Drache und Silber 28

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Schon bald schimmerte die weißen Mauern des Palastes durch die Bäume.

Der Wald lichtete sich zu einer weiten, grasbewachsenen Fläche, auf der der Prachtbau schimmernd im roten Licht der Glutstunde thronte. Im Schein der untergehenden Sonnen, schienen seine Wände zu brennen.

Die gewaltigen Statuen der Elfenhelden, blickten uns mit leeren Augen entgegen, als wir den Weg zum Eingangstor hinauf ritten.

Das Äußere des Palastes passte nicht zum Wesen der Königin. Es wirkte zu starr, gewaltig, beinah kriegerisch.

Dem Gebäude fehlte die Verspieltheit und Weichheit in seinen Formen, die natürliche Element, die die Elfen so liebten und ein gewisser Hauch von Magie.

Wahrscheinlich ähnelte die hohen Mauern, mit den eckigen Zinnen, einer Festung, weil dieses Herrschaftshaus als solches erbaut worden war.

Konnte ich im Moment auf ein Relikt eines Krieges blicken, erschaffen um die Bewohner vor der größtmöglichen Gefahr zu schützen?

Die Innenräume des Palastes boten den krassen Gegensatz zu dem was ich sah. Sie entsprachen genau der Königin. Zumindest die Hallen und Gänge, die ich gesehen hatte.

Die Elfe hinter mir, die von mir abgerückt war kaum dass wir aus dem Wald hinaus gerieten kamen, schwieg schon seit einer geraumen Weile.

„Wir sind da. Ihr seid zu Hause," teilte ich ihr das offensichtliche mit, doch sie sprach nach wie vor nicht.

Stattdessen hörte ich nur ein leises Seufzen.

Vor dem großen Eingangstor wartete ein Empfangskomitee auf uns. Fünf Elfen in ähnlich filigranen Gewänder wie die der Königin, es waren wahrscheinlich Adelige, und ein Haufen Wachen in bläulich leuchtenden Rüstungen.

Die vielen Personen vor dem Tor, die uns allesamt entgegen blickten, verwunderten mich. Eigentlich kamen wir unangemeldet, doch ich hegte den Verdacht, die Königin hatte weit mehr Kontakt mir ihren Gefolge gehalten, als ich geahnt hatte.

Ich kannte mich mit Magie nicht aus, aber jeder wusste, dass mit dieser besonderen Macht vieles zu schaffen war, was normalerweise als unmöglich galt.

„Seht ihr. Eurer Hofstaat wartet bereits auf euch."

Die Königin sah die vielen Elfen natürlich selbst. Doch in unseren letzten gemeinsamen Minuten hatte ich das Bedürfnis mit ihr zu reden.

Wieder hörte ich ein Seufzen, dann sagte die Königin ernst:

„Nun ist es also soweit."

Mit ein wenig Abstand zu den Wartenden vor dem Tor, zügelte ich mein Pferd.

Die Wachen standen ruhig wie Steinfiguren, doch die Fünf in prächtiger Kleidung, tauschten leise Worte aus. Ich konnte sie nicht verstehen, doch ich konnte mir Vorstellen, dass diese Gespräche nicht positiver Natur waren.

Die Königin unterschied sich in ihrem Verhalten uns gegenüber deutlich von ihren Untergebenen. Drachen und Elfen scheuten einander. Vermutlich würde es noch lange Zeit so bleiben.

Mit diesem Gefolge hatte ich nichts zu schaffen. Meine Sorge galt nur der Königin. Deshalb war ich froh sie in freundliche Hände abgeben zu können.

Nach wie vor saß die Elfe auf meinem Pferd, als überlegte sie noch, ob sie absteigen wollte.

„Soll ich euch vom Pferd helfen," fragte ich, obwohl ich wusste, dass sie meine Hilfe nicht nötig hatte.

Ein emotionsloser Blick traf mich. Ihr Gesicht schien auf einmal wie zu Stein erstarrt, als wollte sie verhindern, dass ihre Gefühle nach außen drangen.

Drache und SilberWhere stories live. Discover now