Drache und Silber 54

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Der Griff um meine Hände wurde fester.

Die Königin biss sich auf die Lippen und suchte nach den richtigen Worten.

„Warum fragst du mich das so plötzlich?"

Keine Neugierde schwang in ihren Worten mit. Eher wirkte sie ängstlich.

Vielleicht hatte mich Desmon doch angelogen.

Oder die Königin wollte nicht, dass ich mich als ihre einzige Liebe herausstellte.

„Ich habe eben Desmon kennen gelernt. Er hat es mir gesagt."

Den Halbdrachen in Schutz zu nehmen, lag mir fern. Sollte er sich ruhig mit dem Zorn der Königin herumschlagen.

Empört ließ sie mich los und stampfte mit dem Fuß auf.

„Warum mischt er sich ein? Ich hab ihm gesagt, ich schaff das schon.", schimpfte sie vor sich hin.

Für einen kurzen Moment befürchtete ich, die Elfe würde davon laufen, um sich mit Desmon zu streiten. Doch sie wandte sich mir wieder zu.

Sie lächelte verlegen. Eifrig zupfte sie einige Fussel von meinem Hemd herunter.

„Wo hast du dich herumgetrieben? Hast du auf einer Wiese geschlafen?", fragte sie im liebevollem Ton.

Den offensichtlichen Ablenkungsversuch, würde ich nicht schlucken. Ich wollte endlich Antworten.

„Deine einzige Liebe ist tot. Du hast es mir selbst gesagt. Einer von euch beiden hat mich angelogen. Ich wüsste gern wer. Behandle mich nicht, als wäre ich dumm. Juna."

Entschieden trat ich einen Schritt von ihr weg.

Gewöhnlich genoss ich ihre Zuwendung. Jedoch nicht, wenn sie versuchte damit meine Gedanken zu verwirren.

Mit ernstem Blick verschränkte die Königin die Arme vor der Brust.

„Ich hab dich nicht angelogen.", murrte sie. „Ich habe nicht einmal behauptet, meine einzige Liebe wäre tot. Du hast es nur angenommen. Weil ich dir erzählt habe, sie wäre nicht mehr in meinem Leben. Ich sehe ein, dass ich dich darauf hätte hinweisen müssen."

Mit einem wütenden Schnauben kam sie näher und packte mich an den Schultern.

„Aber weißt du wie schwer es ist, mit dir zu reden? Du läufst doch immer gleich davon.", beschwerte sie sich laut.

Ein paar Mal rüttelte sie an mir, bis ich mich aus ihrem Griff herauswand.

„Du bist jetzt also wütend auf mich? Du hast mich angelogen! Eigentlich sollte ich dich so schütteln.", zischte ich.

Sofort kam die Königin näher, schnappte meine Hände und platzierte sie auf ihren schmalen Schultern.

„Na. Dann mach mal! Schüttel mich!"

Herausfordernd funkelte sie mich an. Wie vor ein paar Tagen, als ich versucht hatte sie zu würgen, versagte ich gründlich. Stattdessen kniff ich leicht in ihre weiche Wange.

Sie fing meine Finger und küsste sie.

So hatte ich mir den Streit zwischen uns ganz und gar nicht vorgestellt.

Dennoch war ich nicht bereit, das Thema gehen zu lassen.

„Also bin ich sie? Deine einzige Liebe. Willst du nicht, dass ich es bin?"

Hauchzart drückte die Elfe meine flache Hand gegen ihr Gesicht. Sie blinzelte mich verliebt, zwischen meinen Fingern hindurch, an. Ihr warmer Atmen streichelte meine Handfläche.

Mit gedämpfter Stimme wisperte sie:

„Heute, Morgen und alle Tage danach, werde ich glücklich sein, dass du meine einzige Liebe bist. Aber im ersten Augenblick, war es eine schreckliche Wahrheit. Eine Elfe, die einen Drache wählt. Deshalb frage ich mich eher. Willst du meine einzige Liebe sein?"

Wahrscheinlich hatte ich in meinen Leben selten eine schwierigere Frage beantworten müssen. Denn ich wünschte mir frei herauszuschreien, dass ich nichts mehr wollte.

Aber gleichzeitig regten sich die Ängste in mir, die Ranja zuvor vertrieben hatte.

Mir blieb keine Wahl. Eine einzige Liebe ließ sich nicht einfach abstellen. Vor allem wenn Desmon die Wahrheit gesagt hatte und ich ihr ebenso wenig entkommen konnte, wie die Königin.

Wie ein nicht zu brechender Fluch.

„Hab ich denn eine Wahl?"

Mit einem lauten Schmatzen küsste die Königin meine Handfläche. Sie schlang ihre Arme um mich und lehnte ihre Stirn gegen Meine.

„Deshalb habe ich es dir nicht gesagt. Du hattest so schon genug Angst vor mir. So frustrierend. Ich lass mich sogar entführen für dich. Und du rennst wie ein ängstliches Häschen vor mir davon, immer wenn ich versuche, dir ein wenig näher zu kommen. Was hättest du gemacht, wenn ich dir gesagt hätte, das dir Weglaufen rein gar nichts bringt?"

Ich wäre in Panik zurück zum Winterstein geflohen. Die Antwort zeigte sich in meinem Gesicht. Kichernd stahl sich die Königin einen Kuss. Diesmal lehnte ich mich gegen ihre Lippen. Es gab keinen Grund, sie abzuweisen.

Mein schöner drei Monate Plan fiel mir wieder ein. Ob ich ihn überhaupt noch vorbringen sollte? Alle Zeichen standen gegen mich. Wahrscheinlich war ich ebenso unheilbar verliebt, wie die Königin.

„Bei den Drachen gibt es keine einzige Liebe. Wie kann sie mich also treffen? Es ist seltsam."

Vorsichtig schob ich die Königin von mir weg. Ihre Nähe brachte meinen Kopf durcheinander. Ich wusste noch längst nicht alles notwendige, um ihn zu verlieren.

Die Elfe zuckte mit den Schultern.

„Soweit ich weiß, trifft sie alle Rassen. Die Elfen und die Gestaltwandler erkennen ihre Existenz offiziell an. Fällt dir kein Drachenpaar ein, das sich getroffen, verliebt und nie wieder getrennt hat?"

Darüber musste ich scharf nachdenken. Zunächst schüttelte ich den Kopf. Selbst meine Eltern hatten zwischen meiner Geburt und der Zeugung meiner Schwester, andere Drachenehen geführt. „Mira und Mond vielleicht. Die mächtige Drachenkaiserin und ihr Geliebter. Sie lernten sich als Kinder kennen und liebten sich bis sie starben. Aber das ist nur eine Legende.", brachte ich ein Beispiel. Nur um die Königin nicht komplett zu enttäuschen.

„Na. Das ist doch etwas."

Es klang nicht sehr überzeugend.

„Nun. Aber du hast auch nicht daran geglaubt, dass es bei den Drachen die einzige Liebe gibt. Du hast gesagt, du warst nicht sehr glücklich darüber zu erfahren, dass dein einziger Partner ein Drache ist."

Völlig unerwartet entgleisten der Königin die Gesichtszüge. Schmerz zeigte sich darin. Erschrocken trat ich zu ihr und legte ihr meine Hände an die Wangen.

Was hatte ich gesagt, dass sie traurig machte?

„Ah. Tut mir Leid. Das ist nicht schlimm. Ich bin nicht böse deswegen.", sagte ich hastig.

Wie konnte ich deshalb wütend auf sie sein. Von Anfang an, hatte ich sie durchgehend von mir gestoßen.

„Nein, nein. Nicht deshalb. Ach Iris. Du bist so wundervoll."

Mit eine lauten Seufzen presste sie sich eng an mich. Ratlos umarmte ich sie.

Ich verstand sie überhaupt nicht mehr.

„Ich bin so froh, dass du im Rubinkrieg nicht gestorben bist. Ich hab so lang geglaubt, du seist tot. Dann tauchst du plötzlich vor mir auf. Wie ein Wunder.", murmelte sie leise in mein Haar.


Drache und SilberOnde histórias criam vida. Descubra agora