Drache und Silber 16

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Einen winzigen Moment tauchte ich ein in vollkommene Dunkelheit, mit meinem nächsten Schritt, trat ich aus dem Schattenportal wieder hinaus, in die Eingangshalle des Wintersteinhorstes.

Kühle Luft schlug mir entgegen, sie brachte den Geruch von Schnee und Kälte mit sich.

Der Winterstein lag weit im Norden Ametrins, die Glutstunde war hier bereits vorüber. Die hohe Eingangshalle wurde deshalb nur von Fackeln in schummriges Halbdunkel getaucht, durch die schmalen, spitz zulaufenden Fenster fiel dunkelblaues Licht herein.

Ein einziger Wächter schlief an eine der mächtigen Steinsäulen gelehnt, sein Helm war ihm tief ins Gesicht gerutscht, ich hörte sein deutliches Schnarchen durch den weiten Saal hallen.

Wie immer waren die Bewohner des Wintersteins äußerst gut auf nächtliche Besucher vorbereitet, nur ein paar magisch begabte Angreifer könnten den Drachenhorst zu später Stunde mühelos einnehmen.

Zum Glück herrschte im Moment Frieden.

Ich hatte keine Zeit zu verlieren, die labile Natur der Schatten erlaubte es nicht ein Schattenportal zu lange aufrecht zu erhalten. Nach einer Stunde begann es meist sich wieder aufzulösen.

Zwar konnten Ranja und Milanda diesen Prozess durch ein paar Magie lockenden Ritual etwas hinauszögern, doch damit konnten sie mir höchsten eine Stunde mehr erkämpfen.

Die Sorge in dieser Situation im Winterstein zu stranden und meine Untergebenen mit der Königin allein zu lassen, brachte mich dazu, den Weg hinauf zum Thronsaal meines Herrn so schnell ich konnte hinauf zu rennen.

Obwohl ich nur her gekommen war um meine Pflicht zu erledigen, fühlte es sich wunderbar an zu Hause zu sein.

Der dunkle Stein der Wände, die engen höhlenartigen Gänge und die schwarzen, glatten Treppen, die steil immer weiter nach oben führten, umgaben mich einladend und liebevoll. Ich befand mich im Schoß meiner Heimat, meines Drachenhorstes, wo ich hin gehörte.

Nach jeder Reise kehrte ich gern nach Hause zurück, heute fühlte ich eine besondere Aufregung mich im Winterstein wieder zu finden. Der dunkle Berg gab mir die Ruhe und die Sicherheit zurück, die mir die Elfenkönigin genommen hatte.

Die Gefühle bestätigten mich darin, das Problem der Königin rasch zu lösen um meinen inneren Frieden in meiner Heimat wieder zu finden.

Kaum kam ich an der obersten Stufe der Treppe an, die in der Wartehalle vor dem Thronsaal meines Herrn endete, drang leise Musik an meine Ohren.

Schwer atmend beugte ich mich für einen kurzen Moment nach vorne und stützte die Hände auf meine Knie.

Gewöhnlich ließ die Kraft und Ausdauer meines Körpers nichts zu wünschen übrig, dennoch konnte ich die hunderten Treppenstufen von der Eingangshalle des Wintersteins bis zu Vigours Thronsaal nicht ohne Unterbrechung hinauf laufen, ohne aus der Puste zu kommen.

Auch die Wartehalle lag im halbdunkel, das orange Licht der Fackeln flackerte über die grauen Steinfliesen. Hier zeigte sich die wundervolle Kunst meines Volkes, an allen Säulen und Wänden hatten Steinmetze Figuren und filigrane Muster aus dem Stein gehauen.

Als Kind hatte ich Stunden damit zugebracht die vielen Skulpturen zu bewundern. Die riesige Figur des weisen Drachen, direkt über der Tür zum Thronsaal, mit den grünlich schimmernden Schuppen ließ mich immer in Ehrfurcht erstarren. Doch meine absolute Lieblingsfigur befand sich ganz versteckt in einer der dunklen Ecken der Halle, die nicht einmal an einem strahlend hellen Sommertag richtig erleuchtet wurden.

Die Skulptur zeigte ein kleines Mädchen, so wie ich es damals gewesen war, sie hatte lockiges Haar und zwei Spitze Hörner auf dem Kopf. Aus ihrem schmalen Rücken wuchsen zwei mächtige Schwingen hervor, die sich beinahe bis hinauf zur Decke der Halle erstreckten.

Drache und SilberWhere stories live. Discover now