Silber und Drache 83

3.9K 256 35
                                    



Allein trottete ich durch die Gänge des Wintersteins, zu Vigours Thronsaal.

Die Königin hüpfte durch meine Gedanken und das Verlangen nach ihrer warmen Umarmung.

Noch immer spürte ich ihre Finger in meinem Haar und an meinem Nacken

Frech hatte sie mich immer wieder dort berührt, als ob sie beim Waschen meine Empfindsamkeit dort vergessen hatte.

Es passierte sonst nicht, deshalb kam ich ihr auf die Schliche.

Beim vierten Mal, richtete ich mich auf, um sie empört anzufunkeln. Schaum lief mir in die Augen.

Unschuldig lächelte sie und wischte mir die Haarseife von der Stirn.

Daraufhin wusch ich mich selbst.

Viel schneller als ich mir wünschte, küsste ich meine Geliebte zum Abschied und wurde von ihr aus der Tür geschoben, als ich die Umarmung nicht löste.

„Geh jetzt und komm schnell zurück. Sonst zerr ich dich direkt ins Schlafzimmer."

Zuvor hatte sie mir alle möglichen Belehrungen mit auf den Weg gegeben, insbesondere über die Anwendung von Gewalt.

Brav lächelte ich, nickte und erntete ein Stirnrunzeln.

Die Elfe glaubte mir nicht. Aus gutem Grund.




Zu meiner Überraschung, fand ich meinen König ohne Begleitung vor. Eine Seltenheit.

Er saß auf seinem Thron und starrte ins nichts, als ich hereinkam. Sein Haar zerrupft, mit einem breiten Riss in seinem Hemd, das den Blick auf seine gut trainierte Brust freigab, glich er eher einem Herumtreiber, als einem Edelmann.

„Wo ist Samuel?"

Meine Frage schreckte ihn auf. Entgeistert blinzelte er. Scheinbar hatte er weder das Klopfen, noch mein Eintreten bemerkt.

„Iris. Was tust du hier?"

Hastig schlang er seinen weiten Mantel um sich, als wollte er seine Blöße bedecken. Ich hatte Vigour in seiner Jugend oft splitternackt beim Baden gesehen. Es gab nichts mehr an seinem Körper zu verbergen.

„Ich sollte dich aufsuchen. Weil wir reden müssen. Hast dus vergessen?"

Für dieses Gespräch, hatte ich das gemütliche Beisammensein mit meiner Geliebten beendet. Ich würde mich nicht fortschicken lassen.

„Ach so. Ja. Ja. Komm nur her. Setz dich."

Völlig durch den Wind kämmte er sich das Haar glatt. In einer derartig schlechten Verfassung, fand ich Vigour nur selten vor. Das letzte Mal hatte er mir in diesem Zustand von der Liebe zur Elfenkönigin erzählt.

War das nur ein paar Monate her? Unglaublich.

Zögernd setzte ich mich auf einen der reich verzierten Holzstühle neben dem Thron, die für die Berater des Königs bereit standen. Der direkt neben Vigour, den ich jetzt beanspruchte, gehörte normalerweise Samuel. Die Abwesenheit des Junge bereitete mir Sorgen. Vigour benahm sich eindeutig nicht wie er selbst, wenn er sein Kuscheltier fortschickte.

„Wo ist Samuel?"

„Ah!"

Wie ertappt sprang Vigour auf und ballte aggressiv die Hände.

„Wieso fragst du das? Muss ich Samuel immer da haben? Er kann sich auch Mal ausruhen. Was ist schlimm daran, wenn er noch schläft?"

Ich hatte in ein Wespennest gestochen. Vigours Aufregung galt offensichtlich nicht dem Zusammentreffen mit der Königin. Meine Sorge um Samuel steigerte sich. Gestern hatte ich ihn auf dem Willkommensfest gesehen. Seitdem nicht mehr.

„Es ist nicht schlimm, wenn Samuel nicht bei dir ist. Nur ungewohnt. Geht es ihm nicht gut?"

Langsam löste Vigour die Fäuste. Forschend musterte er mich. Ein mir allzu bekannter Ausdruck stand in seinem Gesicht. Mein König versuchte ein Geheimnis vor mir zu verbergen.

„Samuel schläft.", sagte Vigour mit fester Stimme.

Ich hörte nur den Befehl keine Fragen mehr zu stellen.

Stur weiter in ihn zu dringen, würde mich nicht weiter bringen. Mein König behielt seine Geheimnisse stets für sich.

In diesem Fall warteten die Antworten bei Samuel auf mich.

Doch deswegen war ich nicht hier.

„Du wolltest mit mir sprechen. Deshalb bin ich hier. Und ich habe ebenfalls eine wichtige Botschaft für dich."

Tief holte ich Luft. Der wichtige Augenblick, für den ich mich auf diese Reise begeben hatte, war gekommen.

„Ich liebe die Elfenkönigin von Samtwasser. Ich will mir ihr zusammen sein. Deshalb möchte ich, dass du mich aus deinem Dienst entlässt."

Vigour schnaubte laut.

In einem Anfall von Wut riss er sich den Mantel von den Schultern und schleuderte ihn vor mir auf den Boden. Der Riss in seinem Hemd offenbarte mehrere tiefrote Kratzer.

„Wieso wollen mich seit gestern alle verlassen?", knurrte er.

„Nein. Ich entlasse dich nicht aus meinem Dienst. Du kannst die Königin lieben. Ich habe eindeutig gesehen, dass sie dich will und nicht mich. Aber du wirst hier bleiben. Ich brauche dich an meinem Hof."

Vielleicht hätte ich mit meiner Bitte an ihn warten sollen, bis er sich beruhigt hatte. So aufgewühlt, war er unfähig vernünftig zu entscheiden.

„Ich denke es wäre besser, wir reden später darüber. Vielleicht nimmst du ein schönes Bad, oder prügelst dich ein wenig mit den Wachen, um dich zu beruhigen. Ich werde ohnehin bleiben, bis die Königin abreist."

Mit ernstem Gesicht verstellte Vigour den Weg zur Tür. Seine Muskeln angespannt, ging er in Kampfhaltung. Die Warnung der Elfe vor Gewalt fiel mir wieder ein. Mein König ließ mir keine Wahl.

„Vigour. Das ist doch lächerlich."

Bis zum Ende wurde mein Herr niemals vernünftig.

„Was ist lächerlich? Dass ich die Drachen, die ich als meine Freunde bezeichne, einsperren muss, damit sie bei mir bleiben. Ist das nicht eher tragisch."

Er lachte bitter. Hohl hallte das Geräusch von den Wänden des Thronsaals wieder.

Samuel schlief nicht.

„Wo ist Samuel? Vigour."

Nervös leckte sich mein König über die Lippen.

„Du wirst bleiben. Willst du unter Elfen leben? Meinst du die werden einen Drache mit offenen Armen empfangen?"

Mein Herr klang wie meine Mutter.

Genervt seufzte ich.

Wieso artete mein Verlangen fortzuziehen in solchen Schwierigkeiten aus.

Wenn Vigour mich nur aus Eifersucht verprügeln würde. Dafür fand sich eine Lösung. So viele Faustschläge austeilen wie möglich.

Niemals hätte ich damit gerechnet, dass er mich um meinetwillen nicht fort ließ.

Hinter dieser Angst steckte nur Samuel. Vigour übertrug seine Gefühle für den Jungen auf mich.

„Ich werde gehen. Und ich werde unter Elfen leben. Wir beide wissen sehr wohl, dass du mich nicht aufhalten kannst. Geh jetzt bitte und kümmere dich um Samuel. Was immer du dem armen Jungen angetan hast."

Mein König trat zu mir und tätschelte mir zu meinem Schrecken die Wange. Verwirrt schlug ich seine Hand weg. Ein rätselhaftes Lächeln spielte um seinen Mund.

„Iris. Iris. Du vergisst manchmal einfach, dass ich immer noch dein König bin. Selbst wenn ich in deinen Augen nur ein unvernünftiges Kind bin. Deshalb brauch ich dich umso mehr. Ich stelle dich hiermit unter Hausarrest. Da bist du in guter Gesellschaft. Dasselbe ist Samuel passiert."

Im nächsten Augenblick füllte sich der Saal mit Wachen. Eine Vielzahl Drachen in eisernen Rüstungen, die mich umringte und mir ihre Schwerter entgegen streckten.


Drache und SilberOù les histoires vivent. Découvrez maintenant