Silber und Drache 107

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Kaltes Wasser in meinem Gesicht, beruhigte meinen Herzschlag und kühlte meine Haut. Ich wusch mir gründlich die Hände. Das lenkte mich ab.

Ein leises Klopfen ertönte an der Badtür.

Natürlich kam meine Liebste um nach mir zu sehen.

Ich öffnete ihr die Türe.

Juna legte mir die Hand an die feuchte Wange.

„Was ist denn los?"

Sie klang viel zu besorgt. Ich ärgerte mich über mein Verhalten. Dumm, ohne Kontrolle, wie ein junger Drache.

„Nichts. Es ist nur...letzte Nacht..."

Frustriert brach ich ab. Wie peinlich, ihr meine ungezügelten Emotionen zu erklären.

Zärtlich flocht sie ihre Finger in mein Haar. Die Berührung half mir kein bisschen, doch ich zog ihre Hand nicht fort. Um sie nicht zu verletzen. Und weil ich es liebte, wenn sie mich anfasste.

Ich schluckte, zwickte die Augen zusammen und holte tief Luft.

„Ich will dich zu sehr. Ich denke die ganze Zeit dran.", rasselte ich mein Geständnis herunter.

Meine Wangen brannten und ich senkte den Kopf.

„Oh."

Meine Liebste zog die Hand aus meinem Haar. Die Berührung fehlte sofort.

Sie ging in die Knie, um mir ins Gesicht zu blicken.

Auch auf ihren Wangen blühte ein Hauch Röte.

„Ist das schlimm?"

Die Position gab den Blick auf ihren Ausschnitt frei. Die milchige Haut ihres Busens. Rasch zog ich ihr das Kleid bis zum Hals nach oben.

„Manchmal.", seufzte ich.

„Jetzt gerade auf jeden Fall. Ich will doch meine Familie besuchen."

Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange.

„Mein süßer Drache. Du kannst dich zusammenreißen. Ich glaube deine Familie wird dich ablenken. Und ich helfe dir."

Kichernd wandte sie sich von mir ab. Ihre Worte überzeugte mich nicht. Ihr gefiel sicher, was sie mit mir anstellte.




Juna zog sich im Schlafzimmer an, während ich den Frühstücktisch abräumte. Dabei fiel mir auf, dass ich noch packen musste.

Meine Zimmer blieben mir erhalten. Vigour hatte gleich mehrfach versprochen, dass ich immer, wenn ich wollte im Winterstein übernachten konnte.

Wohnraum gab es in dem Berg ohnehin mehr als genug. Dennoch wollte ich manches mitnehmen.

Ich durchforstete gerade die Küchenschränke nach Gegenständen, die ich einpacken wollte, als meine Liebste aus dem Schlafzimmer trat.

Bei ihrem Anblick musste ich Schmunzeln.

Wahrhaft. Sie versuchte mir zu helfen. Zum ersten Mal sah ich sie in hochgeschlossenen Kleidern.

Weil wir meine Familie besuchten, hatte sie ein einfaches Wollkleid gewählt und die kunstvolle Schürze dazu weggelassen. Der Kragen umschloss eng ihren Hals und der dicke, dunkelrote Stoff umhüllte ihre Figur bis zu den Fußspitzen. Mit ein wenig Spitze, die keck aus den Ärmeln hervor lugte, war es das einfachste Gewand, in dem ich sie bisher gesehen hatte. Bis auf die Seiden- und Wollhemden, die sie als Unterwäsche verwendete. Daran wollte ich nicht denken. Insbesondere nicht an das durchsichtige Kleidchen der letzten Nacht.

Ich schluckte schwer und brachte meine Gedanken zurück in die Wirklichkeit. Zur Kutte, die sie für mich trug.

Ein hübsches Spitzenhäubchen zierte ihren Kopf und das Haar fiel als langer, glänzender Zopf über ihren Rücken.

Sie hatte sich Mühe gegeben, mich nicht in Versuchung zu führen. Ohne Frage. Doch ihre Augen leuchteten und die Haut glänzte seidig. Ich wollte ihr Küsse auf die weichen Wangen pressen.

„Geht das so?"

Juna drehte sich, das Kleid wirbelte hoch und zeigte einen flauschigen, weißen Unterrock.

„Du bist so schön.", hauchte ich ihr zu.

Sie runzelte die Stirn.

„Das soll ich doch jetzt gar nicht sein."

Mit einem Lachen nahm ich ihre Hand. Nur ganz locker.

„Lass uns gehen, bevor die Glutstunde beginnt."

Nach einem einzigen Klopfen an der Eingangstür zum Wohnbereich meiner Familie, öffnete Rosalie die Tür. Sie strahlte mich an und zog mich in eine enge Umarmung.

„Du kommst doch noch. Wir haben schon befürchtet, du vergisst uns zu besuchen."

„Auf keinen Fall."

Bevor sie mich losließ flüsterte meine Schwester in mein Ohr.

„Mama ist hier. Sie ist wütend. Du hättest dir den Besuch besser sparen sollen. Auch wenn ich so froh bin dich zu sehen."

Dann umarmte sie Juna. Etwas steifer. Beide ließen sich schnell wieder los.

Hinter ihr hüpfte mein kleiner Neffe durch die Tür. Das dunkle Haar durcheinander und Spuren von Marmelade auf den dicken Backen. Begeistert umarmte er meine Beine.

„Hey, kleiner Mann."

Ich lüpfte in nach oben, um in sein süßes Gesicht zu blicken. Momo lachte vergnügt. Er verstummte schnell, als er einen Blick hinter mich warf und kuschelte sich an meine Schulter.

Er hatte Juna entdeckt. Die beiden waren sich bisher nicht oft genug begegnet, dass er seine Schüchternheit überwinden konnte.

„Das ist meine Freundin. Sie ist ganz nett. Sag doch mal Hallo.", versuchte ich ihn zu überreden.

Nur kurz hob er denn Blick und nuschelte:

„...lo..."

Rasch presste er das Gesicht in mein Hemd, um sich zu verstecken.

Meine Liebste lächelte.

„Danke. Ebenfalls Hallo. Momo.", grüßte sie freundlich zurück.

Als wir die Küche betraten, war es vorbei mit aller Freundlichkeit. Meine Mutter verschränkte die Arme und funkelte meine Königin wütend an.

„Hinaus," zischte sie.

„Mutter!"

Wütend setzte ich Momo ab und baute mich vor ihr auf. Dieses lächerliche Verhalten musste sofort enden. Mir blieb nicht einmal die Zeit meinen Papa zu begrüßen, bevor meine Mutter anfing zu toben.

„Du kannst bleiben. Aber diese Elfe geht sofort."

Sie spukte das Wort Elfe aus, als wäre es das reinste Gift.

„Spar dir diesen Unsinn. Du schmeißt uns gerade beide hinaus."

„Unsinn? Du willst den Feind heiraten. Das nenn ich Unsinn. Und du machst dich und deine Familie unglücklich. Das ist nur noch Irrsinn."

Sie schnappte sich das Tuch, mit dem sie eben noch über den Küchentisch gewischt hatte und hob es drohend, als wollte sie mich damit schlagen. Als kleiner Drache hatte ich öfter Schläge mit Küchentüchern abbekommen. Meistens weil meine Mutter sie gerade zur Hand hatte.

Diesmal riss ich es ihr aus der Hand und warf es zu Boden.

Ich war erwachsen, eine Kriegerin und bereit meine Liebste vor allen Feinden zu verteidigen.


Drache und SilberWhere stories live. Discover now