Silber und Drache 115

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Die Tage füllten sich mit Terminen. Wir rannten vom Blumen pflücken, zum Tanzen, bestickten das heilige Band, das uns am Hochzeitstag um die Hände gewickelt wurde und pflanzten einen neuen Lebensbaum. Dazwischen arbeiteten wir die ganze restliche Palette elfischer Hochzeitstraditionen ab.

Und weil wir scheinbar immer noch zu viel Zeit hatten, verlangte das Protokoll, dass wir uns ebenso um die Tradition der Drachen bemühten. Damit der zerbrechliche Frieden zwischen den zwei Reichen, durch eine Missachtung einer der Rassen nicht gefährdet wurde.

Jeden Tag fanden Festlichkeiten statt, an denen reichlich gegessen und getrunken wurde um die zahlreich eintreffenden Gäste würdig zu Begrüßen.

Abends fielen wir erschöpft in unser Bett und schliefen ein, nach einem raschen Kuss.

Ein paar Tage vor der Hochzeit reiste Junas Mutter an. Ein Treffen vor dem mir graute, auch wenn mir meine Liebste und ihr Bruder versprachen, es gab nichts vor dem ich mich fürchten musste.

Doch die Reaktion meiner eigenen Mutter saß in meinem Kopf und zeigte mir das schlechteste Szenario. Immer wieder, bis ich kurz davor war das Treffen abzusagen.

Um einen guten Eindruck zu machen, zog ich mir Elfenkleider an. Filigrane Hosen bestickt mit Blumen und ein einfaches Hemd, aus dem knisterten, dünnen Stoff, den die Elfen so sehr liebten.

Ich zerriss das Kleidungsstück kurz bevor ich den Raum betrat, in dem die Mutter auf mich wartete und geriet in Panik.

Meine Liebste begrüßte einen Botschafter aus der Hauptstadt und stieß deshalb erst später zum Treffen dazu. Einer Pflicht, der sie nachging, weil ich ihr versprochen hatte allein zurechtzukommen.

Jae, Junas Bruder, der seiner Schwester versprochen hatte, nicht von meiner Seite zu weichen, reparierte den Riss mit einem kleinen Zauber. Beruhigend klopfte er mir auf die Schulter.

„Du machst das schon. Keine Sorge. Meine Mama ist eine sehr freundliche Frau. Sie wird dich mögen, weil du Juna glücklich machst."

Entschlossen nickte ich ihm zu, dann klopfte ich leise.

„Komm nur herein."

Die Stimme, der meiner Königin so ähnlich. Aufgeregt wischte ich die schweißigen Hände an meiner Hose ab. Die Tür öffnete sich vor mir.

Am Fenster saß eine Frau. Ihr langes, blondes wallte lose über ihre Schultern. Im ersten Moment meinte ich Juna säße vor mir, die bei einer Tasse Tee und Desserts auf mich wartete.

Ich hatte schon lange nicht mehr mit meiner Liebsten in Ruhe Tee getrunken.

Dunkle Augen im vertrauten Gesicht. Ein sanfterer Ausdruck auf den schönen Zügen. Fremdes Lächeln.

Das weite, blaue Gewand mit silbernen Schnallen verlieh ihr ein elegantes Aussehen.

Sie hob die Hand und winkte mich zu sich. Brav folgte ich der Aufforderung und stellte mich vor sie. In Seelenruhe musterte sie mich. Ihr Lächeln blieb bestehen. Freundlich nahm sie meine Hände.

„Du bist also Iris. Was für ein schönes Kind du bist. Du strahlst."

Verlegen fehlten mir die Worte. Ihr zu widersprechen war zu unhöflich.

„Meine Kinder haben mir viel von dir erzählt. Mir ist als kenne ich dich bereits viel zu gut dafür, dass wir uns das erste Mal sehen. Aber was rede ich und du stehst hier rum. Setzt dich. Kind. Und du auch Jae. Mein Sonnenschein. Setz dich zu uns."

Immer noch wortlos setzte ich mich und ließ mir Tee einschenken. Jae umarmte und küsste seine Mutter auf beide Wangen und setzte sich neben sie.

Ihre Freundlichkeit überrumpelte mich. Sie schien mich zu mögen. Einfach so. Vom ersten Augenblick an.

„Hast du dich denn gut eingelebt hier? Ist sicher nicht einfach als Drache im inneren Palast eines Elfenreiches zu leben. Ich hätte euch ja nach Hause zu mir eingeladen. Aber mein Juna-Mäuschen muss hierbleiben."

„Ich komme gut zurecht hier. Keine Sorge.", krächzte ich.

Verlegen nahm ich einen hastigen Schluck Tee.

Junas Mutter kicherte, ganz genau wie ihre Tochter.

„Nun das ist gut. Aber wie unhöflich von mir. Ich hab mich gar nicht richtig vorgestellt.

Mein Name ist Kathlin Rina Sua Armelle von Silberwald zu Grüngrund. Du kannst mich Armelle nennen."

Sie stand auf, beugte sich zu mir und nahm mich in den Arm. Sie roch nicht so wie ihre Tochter. Blumiger, schwerer und beruhigend. In ihren Armen verlangsamte sich mein Atem und ich wollte mich an sie kuscheln, während sie mir Geschichten vorlas und das Haar streichelte.

Ein ungewöhnlicher Wunsch. Normalerweise hegte ich Fremden gegenüber mehr Skepsis.

Ihre Ähnlichkeit zu meiner Liebsten verwirrte meine Sinne. Sie gaukelte mir vertrauen vor, wo ich noch keines haben sollte. Dennoch schloss ich Armelle in mein Herz. Dankbarkeit erfüllte mich, dass sie mich so fair behandelte. Nichts hinderte sie daran mich abzulehnen, wie meine Mutter es gegenüber Juna tat. Ich wäre nicht einmal böse. Fast schämte ich mich noch mehr, dass sich meine Mutter so danebenbenahm.

„Ich habe mit meinem Mäuschen gesprochen. Sie hat mir viele Briefe geschrieben. Ich weiß genau wie glücklich du sie machst. Ich hätte nie gedacht, dass sie dieses Glück finden kann. Dafür bin ich dir so dankbar. Iris von Winterstein. Glaube mir. Ich betrachte dich als festen Teil meiner Familie."

Sie malte ein Symbol auf meine Stirn, bevor sie mich losließ. Es blieb als Wärme auf meiner Haut zurück. Das Ritual kannte ich nicht. Keine Elfe hatte bisher meine Stirn auf diese Art und Weise berührt.

„Danke."

Immer noch fiel es mir schwer zu sprechen.

Armelle lächelte mich an.

Ein gefährliches Funkeln trat in ihre Augen. Ich kannte den Ausdruck vom Gesicht ihrer Tochter.

Wir schwante nichts Gutes.

„Ich weiß ihr feiert erst Hochzeit, aber wir wissen alle, dass die Erdenmutter nicht so bereitgiebig schenkt wie früher. Deshalb ist es nie zu früh über Nachwuchs nachzudenken. Ich werde euch mit allen mir verfügbaren Mitteln dabei helfen Fruchtbarkeit zu erlangen."


Drache und SilberWhere stories live. Discover now