Silber und Drache 55

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Tief atmete ich den süßen Geruch der Königin ein. Er machte mich benommen.

Deshalb realisierte ich den Inhalt ihrer Worte erst, als sie sich wieder von mir löste.

Moment. Die Königin dachte ich war im Rubinkrieg gefallen. Woher nahm sie dieses Wissen?

„Komm. Wir gehen zu meinem Lebensbaum. Ich habe dir meine Räume noch nicht gezeigt. Und dann essen wir zusammen. Das haben wir noch nicht einmal gemacht, seitdem du in meinem Palast bist."

Für die Elfe war das Thema einzige Liebe scheinbar beendete. Für mich, fing die Verwirrung erst an.

Ich ließ mich bei der Hand nehmen und über eine Treppe, ein paar Schritte entfernt, in den Garten führen. Währenddessen überlegte ich, ob ich der Königin erzählt hatte, dass ich im Krieg beinah gestorben war.

„Juna. Wann sind wir uns zum ersten Mal begegnet?"

Die Königin lachte.

„Heute bist du aber neugierig. Weißt du es denn nicht?"

Mit einem kräftigen Ruck, zog sie mich unter die herabhängenden Zweige einer Trauerweide.

„Nun. Soweit ich mich erinnern kann, haben wir uns in deinem Thronsaal zum ersten Mal getroffen. Aber jetzt glaube ich, dass wir uns schon länger kennen.", sagte ich.

Der Moment unserer ersten Begegnung, schwirrte durch meinen Kopf. Wie sie aus dem Pulk der Elfen heraustrat, stolz und schön. Der Blick der Königin fiel mir wieder ein. Schon damals war er mir seltsam erschienen. Neugierde, Verwirrung und eine Menge anderer Emotionen entdeckte ich in ihren Augen. Damals hatte ich sie nicht verstanden.

Jetzt fiel es mir wie Schuppen vor die Augen.

Wir traffen uns nicht als Fremde. Die Königin hatte mich wiedererkannt.

Fest packte mich die Elfe am Kragen und rammte mich gegen den dicken Stamm der Trauerweide.

„Ich kenne dich bereits über 300 Jahre.", hauchte sie.

Flink leckte sie mir über die Lippen. Wie ein Kätzchen.

„Und über 300 Jahre hast du mich glauben lassen, du wärst tot."

Sie lehnte die Unterarme zu beiden Seiten meines Kopfes an den Baum und presste sich gegen mich.

Ihre Augen verdunkelten sich.

„Wie willst du das wieder gut machen? So viele Jahre hab ich geglaubt, ich konnte meine einzige Liebe nicht retten."

Mit einem verzweifelten Kuss überfiel sie mich. Hilflos versuchte ich ihn zu erwidern. Es lag so viel Schmerz und Verzweiflung darin.

Entsetzt bemerkte ich Tränen auf ihren Wangen.

Die Königin zeigte mir ihre schlechten Seiten nicht oft. Selten schimpfte sie mich, oder setzte ihren Körper und ihre Magie gegen mich ein.

Unser Beisammensein wurde geprägt von ihren verführerischen Spielereien und fürsorglichen Zuwendungen.

Ich liebte diese Art. Doch eine Beziehung, in der ich nur nahm, widerte mich an.

Mit größtmöglicher Ruhe versuchte ich meiner Elfe Trost zu spenden.

Und hoffte, ich würde die Fassung bewahren.

Fest schlang ich meine Arme um sie und flüsterte:

„Aber du hast mich gerettet nicht wahr. Ich bin hier. Voller Leben."

Drache und SilberWhere stories live. Discover now