Drache und Silber 68

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Nervös schaute ich mich um und begegnete mehreren neugierigen und verärgerten Blicken aus der Menge.

Ein Gespräch, wie wir uns in der Öffentlichkeit verhalten sollten, hatte ich mit der Königin nie geführt.

„Ich bin gleich zurück, Ranja.", sagte ich und packte meine Geliebte am Arm.

Hastig zerrte ich sie in eine Ecke der Höhle, wo sich niemand befand.

Entrüstetes Schnauben ertönte hinter mir. Die Elfen fassten es nicht gut auf, dass ich ihre Königin so grob behandelte.

„Iris. Was ist denn los?"

Wusste die Königin wirklich nicht, warum ich mit ihr reden wollte?

Ich riss sie vor mich und bemerkte die Verwirrung in ihrem Gesicht.

Entschuldigend streichelte ich über ihr Handgelenk. Nichts gab mir das Recht, sie zu misshandeln.

„Tut mir Leid. Aber Juna, kannst du bitte Abstand halten. Wenn wir durch das Portal durch sind, solltest du mich keinesfalls umarmen, oder küssen. Wir wollen doch nicht, dass Vigour ausrastet."

Die Elfe runzelte die Stirn und rieb sich über den Arm.

„Natürlich. Aber wir sind noch nicht im Winterstein. Warum regst du dich so auf?"

Mir fiel keine Antwort ein. Für einen kurzen Moment hatte ich rot gesehen. Vermutlich grundlos.

Irritiert drehte ich mich zu der Menge, aus der wir entflohen waren. Die Neugierde, Abscheu und reine Wut in den vielen Augen, ließ mich erzittern.

Ranja wandte verletzt den Blick von mir ab.

Die Königin schlang die Arme um mich. Ich zuckte zusammen und brachte mich mit ein paar Schritten aus ihrer Reichweite.

Vigour war nur ein Vorwand. Von der Elfe berührt zu werden, vor ihrem Hofstaat und meinen Untergebenen, erforderte Mut, mich den Konsequenzen unserer Verbindung zu stellen. Die Verachtung der Elfen konnte ich ertragen. Die anderer Drache nicht.

Zwar wusste Ranja, dass ich die Königin liebte, doch ich hatte ihr meine Entscheidung nicht mitgeteilt, bei ihr zu bleiben. Meine Freundin konnte es wie einen Verrat empfinden, dass ich ihren Drei-Monats-Plan verworfen hatte.

Mit meinem Herrn, meiner Familie und meinen Freunden über meine Liebesbeziehung zu reden, erschien mir einfach. Ihnen die Zärtlichkeiten zu zeigen, die meine Geliebte und ich austauschten, beschämte mich.

Der Königin erging es eindeutig nicht so.

„Iris. Was ist los? Rede mit mir."

Federleicht legte sie die Hand auf meinen Rücken.

„Lass uns einfach Abstand halten vor den Anderen. Für den Moment ist es besser."

Ich verletzte mich selbst mit diesen Worten. Denn ich vermisste ihre Zuneigung. Mit versteinerten Zügen starrte mich die Königin an, dann drehte sie sich traurig von mir fort.

Mein Herz zerbrach.

„Es ist nur solange wir im Winterstein sind. Danach können wir uns kuscheln und küssen so viel wir wollen."

Meine Bitte abzuschwächen, gelang mir nicht. Die Elfe biss sich auf die Lippen und funkelte mich zornig an.

„Du bist ein Feigling!", zischte sie, „ du willst dich deinem Herrn und deiner Familie stellen, kannst es aber nicht Mal ertragen, wenn ich dich vor deinen Untergebenen küsse. Aber schon gut. Wir machen das so wie du willst. Schließlich hab ich dich gezwungen, mich mitzunehmen. Beschwer dich aber nicht, wenn du dich einsam fühlst."

Stolz rauschte sie davon.

Am liebsten wäre ich ihr hinterher gerannt, um mich sofort zu entschuldigen. Doch mein Wunsch einander fern zu bleiben, bestand noch. Der Gedanke, sie vor Vigour, oder meiner Mutter zu küssen, entzündete Furcht in mir. Die Folgen davon auszuhalten, würde schlimmer sein, als die Königin für ein paar Tage nicht in meinen Armen zu halten.

Mit Sicherheit.

Betrübt schlich ich zu Ranja zurück.

„Ärger im Paradies?", motzte diese mürrisch.

Als ich nur nickte, klopfte sie mir grob auf den Rücken.

„Das hält bestimmt nicht lange an."

Immerhin versuchte sie mich aufzumuntern.

„Warum also begleitet uns die Königin heute?", fragte sie.

„Weil ich mich für sie entschieden habe und sie mich vor Vigour schützen will."

Zerknirscht gab ich die Wahrheit zu. Mir war nicht peinlich, dass ich die Königin gewählt hatte. Diese hervorragende Entscheidung, würde ich niemals bereuen.

Doch vor Ranja zuzugeben, Schutz vor Vigour zu brauchen, ließ mich beinah erröten.

Die Königin blickte zu uns herüber. Sie stand neben Desmon und klagte ihm vermutlich ihr Leid.

Als sie bemerkte, dass ich sie ansah, streckte sie mir die Zunge heraus.

Eine kindische Geste. Sie verwirrte mich.

Ranja lachte laut.

„Ich wundere mich nicht. Eigentlich war mir recht klar, dass die Königin dich klein kriegt. Von Anfang an, warst du schwer verliebt und hast dich um den Finger wickeln lassen. Aber mal ganz ehrlich. Schutz vor Vigour? Hast du sie darum gebeten? Das kann ich mir schwer vorstellen."

Meine Freundin krümmte sich vor Lachen und hielt sich den Bauch. Mein Leid bereitete ihr großes Vergnügen.

„Natürlich hab ich sie nicht darum gebeten. Aber sie wollte unbedingt mit.", knurrte ich.

Heute bereiteten mir die Frauen in meinem Leben durchweg schlechte Laune.

Mitleidig wuschelte mir Ranja durchs Haar.

„Du armes Ding. Wo bist du da nur rein geraten? In dieser Beziehung ziehst du ganz klar den kürzeren. Oh mächtiger Drachengeneral."

Wie sehr ich etwas verprügeln wollte. Vorzugsweise Ranja selbst.

„Achtung!", donnerte es plötzlich durch die Höhle. Eine gesamte Wand vor uns flimmerte schwarz.

In ihrer Mitte bildete sich ein Wirbel, der sich langsam vergrößerte.

Ich bemerkte vier Elfen in dunklen Kutten, die mit geschlossenen Augen ihre Hände gen Wand richtete. Sie öffneten das Schattenportal für uns. Ein derart gewaltiges, hatte ich nie zuvor gesehen.

Kein Lüftchen regte sich. Die Elfen kontrollierten ihre Magie perfekt.

Der Wirbel ließ eine blanke, schwarze Fläche zurück. Sie waberte nicht, aber spiegelte die Höhle wie eine glatte Wasseroberfläche.

Ein Junge, ebenfalls im schwarzem Gewand, lief auf die Königin zu und verbeugte sich tief. Er sprach mit ihr und ihren Beratern, doch ich verstand kein Wort.

„Wir können aufbrechen.", rief einer der Berater laut, als der Bub ausgesprochen hatte.

Kurz begegnete ich dem Blick der Königin. Ihre Hand zuckte, als wollte sie mir ihre Finger entgegen strecken.

Die Stirn frustriert in Falten gelegt, wandte sie sich ab.

Ich wusste, ich gehörte an ihre Seite. Aber nicht für die nächsten Tage.

Nach und nach verschwanden die Elfen im Schattenportal. Nichts regte sich, während sie hindurch schritten. Ein perfekter Zauber.

Mit einem tiefen Seufzen trat ich an die schwarze Fläche heran. Ich freute mich auf den Winterstein und meine Familie. Dennoch war ich froh, wenn ich die Reise hinter mich gebracht hatte.

Jemand schubste mich von hinten und ich stolperte in das Portal hinein.


Drache und SilberWhere stories live. Discover now