Silber und Drache 71

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Auf halben Weg zu meinen Räumen, schlang die Königin ihre Arme um meinen Hals und flüsterte: „Trag mich."

Ihre Finger rieben dabei gegen meine Nackenschuppen. Ich biss fest die Zähne aufeinander, um sie nicht sofort von mir zu stoßen. Eine kribbelnde Schwäche lief meinen Rücken hinab.

Sanft pflückte ich die Hände meiner Geliebten von mir.

Bevor sie sich beschwerte, lüpfte ich sie auf meine Arme.

„Halt dich an mir fest."

Mit einem leisen Schnurren kuschelte sie sich an mich und griff meine Schulter.

Sie war nicht leicht wie eine Feder, aber ich trug sie mühelos.

Nach ein paar Schritten schlief sie bereits.

Die Elfe vertrug eindeutig keinen Alkohol.

Die schlechte Gefühle von zuvor waren verschwunden. Das lange Warten hatte sich gelohnt. Meine Geliebte befand sich in meinen Armen.

Im Schlafzimmer legte ich sie in mein massives Bett aus Eichenholz. Vorsichtig lockerte ich ihre Gewänder und zog ihr Schuhe und Socken aus. Zwei dicke Wolldecken, sorgten für mollige Wärme.

Die Königin war die Kälte am Winterstein nicht gewohnt. Ich wollte nicht, dass sie fror.

Eine Minute verharrte ich und streichelte über ihre Stirn und weichen Wangen. Ich gab den Drang nach, ihre halbgeöffneten Lippen zu küssen.

Belustigt schüttelte ich den Kopf über mein Verhalten. Ich benahm mich wie ein verliebter Trottel.

Bevor ich damit begann ihr Haar zu lösen, damit es nicht zu einem wirren Nest verkam, klopfte es an der Eingangstür.

Schweren Herzens ließ ich meine Geliebte alleine und beeilte mich in die Küche zu kommen.Verwundert öffnete ich die Tür. Sie knarzte so laut, dass ich befürchtete, die Elfe würde davon aufwachen.

Eine der Wachen der Königin verbeugte sich vor mir. Seine Rüstung schimmerte blau im schummrigen Licht des Ganges. Das Visier seines Helmes hochgeklappt, musterte er mich mit dunklen Augen.

Hinter im standen zwei weitere Wachen. Stumm, in voller Rüstung.

„Herrin. Wir werden vor eurer Tür wachen halten, solange sich die Königin bei euch befindet.", teilte er mir knapp mit.

Er ließ mir nicht die Wahl. Freundlicherweise informierte er mich, dass sich die Wachen vor meiner Tür sammelten. Mir gefiel seine Gewissenhaftigkeit. Die Königin wurde gut beschützt. Dennoch erlaubte man mir, mit ihr allein zu sein. Sie musste sehr klare Befehle gegeben haben.

„Dann passt gut auf sie auf. Ich muss sie kurz allein lassen. Nachher."

Freundlich nickte ich ihm zu. Es bestand kein Groll zwischen uns.

Nach einer weiteren, kurzen Verbeugung, klappte er sein Visier herunter und wandte mir den Rücken zu.

Zwar brachte er mir keinen Hass entgegen, doch zu mögen schien er mich nicht. Solange er seine Pflicht erfüllte wie aufgetragen, kümmerte es mich nicht.

Um der Königin eine friedlichen Schlaf zu ermöglichen, befreite ich ihr Haar vom Schmuck und den Zöpfen. Behutsam lockerte ich die Strähnen mit meinen Fingern.

Die Elfe sorgte sich stets um ihre schönen Haare. Sie würde sich freuen, wenn sie nicht mit einem verfilzten Chaos auf dem Kopf aufwachte.

Nach einem raschem Kuss auf ihre Stirn, zögerte ich einen viel zu langen Moment, bevor ich ging.

Ich verließ sie ungern, aber ich hatte meinen Papa versprochen, zumindest kurz bei meiner Familie vorbei zu sehen. Meine Mutter würde ohnehin wütend sein, dass ich sie den ganzen Tag hatte warten lassen.

Der Wohnbereich meiner Familie lag auf dem selben Gang, nur ein paar Zimmer weiter. Hoffentlich würde es mir gelingen, meinen Besuch so kurz wie möglich zu halten. Noch bevor die Königin erwachte, wollte ich zurück sein.



Die Stimme meiner Mutter noch in den Ohren, grüßte ich die Wachen vor meinen Räumen und betrat die Küche.

Die nie endenden Beschwerden meiner Mutter, hatten mich bereits nach dem Essen vertrieben.

„Ich besuch euch morgen und dann bring ich eine Überraschung mit, die wird dich umwerfen. Also gönn mir jetzt Ruhe.", sagte ich, und warf genervt den Löffel in meine leere Suppenschale.

Selbst der leckere Hammeleintopf, ließ mich das Gemaule nicht länger ertragen.

Rosi, meine Schwester, sprang sofort auf, um meine Schale erneut zu füllen, doch ich schob nur sanft ihre Hand zur Seite.

„Ich seh euch morgen."

Geschwind flüchtete ich, um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, mich aufzuhalten.

Es tat mir Leid für meine Schwester und meinen Papa, aber das schlechte Gewissen wurde gedämpft durch die Vorfreude auf die Königin.

Außerdem lief ich nicht zum ersten Mal vor meiner Mutter davon.

Unsere Beziehung zueinander änderte sich nie. Heute hatte ich sie als Vorwand benutzt, den Besuch rasch zu beenden.

Ich zog meine Schuhe aus und schlich ins Schlafzimmer. Auf Zehenspitzen, um die Elfe nicht zu wecken.

Als ich mich auf die Matratze setzte, blinzelte sie müde.

„Iris.", murmelte sie und streckte ihre Hand unter der Wolldecke hervor.

Liebevoll strich ich über ihre Finger.

„Schlaf nur. Es ist sowieso schon spät. Wir können morgen baden gehen."

„Hmm."

Leise seufzte die Königin und robbte träge nähe zu mir her. Wie eine wollige Raupe.

Ich kuschelte mich zu ihr und versuchte die Arme um sie zu schlingen. Da lüpfte die Elfe die Decken.

„Komm... frierst..."

Die Kälte störte mich nicht. Im Sommer brauchte ich mich nicht zudecken. Ihr zu liebe, schlüpfte ich unter die Decke. Ich zog es vor, die Königin ohne Hindernis im Arm zu halten.

Meine Lippen gegen ihr Haar gepresst, schloss ich die Augen.

Wenn meine Familie ahnte was ich tat. Was würden sie sich denken? Und Vigour?

Im Moment zählten sie nicht. Mein Herz schlug ruhig und stetig. Wohlige Wärme erfüllte mich von Kopf bis Fuß. Zufrieden schloss ich die Augen.

Es klopfte an der Tür. Zart und besonnen.

Ich kannte diese Art zu klopfen.

Erschrocken richtete ich mich auf.

Schlaftrunken erhob sich die Königin ebenfalls. Meine Unruhe hatte sie aufgeweckt. Zärtlich legte ich meine Hand auf ihre Brust und drückte sie zurück auf die Matratze.

Sie bekam kaum die Augen auf vor Müdigkeit.

„Schlaf nur. Ich bin gleich zurück.", flüsterte ich.

Fürsorglich stopfte ich die Decke um sie herum fest.

Während die Elfe vor sich hin murmelte. Ich verstand kein Wort, doch vermutete, sie bat mich zu bleiben.

Wieder klopfte es. Diesmal ein wenig ungeduldiger.

Rasch schwang ich mich aus dem Bett.

Bevor ich öffnete, schloss ich die Schlafzimmertür. Noch zog ich es vor, dass kein Drache meine Beziehung zur Königin entdeckte. Nicht solange sie wehrlos schlief.

Bereit dennoch entdeckt zu werden, empfing ich meinen Gast.


Drache und SilberDonde viven las historias. Descúbrelo ahora