Drache und Silber 136

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Als ich am nächsten Morgen erwachte, schlief Juna noch. Zusammengerollt zu einer kleinen Kugel, lugte nur ihr wilder, blonder Schopf unter der Decke hervor.

Mildes Morgenlicht fiel zum Fenster herein. Die Blutstunde war lang vorüber. Wir hatten den Abend und die ganze Nacht geschlafen.

Vögel zwitscherten in den Zweigen des Lebensbaumes und das Sonnenlicht reflektierte auf den goldenen Blättern. Normalerweise zogen wir die Vorhänge zu, damit diese frechen Sonnenstrahlen insbesondere Juna nicht beim Schlafen störten. Einer davon hatte heute mich wachgekitzelt. Ich gähnte und wandte ihm den Rücken zu.

Zwar suchte ich die Bereitschaft, mich aus dem warmen Bett zu kämpfen, vergeblich, doch es fehlte mir nicht an Kraft. Esse hatte gute Arbeit geleistet. Ich fühlte mich gesund und fit, nur etwas müde. Mir blieb nur zu hoffen, dass es meiner Liebsten ebenfalls so erging. Als ich über ihren Kopf streichelte und mit den Fingerspitzen über ihre Schläfe strich, spürte ich die warme, trockene Haut. Ein gutes Zeichen.

Um sie beim Schlafen nicht zu stören, blieb ich still neben ihr liegen, ohne sie weiter zu berühren. Obwohl ich am liebsten meinen Körper wie einen warmen Schal um sie gewickelt und sie mit meinen Armen festgehalten hätte. Der gestrige Tag wirkte nach. Es fiel mir nicht leicht zurück zu altem Frieden zu finden. An einem normalen Morgen, an dem uns keine Termine früher aus dem Bett trieben, wäre ich jetzt aufgestanden, weil ich wusste, dass der Morgen noch viel weiter voranschreiten würde, bis Juna erwachte. Dann hätte ich sie später schmollend vorgefunden, weil ich sie ganz herzlos allein aufwachen ließ.

Heute wagte ich es nicht, mich zu lösen. Als stahlen wir uns die Zeit für glückliche Momente zu zweit, die eigentlich nicht für uns bestimmt war. Vielleicht hatten wir die Zeit bereits verloren und Juna würde nach dem Aufwachen ebenso gebrochen sein, wie gestern Abend.

Der Gedanke machte mich nervös. Ich legte meine Hand auf die Schulter meiner Liebsten und überlegte sie wachzurütteln. Doch ich brachte es nicht übers Herz ihren Schlaf zu stören. Außerdem konnte weder gutes noch schlechtes passieren, solange sie schlief. Jedes Unheil verbarg sich noch in den Schatten, hinter ihren geschlossenen Augenlidern.

Eine Zeitlang döste ich vor mich hin und drückte mich eng an den schmalen Rücken meiner Liebsten. Mein Arm hing locker über ihrer Schulter.

Deshalb bemerkte ich sofort, als sie erwachte. Sie bewegte die Arme und streckte die Beine aus. Juna rieb sich die Augen und seufzte leise. Dann berührte sie meine Hand. Ein zufriedenes Lächeln erblühte auf ihrem Gesicht.

Bevor sie die Augen endgültig aufschlug, blinzelte sie ein paar Mal. Dann begrüßte sie mich endlich mit strahlend blauen Blick. Der schönste Blick der Welt. Kein Funken Dunkelheit lauerte in seinen Tiefen.

„Morgen.", wisperte ich.

„Hmmm." Juna gähnte und streckte sich ausgiebig.

„Morgen. Prinzessin.", säuselte sie.

Sie drehte sich zu mir und legte den Kopf auf ihren Arm.

„Wie geht's dir? Alles gut verheilt?"

Juna strich über meinen Arm. Mir wuchs Gänsehaut.

„Alles gut. Ich bin gesund. Esse hat das gut gemacht."

Mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte Juna meine Antwort. Sie zog an meinen Unterkleid und schob die Hand auf meinen Bauch. Vermutlich, um nach Wunden zu suchen, doch ihre Berührung schickte Wärme in Bereiche, an die ich gerade nicht denken wollte.

Sie robbte näher. Das Bettzeug raschelte.

„Ich hätte es aber lieber selbst gemacht. Ich hasse es dein Wohlergehen in fremde Hände zu legen."

Drache und SilberOnde histórias criam vida. Descubra agora