Silber und Drache 33

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Vielleicht hatte ich mich geirrt.

Die Farbänderung hatte von einem unerwarteter Schatten stammen können, der die Königin traf.

Oder mein Blick hatte sie zu schnell gestreift und eine Illusion erzeugt.

Doch ich bildete mir ein, wirklich gesehen zu haben, wie sich ihre Augen mit schwarz umwölkten und nach einem Blinzeln wieder im Himmelblau erstrahlten.

Das Verhalten der Königin machte mich schon so wahnsinnig, dass Halluzinationen vor mir auftauchten.

„Nun. Wenn ihr das müsst, kann ich wohl nichts daran ändern", presste die Königin hervor.

Der sonst so liebliche Klang in ihrer Stimme war vollkommen daraus verschwunden. Ihre Worte wirkten anstrengt.

Mit fahrigen Fingern bürstete sie ihr Haar über ihre Schulter, als wollte sie sich ablenken.

Dann versuchte sie ein Lächeln. Es gelang ihr kein bisschen und sah eher aus wie ein Zähne fletschen.

Eigentlich hätte ich es mir nicht besser erträumen können. Ich konnte der Königin dabei zu sehen, wie sie wirklich die Beherrschung verlor.

Doch irgendwie bereitete mir der Anblick nur Sorgen.

„Juna?"

Listig wie ein Fuchs hatte sich das Wort in meine Gedanken geschlichen und ich hatte es ausgesprochen.

Ein Fehler. Ich zeigte ihr zu deutlich, dass sie es leicht mit mir hatte.

Die Augen der Königin weiteten sich, als sie ihren Namen hörte.

Auf einen Schlag wurde sie merklich ruhiger. Sie blickte mich an, als wäre ich ein Wunder.

„Iris. Könnt ihr zu mir kommen?"

Zögernd streckte sie mir ihre zitternde Hand entgegen. Für einen Moment wirkte sie so hilflos, so schutzbedürftig, dass ich schon spüren konnte, wie sich die Muskeln in meinen Beinen anspannten, um los zu laufen.

Doch ich hielt mich zurück. Wenn ich zu ihr kam, wie ein wohlerzogener Hund, dann hatte ich überhaupt nichts gelernt aus der Lektion, die sie mir erteilt hatte.

Also schüttelte ich nur den Kopf und hasste mich ein wenig dafür.

Ich konnte nicht schwach werden. Nur weil mir die Königin ihre Unsicherheit zeigte.

Vielleicht spielte sie mir wieder etwas vor. Elfen lügen. Ich durfte es niemals vergessen. Musste es mir wie ein Mantra, immer wieder vorsagen.

Allerdings fehlte ihrem Verhalten nun der Sinn, denn sie hatte alles bekommen was sie wollte.

Falls sie mich niemals angelogen hatte, alle Momente aus ihrer tiefen Zuneigung geboren worden waren und ich sie nur missverstand, dann brach ich uns Beiden das Herz.

Wie sollte ich ihr nur glauben? Wie sollte ich herausfinden, welche Seite der Königin die Echte war?

Ein nerviger Kopfschmerz begann hinter meiner Stirn zu pochen.

Das ganze hin und her überlegen machte mich schon ganz wirr.

Beim weisen Drachen.

Ich konnte meine Wut nicht durchhalten. Schon nach ein paar Stunden, begann meine Entschlossenheit zu zerkrümeln.

Also ging ich doch zur Königin, die wie erstarrt auf der Stelle verharrte, die Hand nach mir ausgestreckt. Ich packte sie an ihrem Oberarm und riss sie grob in meine Umarmung.

„Glaubt bloß nicht, dass ich euch nicht mehr böse bin", flüsterte ich ihr zu.

Schließlich konnte ich meine Rache nicht ganz aufgeben.

Die Königin antwortete mir nur mit einem leisen Seufzen.

„Ich könnte euch sogar erwürgen. So wütend bin ich auf euch.", zischte ich, während ich meine Nase in ihr Haar drückte. Sie roch so unheimlich gut.

Eng schlang sie die Arme um meine Schultern und wisperte:

„Dann tut es."

Wollte sie mich zum Kampf auffordern? Oder sich über mich lustig machen?

Ich hatte ihr noch nicht weit genug verziehen, um ihre Worte einfach so hinzunehmen.

Blitzschnell spannte ich meine Finger um ihren zarten Hals und rammte sie gegen die Wand neben uns.




Extra

„Doch. Ich glaube ich muss so böse auf euch sein",  seufzte Iris. Ihr Blick, zuvor noch überschattet von Traurigkeit, wurde eiskalt. Ich fror, als sie mich damit musterte.

Meine Iris. Hatte ich sie ganz verloren?

Sah sie nicht ein, dass ich sie nicht hatte gehen lassen können? Meine Zuneigung. Ich zeigte sie ihr so deutlich. Doch sie verstand mich einfach nicht.

Elfen logen nicht mehr, als es Drachen taten. Beinah hätte ich es ihr gesagt, doch wusste sie wollte mir nicht glauben

Wieso machte ich es mir so schwer?

Mit einer kleinen Handbewegung konnte ich Iris so steuern, dass sie mir nicht einmal mehr glauben musste.

Sie hatte keine Mittel gegen meinen Zauber.

Vielleicht wollte ich, dass sie sanft schnurrend wie ein Kätzchen zu mir kam, mich in den Arm nahm und eng an sich presste.

Oder ich konnte sie hilflos brennen lassen vor Lust.

Die Idee ihre Haut mit rotem Schimmer erblühen zu sehen und die Kälte aus ihren blauen Augen zu wischen, damit sie mich fiebrig glänzend anblickten, war zu verlockend.

Ob sie mich um Hilfe anflehen würde?

Wahrscheinlich nicht. Dafür war mein Drache viel zu Stolz.

Unwillkürlich zuckten meine Finger. Ich spürte bereits, wie sich Energie kribbelnd an ihren Spitzen sammelte.

Wenn ich die Magie jetzt bündelte und zu ihr schickte, war sie verloren.

Doch ich war es auch.

Nein, ich durfte nicht zu solchen Mitteln greifen

Wie konnte so ein Wahnsinn in mir aufwallen? Iris machte mich noch verrückt.

Sie würde mir niemals verzeihen, wenn ich sie auf diese Weise manipulierte.

„Nun. Wenn ihr das müsst, kann ich wohl nichts daran ändern", sagte ich zu ihr. Ich konnte kaum sprechen.

Denn das Verlangen nach ihr ebbte niemals ab. Die Magie, die ich gerufen hatte, wartete auf ihren Einsatz.

Nervös fasste ich nach meinen Haare und strich meine Finger hindurch, in der Hoffnung mich zu beruhigen.

Nebenbei wob ich die Energie in meinen Händen in die Strähnen ein, benutzte sie wie eine Bürste, um sie auf ein anderes Ziel zu lenken.

Iris bemerkte meine Unruhe, es war ihr deutlich anzusehen.

Das Lächeln, das ich ihr schenkte, misslang kläglich. Warum musste ich vor ihr die Fassung verlieren?

Sie würde mich nur noch mehr hassen.

„Juna."

Süß wie Honig, sprach sie meinen Namen aus. Er klang wunderschön, wenn Iris ihn sagte.

Ein wenig fremdartig, doch absolut perfekt.

Wie als hätte Iris ihn davon geblasen, legte sich mein innerer Aufruhr so schnell wie er gekommen war.

Hatte sie mir verziehen und mich deshalb gerufen?

Ich wollte Iris nur umarmen.

Denn sie war das Geschenk des Universums an mich.


Drache und SilberWhere stories live. Discover now