Silber und Drache 89

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„Er wird Leben.", sagte die Königin.

Pikiert presste sie die Lippen aufeinander und zog an Vigours Hand, die sich sich immer noch um meinen Arm schloss.

Nur langsam ließ er mich los. Er lächelte auf Samuel herunter und strich ihm liebevoll das Haar aus der Stirn.

Die Elfe führte mein Handgelenk zu ihrem Mund und presste einen Kuss darauf.

Ich schenkte ihr ein Lächeln. Frech kitzelte ich ihr Ohr, doch sie blinzelte nur müde. Es war Zeit sie von hier wegzubringen. Der Heilzauber war anstrengend gewesen.

„Vigour. Die Wachen. Schick sie jetzt fort. Lös dich von Samuel. Wie du gehört hast, geht es ihm gut."

Unwillig packte mein verzogener Herr sein Kuscheltier ein wenig fester. Er drückte ein kurzes Bussi auf die glatte Stirn.

„Vigour. Ich prügel dich hier raus, wenn ich muss. Ruf deine Wachen zurück, bevor sie mit denen der Elfenkönigin zu kämpfen anfangen. Benimm dich einmal anständig. Sie hat das Leben deines Freundes gerettet."

Der König des Winterstein blickte mich an, als wollte ich ihm sein Lieblingsspielzeug wegnehmen.

Meine Hand juckte, ihn mit der Faust niederzustrecken.

Zögernd bettete Vigour Samuel auf die Matratze und nahm sich viel Zeit ihn zuzudecken. Sorgfältig stopfte er die Decke um den schlanken Junge herum. Als er sich nach einem weiteren Kissen umsah, verlor ich die Geduld. Ich packte Vigour am Ohr.

Kräftig zerrte ich daran. Laut knurrte mein Herr und drohte mir mit der Faust.

Bevor wir uns aufeinander stürzen konnte, flog mein König im hohen Bogen vom Bett. Er landete unelegant auf dem Hosenboden. Verwundert rieb er sich die Kehrseite.

Meine Geliebte zitterte am ganzen Körper und sackte in sich zusammen. In Panik stürzte ich nach vorne und fing sie auf.

„Juna. Was tust du nur?", rief ich entsetzt. Ich tätschelte ihr die Wange. Erschöpfung stand ihr ins Gesicht geschrieben.

„Er...nervt.", brummte sie leise.

„Ja natürlich. Deshalb musst du dich nicht überanstrengen. Und noch mehr zaubern. Ich mach das schon. Ich bring dich zu mir. Jetzt gleich."

Im nächsten Moment wuchtete ich sie auf meine Arme. Ihren Kopf an meine Schulter gelehnt, seufzte die Königin leise.

Vigour rappelte sich mühsam auf die Beine.

Wütend funkelte ich ihn an. Wie gern ich ihn verprügelt hätte.

„Ich mach schon. Kein Grund so auszurasten.", murmelte er.

Oh doch. Ich hatte einige gute Gründe auszurasten.

„Du Bastard. Red nicht lang. Geh vor."

Er schlich zur Tür hinaus und ich verpasste ihm einen Tritt. Fast verlor ich das Gleichgewicht und fiel, doch ich konnte nicht widerstehen.

Die Königin schreckte überrascht auf. Rasch hauchte ich ihr eine Kuss auf das Haar.

„Alles gut. Wir können los."

Beim letzten Mal hatte sie nach ihrem Heilzauber lange geschlafen. Danach ging es ihr wieder gut. Ich hoffte diesmal auf dasselbe Mittel gegen ihre Erschöpfung. So bald wie möglich, würde ich sie in mein Bett packen, um ihr Ruhe zu gönnen.

Als Vigour seinen Wachen entgegen trat, war er wieder der Alte. Seine mächtige Stimme donnerte Befehle durch den Gang und beendete den Konflikt. Die Fronten lösten sich auf. Nur ein paar der Drachenwachen blieben zurück. Die Elfen positionierten sich hinter mir.

Kurz angebunden wandte ich mich an meinen Herrn: „Vergiss nicht was du mir versprochen hast. Ich werde dich bald wieder aufsuchen."

Ohne weitere, freundlichere Worte wandte ich mich zum Gehen. Mein Zorn ließ Verständnis für seine Taten im Moment nicht zu. So bald es meiner Geliebten besser ging, würde ich mich wieder in Freundschaft üben.




Mit sicherem, schnellen Schritt brachte ich die Königin in meine Wohnräume. Als ich dort ankam, schlief sie bereits.

Die Elfenwachen folgten mir mit etwas Abstand. Ich ignorierte ihre Anwesenheit.

Meine Eingangstür zu öffnen, bereitete mir ein paar Probleme mit der Elfe in meinen Armen. Ich bewegte mich vorsichtig und langsam, um sie nicht zu wecken.

Am Bett angekommen, war ich selbst außer Atem.

Behutsam legte ich meine Geliebte auf dem Bett ab. Dann zog ich ihre Schuhe aus und lockerte ihre Kleidung. Ihr Gürtel und die Schürze über dem Kleid, landete auf dem Boden.

Sorgfältig deckte ich sie zu.

Um ihr Haar kümmerte ich mich zuletzt. Wie schon beim letzten Mal, löste ich ihre Frisur und kämmte mit den Fingern durch die weichen Strähnen.

Auch mich überkam dabei die Müdigkeit.

Eigentlich musste ich Rosalie aufsuchen, damit sie sich keine Sorgen um mich machte.

Stattdessen kickte ich die Schuhe von meinen Füßen. Rasch schälte ich mich aus der engen Lederhose und kuschelte mich zu meiner Geliebten.

Der Rest der Welt musste warten.

Die Königin regte sich, als ich mich zu ihr legte und öffnete die Augen einen Spalt.

Zufrieden schnurrte sie und drehte sich zu mir.

„Wie geht es dir?", fragte ich.

Sie murmelte leise. Ich verstand kein Wort.

„Zauber nicht mehr, wenn du erschöpft bist. Du überanstrengst dich."

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Blind streckte sie ihre Hand nach mir aus. Bevor die Elfe mir ins Augen piksen konnte, fing ich ihre Finger und blies dagegen.

„Kannst du dir ein wenig Kraft von mir holen? Dann musst du nicht solange schlafen."

Die Idee überkam mich spontan. Wenn die Königin mir einen Teil ihrer Energie abgeben konnte, musste die Magie auch umgekehrt funktionieren.

Entsetzt riss die Elfe die Augen auf und schüttelte empört den Kopf.

„Ich erlaube es dir. Ich hab sicherlich etwas abzugeben."

Die Königin drückte ihren Finger an meinen Mund. Zu schwach zum Reden, doch meine Energie lehnte sie ab. Wie ärgerlich, dass ich sie ihr nicht aufdrängen konnte.

Fest schlang ich meine Arme um den Rücken meiner Geliebten und zog sie näher.

„Hol dir was. Komm schon. Iss mich."

Ihre Augen begannen zu glitzern. Vielleicht hätte ich meine Worte besser wählen sollen.

Mühsam versuchte sie die Hand über meinen Kopf zu heben, doch ihr Arm plumpste zurück auf die Matratze. Frustriert zog die Königin die Stirn in Falten.

Schließlich seufzte sie laut und spitzte die Lippen. Brav drückte ich ihr einen Kuss darauf.

Als sie die Augen schloss und den Kopf an meine Schulter kuschelte, streichelte ich ihr durch das Haar.

Ihr Atmen beruhigte sich. In Windeseile war sie wieder eingeschlafen.

Zum Glück ruhte sie nun in meinen Armen. Wie leicht hätten wir uns verlieren können.

Erleichtert drückte ich mein Gesicht in ihr Haar und schwelgte in ihrem süßen Duft.

Im Moment hatten wir alle Sorgen beseitigt.

Doch schon bald würde sie wieder wütend auf mich sein. Ich wusste es. Mein Wunsch an Vigour würde ihr nicht gefallen.

Schon jetzt entschuldigte ich mich leise bei ihr.


Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt