Silber und Drache 99

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Vigour ließ sich Zeit.

Sein Schwertträger überprüfte seine Rüstung gründlich. Er brachte eine Reihe Schwerter, die der König von Winterstein nacheinander in die Hand nahm. Ein paar Schwünge, Hiebe in die Luft und er schickte den Burschen weitere Waffen holen.

Er wollte mich zermürben, doch ich wartete geduldig.

Endlich entschied er sich für ein Breitschwert aus hellem Holz.

Sein Rüstung glänzte golden. Wie immer schritt er höchst ansehnlich in den Kampf.

Auf seinem Helm thronten zwei Drachenschwingen, verziert mit grünen Edelsteinen.

Selbstsicher kam Vigour auf mich zu. Bevor er das Visier herunter klappte, grinste er mich frech an.

Dieser Kampf würde uns beiden Spaß machen.

Erneut ertönten Fanfaren. Der Hofnarr brüllte:

„Lasst den Kampf beginnen."

Das Publikum jubelte.

Aufgeregt fasste ich mein Schwert fester. Ich war bereit. Vor ganz Winterstein würde ich meine Liebe beweisen.

Wir belauerten uns. Tänzelten im Kreis. Keiner wollte beginnen.

Vigour wagte einen Ausfallschritt nach vorne. Spielend leicht parierte ich. Noch testete er mich nur.

„Willst du, dass ich einschlafe? Bastard.", spottete ich.

Beleidigungen gehörten zu jedem guten Drachenkampf dazu.

„Ich will dir nur keine Angst einjagen. Feigling.", brüllte Vigour.

Die Zuschauer johlten. Sie verstanden unseren Wortwechsel nicht, aber der Hofnarr übersetzte für sie.

Er nahm sich dabei viele Freiheiten. Ich hatte Vigour niemals als stumpfsinnigen Ochsen beschimpft.

Herausfordernd schwang ich das Schwert und ließ meine Seite absichtlich ungedeckt, um meinen Gegner zu reizen. Er fiel nicht auf meine Falle herein. Stattdessen lachte er laut.

„Gib dir ein wenig mehr Mühe. Iris."

Noch war mehr Einsatz nicht notwendig. Der Kampf sollte ohnehin nicht zu früh enden. Insbesondere weil wir Holzschwerter benutzten, verlangte es besonderes Geschick. Das Ziel im Blick, unser Publikum zum Staunen zu bringen, vollführte ich einen kunstvollen Sprung. In der Luft drehte ich mich um die eigene Achse und verfehlte Vigour beim Landen. Genau wie erwartet.

Erschrockene Schreie tönten von der Tribüne.

Der König hieb auf mich ein, als ich mich vom Boden aufrappelte. Ich schwang mein Schwert über meinen Kopf und stieß ihn fort. Hastig überwand ich die Distanz zu ihm und wir rammten die Klingen aneinander.

Splitter stoben. Sie bombardierten meinen Helm.

Vigour lachte. Er hatte seinen Spaß.

Mit schnellen Schlägen brachte ich ihn zum Zurückweichen.

Mein Herz raste. Es schoss mein Blut wie Feuersbrünste durch meine Adern. Ein seltenes Glück, auf einen ebenbürtigen Gegner zu treffen.

Wir hielten uns mit den Waffen auf Abstand. Knirschend rieben die Hölzer übereinander.

Mein Schwert brach.

Erschrocken stolperte der König nach vorne.

Das Holz bohrte sich unter der Kraft die Vigour ausübte in meine Schulter, zwischen die Glieder der Rüstung. Doch kein Schmerz bremste mich, als ich mich zur Seite warf. Dieser Kampf endete nicht jetzt.

Drache und SilberWhere stories live. Discover now