Drache und Silber 38

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Mit viel Geduld konnte ich Ama davon überzeugen, meine Haare zumindest vorerst in Ruhe zu lassen.

Meine Befehle zu befolgen, schien sie ausreichend abzulenken, um ihre Angst zu vergessen.

Doch ihr Bestreben mir eine perfekte Gehilfin zu sein, wurde dadurch nur beflügelt.

Schließlich bat ich sie, mir ein Set frische Kleidung zusammenzustellen und konnte dadurch zumindest in Ruhe zu Ende baden.

Ich wusste nicht recht, ob mich die Königin mit der Anwesenheit der kleinen Ama bestrafen, oder belohnen wollte. Zumindest hätte ich meine Ruhe dem Besuch des quirligen Mädchen eindeutig vorgezogen.

Als ich aus dem Becken heraustrat, wickelte ich mich in eines der flauschigen Tücher die Ama für mich bereit gelegt hatte und knotete es über meiner Brust fest.

Zwar machte es mir gewöhnlich nichts aus vor Anderen nackt zu sein, doch die Befürchtung die Königin könnte plötzlich hereinkommen und mich ohne das kleinste bisschen Stoff am Leib überraschen, gruselte mich zu sehr.

Mein Körper stellte mich vollkommen zufrieden. Er war gesund, durchtrainiert und bewegte sich so wie er sollte, aber ich wusste nicht wie er unter dem Blick der Elfe reagieren würde. Vor meinen inneren Auge tauchten Szenen auf, wie die Königin näher auf mich zu kam und mit ihren Händen spielerisch über meine schutzlose Haut streichelte.

Die Vorstellung trieb mir das Blut in Kopf und Nacken. Für einen Augenblick musste ich mich setzen und kräftig atmen, bis ich mich nicht mehr zu benommen fühlte, um wieder aufzustehen.

Ich brauchte die Königin nicht mehr um mich wahnsinnig zu machen, dass erledigte ich hervorragend ganz alleine.

Es war höchste Zeit mich Anzuziehen. Jetzt fühlte ich mich selbst in dem Tuch, das mich von der Brust abwärts bis zu den Knien bedeckte, nicht mehr richtig wohl.

Kaum hatte ich das Bad verlassen, hörte ich Ama von Schlafzimmer aus nach mir rufen.

Stolz hielt sie mir ein windiges Stück Stoff entgegen, als ich in den Raum trat. Er schimmerte dunkelblau silbern und knisterte, wenn er sich durch die Bewegungen ihrer Hände in Falten legte.

Ein Elfengewand. Es wies sogar das typische florale Muster auf.

„Was soll das sein?", fragte ich, obwohl ich genau wusste was Ama mir gerade präsentierte.

„Euer Gewand. Herrin. Ist es nicht wundervoll?"

Nein, dass war es nicht wirklich. Vielleicht würde es an einer Elfe sehr hübsch aussehen, doch ich hatte ziemlich praktische Ansprüche an meine Kleidung, die dieses Kleidchen nicht erfüllen konnte.

Ich wollte Hosen, die mir viel Bewegungsfreiheit ließen und Hemden, die nicht zerrissen nur weil ich eine zu grobe Bewegung ausführte.

Beides konnte dieses Gewand nicht bieten.

„Gibt es vielleicht irgendetwas anderes zum Anziehen für mich? Etwas, dass besser zu mir passt?"

Meine Fragen brachte Ama dazu mich vollkommen entgeistert anzustarren.

Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sehr zu meinem Schrecken.

„I-ich habe nichts anderes. Ich wusste nicht was Drachen anziehen. I-ich dachte, dass wäre in Ordnung."

Rasch legte sie das Kleid auf dem Bett ab und hastete zu einer der Wände. Mit einem Klopfen dagegen, öffnete sich eine Tür und gab den Weg in ein weiteres, kleines Zimmer frei.

Neugierig folgte ich dem Mädchen in eine Art großen Schrank. An allen Seiten hing Kleidung an langen hölzernen Stangen.

„Ist schon gut. Ich kann auch das Kleid anziehen, wenn nichts anderes da ist.", versuchte ich Ama zu beruhigen, die verzweifelt vor sich hin murmelnd nach etwas passenderem für mich suchte.

Eigentlich hätte ich erwarten können, dass es in einem Elfenpalast nicht unbedingt die engen Lederhosen und groben Leinenhemden gab, die ich bevorzugte. Allerdings erinnerte ich mich sehr gut an die einfachen, weißen Gewänder, die Ranja und Milanda getragen hatten.

Vielleicht konnte ich für eine Zeitlang die filigrane Elfenkluft anziehen und Ama bitten mir praktischere Kleidung zu holen.

Als ich dem Mädchen mein Vorhaben erklärte, schaffte ich es, sie damit so weit zu beruhigen, dass sie nicht mehr Weinen musste.

Mit meinen Plan einverstanden, erlaubte sie mir dennoch nicht mich alleine anzuziehen. Ich hatte keinen Nerven mehr dafür übrig, ihr die Aufgabe, die sie ganz eindeutig als ihre Pflicht ansah, auch noch zu verbieten.



Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bis Ama endlich soweit mit meinem Aussehen zufrieden war, dass sie aufhörte an mir herumzuzupfen.

Ein paar Mal hatte ich versucht ihre Mühen zu unterbrechen, indem ich sie daran erinnerte, dass die ganze Misere sowieso nur bestehen bleiben würde, bis sie mir Hemd und Hosen brachte. Doch sie blinzelte nur wieder ein paar Tränchen in ihre Augen und ich verfiel in Schweigen.

Elfen hatte eine ganz eigenartige Art ihren Willen durchzusetzen. Ich kam damit wirklich nicht klar.

„So. Ihr seit fertig. Ihr seht wundervoll aus. Herrin.", rief Ama schließlich begeistert aus. Dann deutete sie auf einen großen, goldgerahmten Spiegel an der Wand.

Sie wollte eindeutig dass ich mich anschaute und ihr Kunstwerk lobte.

Dieses Desaster konnte ich mir gut vorstellen.

Auf gewisse Weise empfand ich mich selbst als sehr gut aussehend, aber ich wusste das weiblicher Charme nicht unbedingt meine Stärke darstellte. Deshalb trug ich sehr selten filigranen Schmuck und zarte Kleider. Ich fühlte mich darin wie ein Narr, der versuchte etwas zu sein, dass er eben nicht sein konnte.

Umso mehr schockierte mich mein Anblick im Spiegel. Ich sah nicht mehr aus wie ich selbst. Aber ich wirkte eben nicht lächerlich, wie ich es befürchtete hatte.

Fast gab ich den Wunsch nach das Elfenmädchen anzuschreien, was sie mit mir gemacht hatte, doch ich biss mir auf die Lippe, um sie nicht zu verletzen.

Ama hatte eine Seite aus mir herausgekitzelt, die ich nicht unbedingt hatte finden wollen.

Aus dem Spiegel blickte mir ein weicheres, sanfteres Ich entgegen, mit einem verletzlichen Schimmer in den Augen.

Das Kleid lag um meinen Oberkörper eng an. Von meiner Taille ab, umspielten viele Lagen dünnen Stoffes meine Beine, bis hinunter zu den Zehen. Ich fragte mich wie ich verhindern sollte, nicht durchgehend auf den Saum zu trampeln.

Zwar hatte ich Ama nicht an meinen Nacken heran gelassen, doch sie hatte mir dennoch sehr vorsichtig zwei Zöpfe in die obere Schicht meiner Haare geflochten und mir eine Spange mit silbernen Blüten hineingesteckt.

Was würde die Königin nur denken, wenn ich ihr in diesem Aufzug unter die Augen trat?

Ich wollte mich so schnell wie möglich umziehen.

Unsicher wandet ich mich vom Spiegel ab.

So aufgehübscht fühlte ich mich viel zu unsicher. Meine Rüstung gewährte mir nicht nur Schutz vor Waffen, sie bot mir auch ein hartes, mentales Gerüst. Die Sicherheit, die zu sein, die ich immer war und sein sollte.

Zu meiner Identität steuerte weiblichen Reizen einen sehr geringen Anteil bei.

„Schau dass du mir so schnell wie möglich Hemd und Hosen bringst.", knurrte ich Ama barsch an.

Mit einem Aufschrei rannte das Mädchen augenblicklich davon.

Laut seufzend warf ich meinen Spiegelbild eine letzten Blick zu und funkelte es dabei wütend an.

Ich hoffte nur die Königin würde mir noch etwas länger fern bleiben.


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