihr warmer Atem mein Gesicht küsste.

„Endlos und tief. Wie ein Vulkan, tief in mir, der immer brodelt, doch auch sanft glüht, alles wärmt und nach einem Ausbruch, der Welt Fruchtbarkeit und neues Leben schenkt."

Wenn meine Liebste die einzige Liebe auf diese Art beschrieb, dann glaubte ich sicher, sie beherrschte mich ebenfalls. Doch es war mir als Drache versagt, ihre Gefühle so zu teilen, dass ich sie ganz verstand.

Also erwiderte ich nur ihren Kuss und schwor mir, ich würde sie nicht enttäuschen, bis sie die traurigen Tage der Vergangenheit ganz vergessen konnte.



In unseren Gemächern angekommen rupfte Juna die schmutzige Kleidung von sich. Mit einem Ausruf der Erleichterung, warf sie den Überrest ihres Kleides weit in den Raum hinein.

Wie ein Waldgeist grinste sie, splitternackt und zupfte sich ein paar Blätter aus der wilden Mähne.

Mein Herz schlug schneller beim Anblick ihres wundervollen Körpers und ich spürte, wie sich Wärme in meinen Unterleib sammelte. Ein Verlangen, das nicht in unseren Zeitplan passte. Bis zum Nachmittag blieben nur zwei Stunden und wir würden einige Zeit brauchen, um Junas Haar zu der glänzenden Strähnen zu bürsten, die normalerweise ihr Haupt zierten.

„Lass uns ein Bad nehmen."

Meine Liebste wartete meine Antwort nicht ab, bevor sie davonhüpfte Richtung Badezimmer.

Kurz bevor sie durch die Tür verschwand, wandte sie sich nochmal um und winkte mir, ihr zu folgen.

„Komm schon. Wir haben nicht viel Zeit."

Ihrer süßer Ton verführte mich zur Eile. Ich ahnte, dass auch in Junas Kopf Wünsche herumspukten, die im Moment keinen Platz finden konnten.

Kaum im Palast angekommen, saß uns schon wieder die Zeit im Nacken. Sie trieb uns unbarmherzig vor sich her und überrannte jeden Moment, den wir für uns stahlen.

Ich folgte meiner schönen Frau und sammelte nebenher eine Bürste von einem Schminktisch im Vorzimmer des Bades ein.

Im Badebecken sammelte sich bereits weißer Schaum auf dampfenden Wasser. Juna steckte die Fußspitze hinein und lächelte zufrieden.

Als sie mich ansah, zog sie missbilligend die Augenbrauen zusammen.

„Was bist du denn noch angezogen? Du schmuddeliger Drache, brauchst ein Bad mehr als ich."

Leichtfüßig kam sie auf mich zu und zerrte das Unterkleid aus meiner Hose.

Rasch fing ich ihre Hände und grinste verlegen.

„Lass mich erst dein Haar ausbürsten. Sonst verfilzt es sicher noch mehr im Wasser."

Mein Vorschlag gefiel ihr eindeutig nicht. Ein Schmollmund zierte ihre Lippen. Als sie in ihr Haar griff und die Finger in den Strähnen hängen blieben, gefiel es ihr noch weniger. Sie rupfte die Hand heraus und musterte die Haarsträhnen verärgert.

„In Ordnung," murrte sie knapp, dann zog sie dennoch die Bänder meiner Lederhose auf und strich mit den Finger unter den Saum. Ein Schaudern ließ mich erzittern.

„Danach baden wir gemeinsam."

Als ich nickte, ließ sie von mir ab.

Sie setzte sich an den Rand des Wasserbeckens und ließ die Beine hineinbaumeln. Dann streckte sie die Hand nach mir aus, ich ergriff sie und kniete mich zu ihr.

Juna küsste meine Finger.

„Dann mal los. Reiß mir bitte nicht alle Haare aus. Ja. Ich brauch noch ein paar davon."

„Ich bin ganz vorsichtig.", versicherte ich ihr. Immerhin wusste ich, wie sehr meine Königin ihre Haare liebte.

Strähne um Strähne arbeitete ich mich voran. Ganz vorsichtig, von unten nach oben, kämmte ich die Nester aus ihrer Haarpracht. Immer wieder zog ich kleine Zweige, Grashalme und Blätter daraus hervor, als hätte der Lichterwald selbst versucht sich mit meiner Liebsten zu verbinden.

„Nach unserer Hochzeit, sollten wir verreisen. Ganz allein. Ich werden meinen Plan beim nächsten Treffen mit den Ministern vorstellen. Wir sollten regelmäßig allein verreisen, sonst werde ich ihnen das Königinnenamt in den nächsten Jahren vor die Füße werfen."

Ich musste kichern, weil ihre Stimme so trotzig klang.

„Kannst du das tun? Das Königinnenamt abgeben."

Juna drehte sich zu mir, die Haarsträhne, an der ich gerade gearbeitet hatte, rutschte aus meiner Hand.

„Nein. Das geht natürlich nicht. Ich hab mein Amt ja nicht mal selbst gewählt."

Sie zuckte mit den Schultern.

„Aber wenn ich dich einpacke und ein Schattenportal aufstelle, das so weit wegführt, dass uns niemand folgen kann, dann müssen sie lernen, ohne mich zurechtzukommen."

Sanft strich ich meine Finger durch den Teil ihres Haares, den ich bereits entwirrt hatte. Die weichen Strähnen umschmeichelten meine Haut.

„Und das würdest du tun?"

Meine Liebste schnalzte mit der Zunge.

„Du frecher Drache. Sei kein Spielverderber."

Die Antwort reichte, um zu wissen, dass Juna nur laut vor sich hinträumte. Sie fühlte sich mit ihrem Reich und ihren Untertanten viel zu verbunden, um jemals ganz zu gehen.

Drache und SilberWhere stories live. Discover now