Silber und Drache 95

3.5K 228 21
                                    



Bevor wir in meine Wohnräume zurückkehrten, kam mir die Idee Ranja zu besuchen. Ich hatte sie seit unserer Ankunft im Winterstein nicht mehr getroffen. Es verlangte mir danach, ihr von den vielen Veränderungen in meinem Leben zu berichten.

Juna wollte mit mir kommen. Ich hätte lieber allein mit Ranja gesprochen, doch brachte es nicht übers Herz, meine Geliebte gegen ihren Willen allein zu lassen.

Ranja und Juna standen in keiner guten Beziehung zueinander. Ich befürchtete der Besuch, würde einige Schwierigkeiten heraufbeschwören.

Ein tiefes Seufzen begleitete deshalb das Klopfen an die Wohnungstür meiner guten Freundin.

„Alles gut? Mein Drache.", fragte meine Königin erstaunt.

Mit großem Enthusiasmus fieberte Juna dem Besuch entgegen.

Sie wollte eine gute Freundschaft zu Ranja aufbauen, hatte sie mir versprochen, als wir durch die Gänge des Winterstein wanderten.

Ich verlangte es nicht, doch war gerührt von ihrem Wunsch.

Forschend blickte meine Gelebte mich an und strich mir das Haar aus der Stirn.

„Natürlich. Ich hoffe Ranja ist zu Hause."

Kaum hatte ich ausgesprochen, öffnete sie die Tür.

Sie trug ihr Schlafgewand und dicke Wollstrümpfe.

Scheinbar genoss sie ihre freie Zeit zu Hause.

Freudig begrüßte mich Ranja, doch runzelte die Stirn, als sie meine Geliebte erblickte.

„Warum der überraschende Besuch? Ich hab Mittagessen gekocht, aber eine Elfe kann davon nichts essen. Wenn ihr mir Bescheid gegeben hättet, dann hätte ich etwas anderes gekocht."

Ihre Stimme klang alles andere als begeistert.

Wir traten ein und ich befürchtete für einen kurzen Augenblick, Ranja würde meiner Königin die Tür vor der Nase zuschlagen.

Doch sie setzte ein hübsches Lächeln auf, das vor Falschheit nur so triefte und bat uns mit einem Winken in ihr kleines Esszimmer.

Es duftete verführerisch nach Fleischbrühe, Kartoffeln und gebratenem Speck.

Mein Magen grummelte laut. Ich war bei Vigour trotz des vielfältigen Speisenangebotes nicht zum Essen gekommen.

„Kommt setzt euch. Ich geb dir eine Teller. Iris."

Trocken wandte sie sich an Juna: „Und ihr könnt einen Apfel haben. Er ist nur ein bisschen runzlig."

Deutlicher hätte sie meiner Geliebten nicht sagen können, dass sie hier unerwünscht war.

Während Juna's Lächeln auf ihrem Gesicht gefror, warf ich hastig ein:

„Ich brauch nichts zu essen. Wir werden auch nur kurz bleiben. Danke für deine Gastfreundschaft."

Ich betonte den letzten Satz besonders deutlich. Es gefiel mir nicht, wie abfällig Ranja meine Geliebte behandelte. Juna versuchte freundlich zu sein und meine Freunde sollten ihr die selbe Ehre erweisen. Nur mir zu Liebe strengte sie sich so an. Es rührte mein Herz und ich würde sie deshalb nicht zum Ziel von Beleidigungen werden lassen.

Absichtlich zog ich meine Königin näher an mich heran und küsste ihre Wange.

„Setz dich doch. Ich werde mit Ranja nachsehen, ob wir nicht doch etwas zu essen für dich finden."

Nachdrücklich drückte ich sie auf einen Stuhl und hoffte sie verstand was ich vor hatte. Ein Gespräch unter vier Augen mit Ranja war dringend notwendig.

„Ich brauche nichts."

Juna umfasste fest meinen Arm. Nachsichtig löste ich ihre Hand von mir.

„Doch du solltest etwas essen. Wir sind gleich zurück."

Ich schickte ihr ein bedeutungsvolles Zwinkern und hoffte sie verstand mich.

Mit einem frustrierten Schnauben gab sie nach. Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Mein Plan gefiel ihr nicht. Wie die meisten meiner Pläne.

„Du hast recht. Ich brauche etwas zu essen.", murrte sie.

Erleichtert gab ich ihr einen Kuss. Ranja sollte unsere Liebe deutlich sehen. Und meine Geliebte als Teil von mir erkennen. Vielleicht fiel es ihr dann leichter, freundlich zu sein.

Ich zerrte meine Freundin in die Küche und knallte die Tür hinter uns zu.

„Du bist sauer.", stellte Ranja trocken fest.

Ruhig pflückte sie meine Hand von ihrer Schulter.

„Also ist es inzwischen wirklich so ernst zwischen euch. Ich hätte niemals gedacht, dass du dich so sehr verliebst. Es freut mich für dich. Aber deine Wahl freut mich nicht. Muss ich mich an sie gewöhnen?"

Ranja zog eine Augenbraue hoch und deutete Richtung Esszimmer.

„Sei einfach nett zu ihr. Sie versucht sich mit dir anzufreunden.", seufzte ich genervt.

Laut begann Ranja zu Lachen. Ich widerstand dem Drang ihr die Hand auf dem Mund zu schlagen, damit Juna sie nicht hörte. Mein Besuch diente aber nicht dazu, mit Ranja zu Raufen.

„Du Dummkopf. Wirklich? Wieso machst du es dir so schwer? Hättest du dir nicht einfach einen netten Drachen suchen können?"

Freundschaftlich boxte sie mir in die Seite.

„Was willst du denn mit der Königin anfangen? Du kannst sie nicht auf deine Reisen mitnehmen. Dir wird doch sicher langweilig werden in ihrem Palast."

Mit voller Überzeugung schüttelte ich den Kopf. Seitdem Juna an meiner Seite weilte, hatte ich mich nie von ihr fort gewünscht. Außerdem sperrte sie mich nicht ein. Vermutlich würde ich nicht mehr so viele Reisen unternehmen. Alles weitere konnte ich mit meiner Geliebten besprechen.

„Wir passen perfekt zusammen. Ich habe mich endgültig für sie entschieden. Ganz ehrlich, Ranja. Du wusstest es doch schon vor mir."

Meine Freundin seufzte schwer und stemme sich hoch auf die Küchenzeile. Sie ließ die Beine baumeln und runzelte die Stirn. Meine Worte gefielen ihr nicht.

„Ich wusste es. Ihr zwei habt euch seltsam benommen vom ersten Augenblick an. Aber ich hätte es mir anders gewünscht. Also was nun? Wie soll es weiter gehen? Was bedeutet diese endgültige Entscheidung für dich?"

Vermutlich konnte Ranja es sich denken. Sie war mir so oft einen Schritt voraus.

„Nun. Wir werden heiraten. Zunächst eine Drachenehe. Natürlich lade ich dich auch ein. Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich habe eine Bitte..."

Ich brach ab, weil mich meine Freundin mit offenen Mund anstarrte. Also hatte ich es doch geschafft sie zu überraschen.

„Heiraten! Jetzt schon? Ihr kennt euch gerade Mal ein paar Wochen. Wartet zumindest ein wenig. Und welche Bitte? Soll ich deine Templerin zur Hochzeit sein? Darüber muss ich noch nachdenken."

Mit der Hochzeit beschäftigte ich mich noch gar nicht. Doch Ranja war wirklich ein guter Kandidat, um bei der Trauung an meiner Seite zu stehen und mir das Eheband zu reichen.

„Nein, nein. Darüber reden wir später. Und ich habe wirklich viel überlegt. Ich möchte meine Königin heiraten, bevor sie die Geduld mit mir verliert und davon läuft. Aber zunächst werde ich gegen Vigour im Liebesduell antreten. Und ich wünsche mir dich als Schwertträgerin."


Drache und SilberWhere stories live. Discover now