Silber und Drache 65

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Ihre Frage war trügerisch. Sie ließ Raum für Interpretationen.

Doch ich glaubte daran, dass die Königin meine Grenzen akzeptierte.

„Ich schlafe gerne bei dir."

Fröhlich grinste die Elfe.

„Das ging ja einfacher als gedacht. Du liebst mich wohl wirklich."

Mürrisch schnippte ich ihr gegen die Stirn. Meine Finger berührten sie kaum, dennoch jammerte die Elfe laut. Dabei kicherte sie so sehr, dass ihr Spiel schnell aufflog.

„Als ob das jetzt noch nicht klar ist.", knurrte ich und vergrub mein Gesicht an ihrem Hals. Ich spürte ihren Puls schneller schlagen unter meinen Lippen.

„Oh nein! Frisst du mich jetzt auf."

Wie ein Schauspieler gab sie ihrer Stimme einen hysterischen Klang, während sie meinen Kopf enger an sich presste.

Die Königin beherrschte diese Spielereien zu perfekt. Von Anfang an, hatte sie eine Falle für mich ausgelegt und ich war wie ein Trottel hinein gestolpert. Trotzdem wurde ich nicht klug aus meinen Fehlern.

„Ich fress dich.", flüsterte ich. Vermutlich hörte mich die Elfe nicht.

Meine Nase an ihre duftende Haut gedrückt, schloss ich die Augen.

Kaum zu glauben, was geschehen war. Die vergangenen Tage fühlte sich an wie ein Traum. Von dem Augenblick an, in dem ich den Thronsaal meiner Geliebten betreten hatte.

Nun hielt ich sie in meinen Armen. Als vollkommen neuer Drache

Mit einem Seufzen presste ich mich noch enger an sie, berauscht von ihrer Nähe.

Was wenn ich aufwachte? Zurück im Winterstein. Ganz alleine.

„Was ist los. Alles in Ordnung. Iris?"

Die Elfe klang besorgt. Sanft flocht sie ihre Finger in mein Haar.

Müde hob ich den Kopf und musterte ihr schönes Gesicht, mit den glänzenden Augen.

Ihr liebevoller Blick brachte mich zum Zittern.

„Lass uns zu Bett gehen.", murmelte ich rau.




In den Räumen der Königin, konnte ich beinah vergessen, dass wir uns in einem Baum aufhielten. Ihr Schlafzimmer machte es mir wieder deutlich.

Knorrige Äste wuchsen als Säulen dem goldenen Blätterdach entgegen. Sie bildeten ein riesiges Bett, in der Mitte des Zimmers. Luftige weiße Vorhänge verbargen den Schlafenden vor neugierigen Blicken. Jedes Fenster öffnete sich zu einem glitzerndem Blättermeer.

In dem Moment, als sich das Portal des Zimmers hinter uns schloss, öffnete die Elfe die Schnürung ihres Kleides. Einen Moment später stand sie im winzigen, weißen Lendenschurz vor mir.

Die Königin benahm sich ganz normal. Mit einer raschen Handbewegung zu den Vorhängen, schlossen sich diese träge. Ihre Nacktheit diente nicht dazu mich zu verführen. Vielleicht versuchte sie mich daran zu gewöhnen.

Mein Herz schlug schneller. Um mich Abzulenken, schaute ich mich im Raum um.

Wieder fand ich die hübschen Zeichnungen an den Wänden. Mehrere davon zeigten mein Ebenbild. Zu meiner Überraschung variierte mein Aussehen stark und es fiel mir schwer, mich auf allen Bildern zu erkennen. Als ob der Zeichner, sich nur schwer an mich erinnern konnte.

„Brauchst du ein Schlafgewand?"

Überrascht zuckte ich zusammen. Die Elfe war hinter mich getreten und lehnte ihr Kinn auf meine Schulter. In die Betrachtung der Zeichnungen vertieft, hatte ich sie nicht bemerkt.

„Nein. Ich kann das anlassen. Es ist sehr bequem."

Geschwind löste die Königin die Schleife an meinem Rücken und schob ihre Hände unter den leichten Stoff meines Hemdes. Angenehm warm ruhten sie auf meiner Haut.

„Das ist nicht zum Schlafen gedacht. Dafür gibt es andere Kleidung. Oder du kannst dich einfach ausziehen. Es bleibt nachts schon sehr warm."

Im Winterstein schlief ich in langen Wollhemden. Nachts wurde es dort sehr kalt.

Auf Reisen behielt ich einfach an, was ich am Leib trug.

In Gegenwart der Königin war mir mein Schlafgewand eher unwichtig, solange ich irgendetwas an hatte.

„Hast du ein langes Hemd? Das genügt."

Einen Moment überlegte ich sie zu bitten, sich ebenfalls anzuziehen.

Aber ich versuchte ihre Nacktheit zu ignorieren. Im Bett würde ich sie einfach zudecken.

„In Ordnung."

Die Elfe streckten ihren Arm über meine Schulter und tippte auf eines der Bilder.

„Siehst du dir meine Zeichnungen an? Dieses hier ist schon sehr alt. Da konnte ich mich nicht mehr richtig an dein Aussehen erinnern."

Liebevoll strich sie über die Leinwand. Sie streichelte meinem Abbild über das Gesicht.

„Du hast die Bilder gemalt? Die sind sehr schön."

Begeistert drehte ich mich in ihren Armen. Als Frau, die eher in groben Tätigkeiten Erfolge feierte, bewunderte ich die feinen Künste. In meiner Kindheit hatte ich sehr zum Leidwesen meiner Mutter, mehr als ein Musikinstrument mit meinen groben Fingern zertrümmert.

Auch zum Malen taugte ich nicht.

Röte erblühte auf den zarten Wangen der Königin. Schüchtern senkte sie den Blick.

„Ich hab mich schon immer mit Malen beschäftigt. Es war meine Arbeit, bevor ich zur Königin berufen wurde. Ich mochte sie sehr. Ich hab hier ein Atelier. Ich kann es dir bald zeigen."

Eigentlich wusste ich nicht viel über meine Geliebte. Wir kannte uns erst seit ein paar Tagen.

Es gab viel zu lernen. Ich freute mich darauf.

„Ich will es mir unbedingt ansehen. Und ich möchte dir beim Malen zusehen."

„Ah. Ja."

Hastig wandte sie sich ab und ging auf eine der Wände zu, um einen Schrank zu öffnen.

Zum ersten Mal erlebte ich sie verlegen. Ihre Kunst musste ihr wirklich viel bedeuten.

„Du musst mir auch ein Bild malen.", sagte ich.

„Das tue ich."

Sie klang ein wenig überfordert. Ich unterdrückte ein Kichern.

Wie niedlich.

Zu meiner Erleichterung, kramte die Königin ein blütenweißes, ärmelloses Kleidchen aus dem Schrank hervor und streifte es sich über. Es reichte ihr bis knapp über den Po und wies filigrane Spitze an Saum und im Brustbereich auf. Mit einem ähnlichem Gewand in den Händen, kam sie zu mir zurück. Scheinbar hatte sie ihre Scham überwunden. Fest hielt sie meinem Blick stand.

Stur ließ sie mich nicht aus den Augen, als ich meine Kleidung wechselte. Ich vollzog die Tätigkeit blitzschnell, mit dem Rücken zu der Elfe.

Streng musterte sie mich und zupfte an meinem Gewand herum. Als ob ein Nachthemd perfekt sitzen musste.

Vielleicht half es ihr, sich von dem Gespräch über ihre Kunst abzulenken.

Zufrieden gab sie mir ein kleines Bussi. Dann drückte sie mir einen Kamm in die Hand. Schmal, aus dunklem Holz. Mein Geschenk an sie.

„Frisierst du mich?", fragte sie mit einem Lächeln.

Für einen Moment befand ich mich wieder in dem Holzkarren. In dem die entführte Königin, mich eingefangen hatte.

„Natürlich.", antwortete ich ihr und streichelte sanft über ihr Haar.


Drache und SilberWhere stories live. Discover now