Drache und Silber 154

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Wir aßen und tranken. Tanzten, rannten, spielten und redeten mit den Besuchern der Hochzeit. Irgendwann war ich angetrunken genug, dass ich mit jedem Gespräche führte, egal ob ich die Person kannte oder nicht. Rosenwein, hieß das Zauberwort. Rosenwein, eine Spezialität der Elfen, die ich zum ersten Mal probiert hatte. Das rosig, prickelnde Zaubermittel raubte mir ebenso die Sinne, wie Birnenbier es mit Juna tat.

Als die Nacht lange schon das rot der Blutstunde verschluckt hatte, kämpften wir uns in die Büsche, dorthin, wo weiches Gras über unsere Unterschenkel strich. Junas Gesicht glühte und sie zog mich zu sich her. Wir küssten und umarmten uns, während der Nachtwind kühl über unsere nackten Arme strich. Mehr schafften wir in unserem Rausch nicht. Wir verschränkten die Finger ineinander und schliefen dicht nebeneinander ein.



„Lass sie noch schlafen.", wisperte Junas süße Stimme durch meinen Schlaf.

„Schwesterchen. Die Zeremonie zur Blutstunde beginnt. Ihr könnt euch nach dem Frühstück ausruhen."

„Reicht es nicht, wenn ich allein mitmache?"

Ein gutmütiges Lachen erklang.

„Es ist eure Hochzeit. Willst du deiner Ehefrau diesen wichtigen Bestandteil der Feierlichkeiten verwehren."

Juna schnaubte.

„Nein. Aber wir sind gerade erst eingeschlafen."

Ich streckte mich, gähnte und öffnete blinzelnd die Augen. Meine Frau kämpfte für mich. Es war nicht fair ihr das Schlachtfeld allein zu überlassen. Auf Schlachtfeldern kannte ich mich ohnehin besser aus.

„Na also. Sie ist wach."

Jae lachte wieder und Juna seufzte:

„Du hast sie ja auch aufgeweckt."

Dann beugte sie sich zu mir. Ihr süßer Duft vermischt mit einem Hauch Birnenbier kitzelte meine Nase. Weiche Lippen streichelten meine Wange.

„Morgen, Prinzessin. Letzter Tag. Bist du bereit?"

„Nicht unbedingt.", krächzte ich und meine Liebste schlang die Arme um mich.

Sie drückte mir einen Kuss auf. Eine der Perlenschnüre ihrer Blumenkrone, die sich mit ihren Haaren zu einer golden glitzernde Wolke verheddert hatte, kitzelte mich an der Schläfe.

„Und jetzt?"

„Jetzt will ich eher noch ein bisschen länger lieben bleiben."

Juna kicherte.

„Also ich versteh schon, frisch verheiratet und so, aber ich krieg Ärger, wenn ich euch nicht rechtzeitig zum Beginn der Blutstunde zum Tempel bringe. Also auf jetzt."

Wie eine empörte Großmutter, die ihren viel zu jungen Enkel bei unzüchtigen Handlungen erwischt hatte, stemmte Jae die Fäuste in die Hüften. Das Trommel seiner Zehenspitzen auf den Boden sollte uns wohl antreiben.

Juna stöhnte, ächzte, motzte und trotzdem stemmte sie sich nach oben. Meine Liebste konnte noch so sehr ihren Unwillen zur Schau stellen sie kam ihren königlichen Pflichten immer nach. Und heute galt es die letzten Stunden des Schauspiels, dass sich unsere Hochzeit schimpfte, zur Zufriedenheit aller abzuschließen.

Sie hielt mir ihre schlanke Hand hin, ich griff zu und rappelte mich dennoch selbst auf die Beine. Aber sie zog mich näher, bis ich gegen sie rumpelte. Der dünne Stoff ihres Kleides, der das Schlafen im Gras nur spärlich überlebt hatte, knisterte und ließ winzige Perlen zu Boden regnen. Nochmal küssten wir uns und schnaufte gegeneinander. Und ich wusste wieder einmal, dass ich seitdem ich sie getroffen und gewählt hatte, jeden Morgen aufs Neue die richtige Entscheidung traf.

„So, also wir können.", wandte Juna sich an ihren Bruder.

Dieser zog eine perfekte, goldene Augenbraue hoch.

„Ja, das glaubst du wohl. So sicher nicht. Wir müssen erst einmal den ganzen Dreck von euch herunter schaben, bevor wir euch irgendjemandem präsentieren können."

Dann packte er meine Liebste und schleppte sie davon. Schon wieder wurden wir getrennt. Hinter ihm stand Ama und lächelte verlegen.

„Kommt schon. Hoheit. Wir haben ein schönes Kostüm für euch vorbereitet. Ihr werdet es mögen."

Mit einem tiefen Seufzen stapfte ich ihr hinterher.

Auf dem glatten, schwarzen Leder meiner Hose hing ein silberner Schimmer. Ein weißes Hemd bauschte sich über den Saum. Nur wenig Schmuck und Tand verunstaltete die praktische Aufmachung. Ama hatte Recht behalten ich mochte meine neue Kleidung. Sie gab mir endlich die Bewegungsfreiheit zurück, die ich seit gestern Morgen vermisst hatte.

Vor dem offiziellen Tempel der Erdenmutter, im Äußeren Bereich des Palastes, trat mir meine Liebste entgegen. Im Lagen grünen Stoffes, mit Blütenblätter im Haar, wirkte sie wie eine zarte Rose. Man hatte uns hübsch zurechtgemacht und die Gäste empfingen uns mit zufriedenem Raunen. Gerade schob sich der rote Schimmer der zwei Sonnen über die Bergkette und bemalte die weiße Spitze des Tempels mit Blut.

Nun folgte ein Brauch, den die Elfen nach meinem Ansinnen als barbarisch bezeichnet hätten. Aber er stammte aus ihrer eigenen Kultur. Das Blutopfer an die Göttin.

Juna und ich traten allein in den Tempel. Von außen ein beeindruckendes Marmorgebilde fanden wir uns im inneren in einer dicht bewachsenen Höhle wieder. Die Templerin wartete vor der Statue der Mutter auf uns. Mit einem Lächeln und einem Dolch, der unheilverheißend in ihren Händen schimmerte.

„Seid gegrüßt, Hoheiten. Die Erdenmutter freut sich euer Opfer zu empfangen."

Wenigsten redete sie nicht lange drumherum. Ich fürchtete lange Reden viel mehr als die Wunde, die sich mir zufügen würde.

Juna aber drückte meine Hand und runzelte die Stirn. Ihr sorgenvoller Blick strich über mich. Es besorgte mich ein paar kleine, schwarze Punkte darin zu entdecken.

„Wir sind bereit.", sagte ich hastig, um meine Liebste von ihren ängstlichen Gedanken abzulenken. Hier drohte mir keine Gefahr. Eine Templerin die mich ein wenig pikste mussten wir beide nicht fürchten.

Wir traten vor die Statue der Mutter. Tropfen rannen über den blanken Stein und versickerten im Moosteppich auf dem Boden. Ich riss die Hand nach vorne und zerrte Junas mit mir. Die Templerin richtete unsere Handflächen nebeneinander aus, wie Opferlämmchen auf der Schlachtbank.

Meine Liebste drückte den Körper gegen meinen. Ihr Haar kitzelte meine Wange.

Der Dolch blitzte, Juna zuckte zusammen, rot und silber perlte aus einer geraden Linie und vermischte sich in unseren Händen zu einer schimmernden Pfütze. Das perfekte Opfer für die Mutter. Es versprach Glück und eine fruchtbare Ehe.

Junas Hand umklammerte meine als wir in den roten Nebel der Blutstunde hinaustraten. Die vertraute Wärme ihrer Heilkräfte brannte an meiner Haut.

„Nun. Lasst uns essen gehen.", verkündete Jae gutgelaunt. Er hatte wohl auch auf sein Frühstück warten müssen.

Während wir ihm zum Festplatz folgten, schniefte Juna neben mir.

„Alles gut?", flüsterte ich.

„Wieso kannst du nicht besser auf dich aufpassen.", rügte sie leise und drückte meine Hand.

„Hey. Diesmal hatte ich doch wirklich keine Wahl."

Sie seufzte und lehnte den Kopf gegen meinen.

„Ja. Ich weiß schon. Aber ich sehe dein Blut viel zu oft. Ich muss dich jedes Mal erneut bitten vorsichtig zu sein."

„Ich bin doch immer vorsichtig."

Meine Liebste zwickte mich in die Seite.

„Lüg doch nicht an unserem Hochzeitsfest. Was soll aus uns werden, wenn wir unsere Ehe so beginnen?"

Liebende, die aufeinander aufpassten. Ich grinste und streichelte über ihre Finger. Dann störte Jae unser Gespräch, der in Entzücken über das Frühstücksbuffet ausbrach.



Nun ist es soweit. Es wird noch ein letztes Kapitel geben, dann ist die Geschichte beendet. Aber nach dem Ende gibt es noch ein kurzes und ein etwas längeres Extra. Es ist also noch nicht gleich vorbei ^^

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