Drache und Silber 130

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Armin trat mit voller Absicht in meinen Weg. Er musterte mich abwertend und grinste widerlich.

Sicherlich verglich er uns in seinem Kopf und teilte mir seine Bewertung mit seinem angewiderten Gesicht mit. Seine Hochnäsigkeit kannte keine Grenzen. Wie leicht wäre es, ihn mit einem einzigen Schlag niederzustrecken. Zuzusehen, wie er seinen feine Kleidung an den groben Wurzeln zerriss, während er sich vom Boden aufrappelte und Erde und Gras aus seinen kunstvollen Locken schüttelte, konnte meinen Tag nur besser machen.

Statt mit grober Gewalt, versuchte ich es mit Freundlichkeit um ihn schnell wieder loszuwerden.

„Kann ich euch helfen?"

Triumph blitzte in seinen Augen, weil ich ihm wohl die perfekte Vorlage für sein Vorhaben geliefert hatte.

„Das könnt ihr sehr wohl."

Er beugte sich zu mir, eindeutig viel zu nah für meinen Geschmack und zischte:

„Wie wäre es wenn ihr die Scharade aufgebt und verschwindet. Es gibt keine einzige Liebe zwischen einem Drache und einer Elfe. Wir sind euch auf die Schliche gekommen. Ihr habt euch grausam an unserer Königin vergangen, als ihr sie entführt habt. Sie mit der Hilfe eures falschen Drachengottes verhext.

Verschwindet, bevor wir alles aufdecken. Dann wird euch niemand mehr beschützen. Solch widerlichen Drachenabschaum brauchen wir hier nicht. Besonders nicht in der Nähe unserer reinen Königin."

Die anderen Minister in seinem Rücken stießen ein dreckiges Gelächter aus.

Meine Hände ballten sich wie von selbst zu Fäusten. Ich nahm einen tiefen Atemzug, um ruhig zu bleiben. So unverschämte Lügen konnte nur ein Elfenhirn ausbrüten.

„Lasst mich in Ruhe mit diesem Unsinn. Ich kenne die Königin besser..."

Mit einem hohen, künstlichen Lachen unterbrach mich der Minister.

„Ihr kennt die Königin nicht. Kein bisschen. Sonst wüsstet ihr es besser. Sie liebt euch nicht. Seht euch an. Glaubt ihr wirklich unsere perfekte Königin könnte so etwas lieben. Jeder sieht aus welchen widerlichen Dreck ihr als Baby hervorgekrochen sei-"

Ich rammte ihm meine Faust seitlich ins Gesicht.

Seine Züge verzerrten sich zu einer befriedigenden Grimasse und Blut schoss aus seiner Nase, während er zu Boden stürzte.

Selbst einem Drachen hätte ich nach solchen Worten verdroschen und ein widerwärtiger Elf wie Armin hatte sicher keine Ausnahme verdient.

Überlegen lächelte ich auf ihn herunter. Die kostbare Kleidung besudelt mit Matsch und Elfenblut, funkelte er mich wütend an.

„Scheint mir, als seid ihr sehr viel dreckiger als ich."

Silbern blubberte das Blut aus seiner Nase. Ein Schlag hatte längst nicht gereicht meinen Ärger zu stillen. Wie konnte er es wagen meine Eltern, meine Herkunft und meine Liebe zu beleidigen.

Armin schnappte empört nach Luft, die restlichen Minister starrten mit offenen Mündern. Jeder einzelne von ihnen hatte weitere Schläge verdient. Ich hob die geballte Faust.

„Greift sie an!", kreischte Armin zu den Wachen. „Seht ihr nicht was sie getan hat. Ein Drache im heiligen Palast greift einen Elf an. Tötet sie!"

Der milde Glanz auf den Elfenrüstungen wandelte sich zu einem blauglühenden Feuer, als die Wachen um mich herum Stellung bezogen.

Sie umringten mich, schwere Magie waberten zwischen ihnen. Meine Chancen gegen sie zu gewinnen, standen gering. Ich hatte weder mein Schwert bei mir, noch hatte ich mich darauf vorbereiten können, magisch begabte Gegner zu bekämpfen.

„Tötet sie!", kreischte Armin immer wieder. Das Gesicht wutverzerrt.

Noch tänzelten die Wachen nur um mich herum, scheinbar unsicher, ob sie mich angreifen sollten. Natürlich, immerhin würde ich ihre Königin heiraten. Mit Sicherheit fragten sie sich, wo ihre Loyalität im Moment liegen sollte.

Doch ich fühlte ihre Magie langsam in mich kriechen. Sie zerrte unnachgiebig an meinen Kräften und lähmte meine Muskeln. Ein zu sanfter, stiller Gegner, um ihn zu bekämpfen. Kraftlos senkte ich die Fäuste.

Das gegenseitige Abschätzen dauerte Armin zu lange, er erhob sich schwankend vom Boden, die Hand fest auf seine Nase gepresst. Schief und krumm ragte sie aus seinem ehemals hübschen Gesicht. Sie musste gebrochen sein. Ich hatte ihn hervorragend getroffen.

„Ihr Idioten. Seid ihr dumm und taub? Hört ihr nicht was ich sage? Macht sie unschädlich. Tötet den Drachen."

Wild tuschelten die Minister untereinander, Besorgnis, Schrecken, doch auch Genugtuung auf den bleichen Gesichtern. Auch sie zeigten eindeutige Zweifel. Scheinbar teilten nicht alle Minister Armins Meinung, dass ich die Königin verhext hatte und zur Liebe zwang. Ob mein Zauber laut seiner Überzeugung mit meinem Tod enden würde? Oder hasste er mich so sehr, dass er mich unter allen Umständen auslöschen wollte, egal ob er seiner Königin die einzige Liebe stahl.

Langsam trat Armin in den Kreis der Wachen, weit genug von mir entfernt, um keinen zweiten Schlag zu riskieren.

Schwärze schluckte seine Augen, der Anblick ließ mein Herz stocken. Ich hatte nie darüber nachgedacht, dass andere Elfen sich ähnlicher Kräfte, wie derer meiner Königin bedienen konnten.

Die schwarzen Augen versetzten mich in Schrecken, denn ich wusste, eben in diesem Moment blickte ich dem Tod direkt ins Gesicht. Eine schreckliche Fratze umrahmt von roten Locken.

Am selben Tag an dem ich mir selbst versprochen hatte, Juna nie allein zu lassen und ihr die Ängste zu nehmen, die so heftige Narben auf ihrem Herzen hinterlassen hatten, rannte ich in mein Verderben.

Sicherlich würde ich mich ihm nicht kampflos ergeben. Kein Schwert baumelte an meinen Gürtel, doch meine Fäuste funktionierten ebenso gut wie jede Waffe.

„Tut mir leid. Meine Liebste. Ich hoffe wir werden uns wiedersehen."

Ich sandte ihr in Gedanken meinen Abschiedsgruß, angefüllt mit der Hoffnung, dass unserer Liebe uns immer wieder vereinen würde.

„Verleih mir die mächtigen Schwingen des Krieges. Deine gewaltigen Feuer, die alles niederbrennen. Weiser Drache. Auf das die Feinde zahlreich unter mir fallen.", schickte ich ein Stoßgebet zu meinem Gott, wie ich es vor jedem gefährlichen Kampf tat.

In diesem Moment, in den ich so unschuldig hineingestolpert war, wollte ich auf keinen Fall sterben. Direkt vor dem Lebensbaum meiner großen Liebe.

Die Luft bebte und zitterte, voller Energie. Armin verzog das Gesicht zu einem breiten Grinsen. Grelles Licht sammelte sich in seiner Hand. Ein angesengtes, goldenes Blatt schwebte vor mir zu Boden. Abgerochen von Junas Lebensbaum, sandte es einen letzten Gruß an mich.

Dann stürzte ich nach vorne, Faust gehoben, mit aller Kraft, die ich noch aufbringen konnte. Im selben Moment ließ Armin einen weißen Blitz auf mich los.

Die Magie knisterte und zischte als sie auf mich zuschoss und verbrannte das Gras auf ihrem Weg zu mir.

Ganz genau wie damals, auf dem Schlachtfeld, vor unendlich langer Zeit.

Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt