Silber und Drache 139

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In den bernsteinfarbenen Augen der Elfe glühte ein goldenes Feuer. Sie musterte mich herausfordernd. Ich hielt stur dagegen und rollte die Schultern zurück. Auf keinen Fall würde ich mich von einer schwächlichen Elfe einschüchtern lassen.

„Iris von Winterstein. Ehre euch begegnen. Viel gehört von euch.", begrüßte mich die Frau überschwänglich. Ihre Stimme klang dunkel und seidig. Typisch schönes Elfengesäusel.

Sie schüttelte wie wild meine Hand und strahlte mich an, als hätte sie nie einen besseren Moment erlebt.

Ich hatte bereits gehört, dass im Osten eine andere Sprache gesprochen wurde. Umso mehr beeindruckte mich, dass die Schwertschmiedin sich mit mir verständigen konnte. Ich hatte erwartet, einen Dolmetscher zu benötigen.

„Es ist mir ebenfalls eine Freude euch kennenzulernen."

Ich behandelte sie mit angebrachter Höflichkeit. Immerhin hatte mein Volk keinen Krieg gegen die Schattenelfen geführt und deshalb befanden wir uns auf neutraler Ebene. Auch wenn sie den alten Feinden ähnelte, sollten zwischen uns keine negativen Vorurteile bestehen.

Die Frau drückte ihre große Hand über ihr Herz.

„Ich, Sielgfried Elvira Nachtglut. Habe schöne, nützliche Schwerter euch mitgebracht."

In ihrer Muttersprache wandte sie sich zu den Jungen. Die scharfen, abgehackten Laute erweckten den Eindruck, als stauchte sie die armen Buben zusammen. Doch diese wirkten nicht verschreckt. Stattdessen sprangen sie von den Stühlen auf und begannen geschäftig in zwei großen Holzkisten herumzuwühlen, die hinter ihnen an der Wand standen. Es klirrte vielversprechend in den Truhen.

Währenddessen wandte sich Sielgfried zurück zu mir, lächelte mich an und musterte mich erneut durchdringend. Ich fragte mich, was sie über mich gehört hatte, dass ihre Begeisterung über unser Zusammentreffen nicht abzureißen schien. Ihr Verhalten irritierte mich. Vielleicht zeigte sie nur das normale Verhalten einer Schattenelfen. Manche Völker schmückten ihre Bekanntschaften mit übertriebener Freundlichkeit aus. Wie viel davon ernst gemeint war, konnte ich schwer einschätzen.

Die Jungen legten sechs längliche Bündel auf den Tisch. Jedes davon behandelten sie so vorsichtig, als wäre ein Baby in das graue Tuch eingeschlagen.

„Nun kommt. Schaut."

Sielgfried lud mich mit einer ausladenden Handbewegung dazu ein, näher an den Tisch heranzutreten. Als versuchte sie Spannung aufzubauen, ließ sie ihre Hand über den Bündeln hin und her wandern. Ich musste arg an mich halten, um nicht einfach selbst nachzusehen, was sie so unverschämt vor mir verheimlichte.

Dann deckte sie endlich die ersten Bündel auf. Zwei kurze, breite Klingen glitzerten bläulich-grün im milden Tageslicht. Die Griffe bestanden aus dunklem Eisen, dekoriert mit kunstvoll hinein geschnitzten Drachenschwingen und weiteren Smaragden.

Wie ich befürchtet hatte, sie bot mir Spielzeuge und keine Waffen an. Aus gutem Willen nahm ich eines der Schwerter hoch und wog es in meiner Handfläche. Es hatte kein Gewicht und keine Substanz. Vermutlich würde es zerbrechen, wenn ich damit an die Tischkante stieß. Zwar hatte ich bisher nicht viele Smaragdschwerter in der Hand gehalten, aber ich wusste wie eine Waffe auszusehen hatte, mit der ich einen Kampf gewinnen konnte.

Mit einem Kopfschütteln legte ich das Spielzeug zurück. Damit würde ich mich keine Sekunde länger befassen.

„Zeigt mir etwas anderes...bitte."

Ich biss fest die Zähne aufeinander, um nicht damit zu knirschen.

Wieder lächelte die Schwertschmiedin breit. Langsam ging sie mir auf die Nerven.

Drache und SilberWhere stories live. Discover now