Drache und Silber 96

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„Du willst dir so ein Spektakel antun? Du bist wirklich schwerst verliebt. Oder?"

Beinah mitleidig umarmte mich Ranja. Als wäre ich krank und bräuchte Trost. Mit beiden Händen auf meinen Schultern, hielt sie mich ein Stück von sich entfernt, um mich zu mustern.

„Nun gut. Natürlich kannst du auf mich zählen. Welche Waffen soll ich dir zusammenstellen? Vigour will sicherlich Breitschwerter verwenden."

Nun kam der Augenblick den ich fürchtete. Ich räusperte mich betreten.

„Holzschwerter. Am Besten ein langes Übungsschwert."

Ranja begann zu grinsen.

„Veräppelst du mich?"

Folgenschwer schüttelte ich den Kopf.

Sie brach in haltloses Gelächter aus. Die Hand auf den Bauch gepresst, ächzte sie:

„Warum? Ihr seid doch keine Kinder mehr. Willst du dich unbedingt lächerlich machen?"

Immer wieder bekam ich dieselbe Reaktion. Ein Holzschwert stellte für mich kein Hindernis dar. Diesen Kampf würde ich nicht auf die leichte Schulter nehmen, dazu kannte ich Vigour zu gut. Es bestand die Möglichkeit, uns auch mit den Übungswaffen schwer zu verletzen. Natürlich sagte ich es Juna nicht. Aber es ärgerte mich, dass ich durch den Wunsch meiner Geliebten ständig ausgelacht wurde.

Ich würde ihren Wunsch in Ehren halten, aber dennoch Schrecken im Herzen meiner Zuschauer wecken.

Entschlossen ballte ich die Fäuste.

„Meinst du wirklich Vigour und ich werden uns lächerlich machen, wenn wir kämpfen? Früher hat niemand über unsere Übungskämpfe gelacht."

Ranja verstummte und runzelte die Stirn.

Eine Weile schwiegen wir uns an. Dann klopfte mir Ranja freundschaftlich auf den Rücken.

„Ich such dir das beste Holzschwert, das ich finden kann. Und dann seh ich ja, ob ich vor Lachen umfalle, oder in Begeisterung verfalle. Es ist ohnehin deine Entscheidung. Du wirst schon wissen, was du tust."

Ich wusste genau was ich tat. Am Ende wollte ich mein Bestes geben, Juna und mich selbst zufrieden zu stellen.

Als wir die Küche verließen, behandelte Ranja meine Geliebte vollkommen anders. Mit freundlicher Reserviertheit, bewirtete sie meine Königin mit Tee und Keksen. Wir berichteten Ranja über die Geschehnisse der letzten Tage und verließen sie, als bereits die Glutstunde anbrach.

Vermutlich würde keine Freundschaft zwischen den Beiden entstehen, aber solange sie sich nett behandelten, machte ich mir keine Sorgen.





Der Abend verging schnell. Nach einem kurzen Spaziergang durch die belebten Stockwerke des Wintersteins, kehrten wir in meine Wohnräume zurück. Beim Abendessen erklärte ich Juna den Ablauf eines Duells zwischen Drachen und bald darauf kuschelten wir uns ins Bett. Ich versuchte rasch zur Ruhe zu kommen, um am nächste Morgen bei vollen Kräften zu sein. Wie immer schlief meine Geliebte vor mir ein. Ihr sanfter Atem wiegte mich ebenfalls in den Schlaf.

Der Morgen begann, mit lautem Klopfen an der Tür. Verwirrt schreckte ich hoch.

Ohne auf Antwort zu warten, stürmte meine Mutter in den Raum. Hinter ihr lugte Rosalie und Ranja durch die Tür.

„Du dummes, verrücktes Kind. Willst du dir alles ruinieren? Ein Liebesduell? Wirklich. Dir ist nicht mehr zu helfen. Brich es ab bevor es zu spät ist.", kreischte sie.

Ihre hohe Schimpftirade war zu viel für mich so früh am Morgen. Schwaches rotes Licht fiel zum Fenster herein. Die Sonnen gingen gerade auf.

Genervt warf ich ein Kissen nach meiner Mutter. Neben mir regte sich meine Geliebte. Blinzelnd schlug sie die Augen auf. Ich streichelte über ihr Haar und hoffte, sie würde ein wenig liegen bleiben.

Das Kissen verfehlte meine Mutter knapp. Sie stemmte die Fäuste in die Hüften.

„Du willst dir also wirklich dein Leben ruinieren. Jetzt ist der Augenblick zur Vernunft zu kommen. Danach kann ich dir nicht mehr helfen. Deine Elfe sollte sich auch über die Dummheit klar werden, die ihr begehen wollt."

Laut seufzte ich und schlüpfte aus dem Bett. Meine hysterische Mutter konnte ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Ich musste mich auf einen Kampf vorbereiten.

„Ja. Mutter. Ich will mein Leben ruinieren. Also lass mich bitte."

Kräftig packte ich sie am Arm und schob sie hinaus in die Küche.

„Warum willst du mich nur nicht verstehen? Kind."

Das Gezeter endete auch nicht, als ich ihr die Schlafzimmertür vor der Nase zuschlug.

„Tut mir Leid. Guten Morgen.", wandte ich mich an meine Geliebte, die sich verschlafen aufrappelte. Wild bauschte sich ihr Haar. Auf ihrer Wange war ein roter Abdruck. Sie schmatzte leise und wischte sich über die Augen

Dieser Anblick war alle Schwierigkeiten wert. Für ihn ruinierte ich mein Leben gerne.

Ich setzte mich zu Juna und küsste sie. Mit einem leisen Seufzen schlang sie ihre Arme um mich.

„Das war ein böses Erwachen. Denkst du deine Mutter wird sich bald mit uns abfinden?", murmelte sie mit rauer Stimme.

„Nein. Aber wenn wir in deinen Palast zurückkehren, hat sie keine Möglichkeit mehr uns auf die Art aufzuwecken.", antwortete ich wahrheitsgemäß.

Meine Königin ließ sich zurück auf die Matratze fallen und zog mich mit sich.

Zärtlich berührte sie meine Lippen. Für einen kurzen Moment versanken wir in dem Kuss. Ich vergaß meine Mutter, die Gäste, die in meiner Küche auf mich warteten und das Liebesduell, bis ich mich von ihr löste.

Ihre Finger wühlten in meinen Haaren.

„Wir müssen aufstehen.", seufzte ich schweren Herzens. „Ranja ist schon da, um mir bei den Vorbereitungen für das Duell zu helfen."

Fest verschränkte Juna ihre Hände in meinem Rücken.

„Ein Moment noch.", wisperte sie

„Jetzt gehörst du gerade mir allein. Bitte denk dran, vorsichtig zu sein. Ich weiß ihr benutzt nur Holzschwerter und ich bin dir dankbar dafür. Aber ich sehe dich lieber verlieren, als dass er dich verletzt. Denk also an mich. Du kämpfst schließlich für mich."

Ich drückte mein Gesicht an ihren Hals und atmete tief ihren süßen Duft ein. Tatsächlich kämpfte ich zum großen Teil für mich selbst. Für meine Chance ihr ebenbürtig zu sein. Kämpfen war das Einzige, was ich wirklich konnte. Deshalb wollte ich nicht verlieren.

„Ich werde vorsichtig sein. Doch ich werde dennoch versuchen zu gewinnen. Fair. Durch meine eigenen Fähigkeiten. Deshalb..."

Ich löste das Armband meiner Königin und drückte es ihr in die Hand.

„...werde ich ohne deine magischen Hilfen kämpfen. Vertraue mir. Ich passe auf. Und gib mir einen Talisman von dir, der keine Magie in sich trägt. Ich will ihn als dein Kämpfer tragen und der ganzen Welt zeigen, dass wir zueinander gehören."


Drache und SilberWhere stories live. Discover now