Drache und Silber 100

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Zu jedem Drachenduell gehörte ein ordentliches Bankett.

Hand in Hand schritt ich mit meiner Geliebten in den Festsaal. Das Publikum jubelte uns zu.

Ein paar Buhrufe erstarben im Tosen der begeisterten Massen.

Ranja und meine Familie stolzierte hinter uns. Nur meine Mutter war nicht gekommen. Mein Sieg konnte sie nicht umstimmen.

„Läuft besser als erwartet? Nicht wahr?"

Juna drückte meine Hand fester.

„Wirklich. Liegt vermutlich daran, dass im Wintersteins sehr viele Drachen leben, die den Rubinkrieg nicht erlebt haben."

„Mir solls nur Recht sein. Du hast mich erobert, mein starker Drache.", hauchte Juna und drückte mir ein Bussi auf die Wange.

Das Kreischen der Menge schwoll an und legte sich wieder.

Meiner Königin schien die Reaktion außerordentlich gut zu gefallen, denn sie küsste mich ein weiteres Mal.

Meine Wangen glühten und ich senkte beschämt den Blick. Zuvor, in der Euphorie des Kampfes, hatte mir die öffentliche Zuwendung wenig ausgemacht. Nun schämte ich mich. Aber ich trug die Scham wie eine Medaille. Endgültig hatte ich mir das recht erworben von dieser Frau geliebt zu werden. Ich würde nicht davor zurückschrecken.

Wir wanderte an die Spitze der Tafel, die unter der Last der Speisen beinah zusammenbrach. Vigour wartete bereits auf uns. Stolz blickte er uns entgegen, als hätte er das Duell gewonnen.

„Ich begrüße herzlich den Gewinner des Liebesduells an meiner Tafel. Du hast wahrhaft tapfer gekämpft und das Herz deiner Liebste mehr als verdient. Setze dich Iris von Winterstein. Genieße das Mahl nun als Gast und nicht mehr als meine Untergebene."

Breit grinste er mich an. Er gab mir genau was ich erhofft hatte. Ein freundschaftliches Auseinander gehen.

Ich grinste zurück und klopfte ihm auf die Schulter.

„Und lasse mir bald die Einladung zu Hochzeit zukommen, denn ein freudiges Ereignis wie dieses muss groß gefeiert werden. Es ist eine weiterer, wichtiger Schritt um endgültig Freundschaft zwischen den Drachen und Elfen zu schaffen."

Seine feierlichen Worte lösten erneut laute Jubelrufe aus. Von allen Seite ertönten der Ruf, „Der große Drache schenkt und schützt."

Ein Wunsch des reinen Glücks, wohlgemeint auch von Vigour. Doch bisher hatte ich die Neuigkeiten über die Hochzeit noch nicht mit vielen geteilt. Verlegen erwiderte ich den Blick meines Vaters, der ihn freudig, aber mit einem Stirnrunzeln erwiderte.

Meine Mutter würde ausrasten.

Juna drückte meine Hand erneut und lächelte mich zuversichtlich an, als ich mich zur ihr wandte.

„Jetzt kannst du nicht mehr flüchten. Du musst mich heiraten."

Leise kicherte sie. Ich streckte ihr die Zunge heraus, bis mir wieder einfiel, dass wir uns im Zentrum der Aufmerksamkeit befanden.

Meine Königin war daran gewöhnt. Sie ließ sich von den vielen Gaffern nicht beeindrucken. Sanft führte sie die Hand über meinen Rücken, malte Kreise und drückte sich an meine Seite.

„Ich lass dich auch nicht fort."

Verlegen senkte ich den Kopf wegen ihrer Worte.

„Ich wäre jetzt so gern allein mit dir. Aber wir können nicht gehen. Oder? Es ist dein Bankett.", wisperte Juna.

Vigour donnerte die Antwort, ohne ihre Frage gehört zu haben.

„Setzt euch. Esst. Lasst uns Feiern. Mit unseren Ehrengästen."

Wir folgten seiner einladenden Bewegung und setzten uns zu ihm ans Ende der Festtafel.

Der Geruch der deftigen Speisen stieg mir in die Nase. Ganze Braten, die vor Soße trieften, glänzendes Aspik, dampfende Eintöpfe und Körbe mit Bergen an Broten und Gebäck übersäten den Tisch.

Bevor ich mich selbst bediente, reichte ich meiner Königin eine Schüssel mit frischem Obst.

Sie lächelte dankbar und nippte an ihrem Becher mit Birnenbier. Hoffentlich würde sie dem Alkohol nicht wieder zu sehr zusprechen.

Das Bankett gab mir einen Aufschub, nicht nur von meiner Abreise, den Umzug, den ich ein wenig fürchtete, es ließ mir auch Zeit über die Gespräche, die ich führen musste, nachzudenken. Vorallem über das mit meiner Mutter. Am Liebsten hätte ich es verschoben und mich schon direkt nach dem Essen durch das Schattentor davon gestohlen. Dieser Art von Feigheit ließ ich mir nicht. Sie verschlimmerte meine und Junas Lage nur und nahm uns die Chance jemals mit meiner Mutter auszukommen. Im Festsaal war sie nicht zu sehen. Meine Mutter schmollte.




Der Abend schritt voran und die Schüssel und Platten leerten sich. Die Becher mit Birnenbier blieben stets gut gefüllt. Wie Schatten huschten Dienstboten mit Krügen durch die Halle und gossen kräftig nach.

Die Königin lehnte den Kopf an meine Schulter und verschränkte ihre Finger mit den Meinen.

Mit gläsernen Blick und in rot getünchten Wangen, blickte sie zu mir auf. Mein Herz schlug schneller. Schüchtern schob ich meinen Arm um ihre Schultern.

„Machen wir das da. Prinzessin. Da.", nuschelte Juna.

Mit wackligen Fingern zeigte sie auf Vigour ein paar Plätze entfernt von uns.

Er küsste Samuel. Der Junge riss in Panik die Augen auf, drückte Vigour aber nicht von sich. Stattdessen krallte er die Finger in seine starken Arme und schloss die Augen.

Also geschah es wirklich. Vigour holte sich endlich genau das, was er brauchte. Samuel tat mir beinah Leid. Sein Wunsch ging in Erfüllung, doch in Zukunft musste er mit diesem verzogenem Drachenkönig nicht nur als besten Freund auskommen.

Vigour würde den Jungen sicherlich auf Händen tragen und ihn weiterhin als Kuscheltier missbrauchen.

Flinke Hände rupften an meiner starren Lederrüstung.

„Wie kannst du das tragen? Die Schnallen. Dumme Schnallen.", schimpfte die Königin.

Sie lallte die Worte. Ihre fahrigen Bewegungen verhinderten, dass sie mir meine Rüstung stahl.

Zum Glück.

„Wie viel Becher Bier hast du denn getrunken?"

„Zieh das aus. Iris."

Ungeduldig zerrte sie an dem dicken Leder meiner Weste.

Hastig fing ich ihre Hände ein und drückte einen sanften Kuss darauf.

„Lass uns gehen...Liebste."

Hitze erblühte auf meinen Wangen. Ich zog Juna vom Stuhl hoch und spannte stützend meinen Arm um ihre Schultern.

Die Königin ließ sich gegen mich fallen und lachte verzückt.


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