Drache und Silber 34

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Die Königin ächzte laut, als ich sie gegen die Wand drückte.

So grob war ich noch nie zu ihr gewesen. Deshalb fühlte ich mich als wäre ich wie ein wildes Biest, das aus Reflex gewalttätig wurde.

Für einen klitzekleinen Moment, wollte ich mich entschuldigen.

Frustriert schnaubte ich. Warum konnte nichts so laufen wie geplant?

Meine Finger lagen nur um ihren Hals. Ich drückte noch nicht zu. Die Haut unter meiner Hand strahlte Wärme ab. Sie fühlte sich so weich und glatt an, dass ich nur streicheln und nicht verletzen wollte.

Die Brust der Königin hob und senkte sich deutlich unter ihrem schweren Atem.

Mit feucht glänzenden Augen sah sie mich.

„Wollt ihr zudrücken?", fragte sie mich ganz leise.

Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich wusste meine Finger würden sich nicht rühren.

Ich besaß nicht die Fähigkeit ihr weh zu tun. Doch ich plante nicht ihr mein Problem mitzuteilen.

Stattdessen hoffte ich die Königin würde mich außer Gefecht setzen, meine Hand herunter zwingen, oder wenigstens um Hilfe rufen.

Scheinbar hatte sie sich aber dazu entscheiden, sich an der Wand nur etwas zurecht zu ruckeln, um eine bequemere Lage zu finden. Dann lehnte sie den Hinterkopf zurück und funkelte mich an.

„Wollt ihr jetzt zudrücken?", fragte sie wieder, als ob sie sich nichts mehr wünschte.

„Moment noch.", knurrte ich sie an.

Ich war einfach noch nicht soweit. Vielleicht in ein paar Jahren.

Die Königin streckte sich nach vorne und testete dabei die Unnachgiebigkeit meines Griffs. Dann blies sie mir in die Haare auf meiner Stirn.

Überrascht stolperte ich zurück und ließ sie frei.

Besiegt von einem Atemhauch. Das war mir noch nie passiert.

Meine Handgelenke wurden ergriffen und die Königin drehte mich mit Schwung von der Wand weg.

Verzückt strahlte sie mich an. Warum auch immer sie darüber in Verzückung geraten sollte, dass ich versucht hatte sie zu erwürgen.

Diese Schlacht hatte ich auf jeden Fall verloren.

Trotzdem riss ich meine Hände aus den Ihren. Es gab keinen Grund sich unnötig zu berühren.

„Wo sind also meine Räume?"

Verlegen versuchte ich mich aus dieser Situation mit einer Frage zu befreien, bevor die Elfe mich, mit der Unfähigkeit meine Drohungen wahr zu machen, aufziehen konnte.

Wie ein Lichtstrahl erhellte das Lachen der Königin den Flur. Ihren Unruhe von zuvor hatte sie zum Glück überwunden.

„Folgt mir. Gleichzeitig kann ich euch Teile des Palastes zeigen, damit ihr euch hier ein wenig auskennt. Man kann sich hier sehr leicht verlaufen."

Und wieder nahm sie meine Hand und zog mich mit erstaunlicher Kraft mit sich.

Mit einem Seufzen gab ich auf. Zumindest für den Moment. Nichts hatte sich geändert. Sie brachte mich immer noch dazu, genau das zu tun, was sie wollte. Nur diesmal wusste ich, diese Art war kein bloßer Charakterzug. Ihr Verhalten wählte sie bewusst.

Vielleicht aus schönen Gründen, vielleicht aus hässlichen.

Ich wusste es noch nicht sicher.




Die Königin führte mich über den Weg, den ich hergekommen war, zurück in die prächtigen Palastanlagen.

Währenddessen kamen uns eine Vielzahl von Elfen und Elfenhalblinge entgegen. Den Meisten davon fielen beinahe die Augen heraus vor Überraschung, als sie uns sahen. Manche verbeugten sich, oder knicksten hastig, Andere standen wie erstarrt, mit offenen Mündern.

Eine kleines Mädchen, ein Elfenhalbling mit knallroten Locken, zupfte ihre Mutter am Rock und zeigte mit dem Finger auf mich.

„Mama. Das ist keine Elfe. Mama. Warum hält die Königin mit ihr Händchen?", rief sie ganz aufgeregt, mit ihrem quietschenden Stimmchen.

Ich lächelte sie freundlich an und sie versteckte erschrocken ihr Gesicht im Rock ihrer Mutter.

Die Königin ignorierte den Trubel, als wäre sie ihn gewohnt. Nur zweimal schickte sie Grüße an Elfen in feinen Gewändern, die uns entgegen kamen.

Auch diese starrten eindeutig besorgt auf die Hand, mit der die Königin mich festhielt.

Sofort versuchte ich den Griff zu lösen, doch sie packte mich nur noch fester.

„Es ist alles in Ordnung. Iris."

Sie warf mir einen kuren Blick über die Schulter zu und grinste frech.

Auf einmal hüpfte sie auf eine der etwa hüfthohen Mauern hinauf, die die mächtigen Säulengänge vom Garten abtrennten.

Verwirrt beobachtete ich sie dabei. Im Moment sah es so aus, als half ich ihr dabei über die Mauer zu balancieren. Irgendwie gab mir die Vorstellung ein friedliches Gefühl. Als wären wir zwei Kinder, die ganz natürlich miteinander spielten, ohne darüber nachzudenken, welcher Rasse wir beide angehörten.

„Wir müssen durch den Garten. Es ist kürzer, wenn wir hier entlang gehen. Passt auf. Auf der anderen Seite geht es ein Stück weiter nach unten. Kommt also erstmal hoch und dann springen wir gemeinsam."

Scheinbar spielten wir wirklich.

Leichtfüßig sprang ich ab. Ich spürte wie mich die Königin hinaufzog, doch die Hilfe hatte ich nicht nötig. Sie sorgte nur dafür, dass ich noch ein wenig höher flog, um dann wie ein Vogel im Landeanflug zu fallen. Sicher landete ich auf der schmalen Mauer auf den Zehenspitzen.

Drachen vermissten ihre Flügel immer, seitdem unsere Rasse sie vor tausenden Jahren verloren hatte. Deshalb mochten wir alles, was dem Fliegen nur in kleinster Weise ähnelte.

Am Liebsten wäre ich gleich nochmal auf dieselbe Weise auf die Wand hinauf gesprungen.

Hinter der Mauer lag der Garten etwa zwei Meter tiefer.

Ein Meer aus Blumen, in den unterschiedlichsten Farben, kleine wildwachsende Büschen und langen Gräsern erstreckte sich unter uns.

Ein wenig entfernt von uns, breitete eine mächtige Eiche ihre dicken Äste weit von sich. In ihrem dichten Blätterdach flitzten Eichhörnchen von einem Zweig zum Anderem.

Ein Bachlauf, der sich um den Stamm des Baumes herum schlängelte, glitzerte in der Sonne.

Auf Trampelpfaden wanderte die Elfen geruhsam umher und setzten sich zur Rast auf weißen Marmorbänken.

Beinahe betäubt von den vielfältigen, schweren Gerüchen der Pflanzen, blickte ich die Königin an, die mich betrachtete, wie ich den Garten, bezaubert und friedlich.

Sie log mich nicht an. Konnte ich mich so sehr in ihr täuschen?

„Seid ihr bereit?", fragte die Elfe und drückte meine Hand dabei fest.

Ich nickte. Dann sprangen wir hinunter in den Garten.


Drache und SilberWhere stories live. Discover now