Drache und Silber 92

3.7K 240 34
                                    



„Wieso musst du immer damit anfangen. Ich hab dir schon gesagt, dass ich noch nicht zu einer Ehe bereit bin.", beschwerte ich mich.

Die Königin ballte die Fäuste, als überlegte sie mich zu Schlagen.

„Ich habe dir bereits gesagt, ich möchte nicht, dass du mit Vigour kämpfst. Das interessiert dich ja auch nicht."

Hastig sprang ich auf und legte meine Hände auf ihre Schultern. Energisch trat sie von mir weg. Wie ich geahnt hatte, lehnte sie meine Berührungen jetzt ab.

„Doch es interessiert mich. Ich weiß, du willst nicht, dass ich mich verletzte. Deshalb bitte ich ihn nur um ein Schauspiel. Wir werden Holzwaffen verwenden. Mehr als ein paar blaue Flecke krieg ich davon nicht."

Scharf musterte sie mich. Sie legte die Stirn in Falten. Dann streckte sie die Hand aus und zog mich an den Haaren zu sich her. Kräftig genug, dass es ziepte.

„Du machst doch ohnehin, was du willst. Wieso sollte ich noch lange mit dir darüber reden? Scheinbar bist du wild entschlossen."

Ihre Stimme klang so enttäuscht. Das schlechte Gewissen packte mich wieder. Ich handelte gegen ihren Willen, aber wollte meinen Wunsch dennoch nicht aufgeben. Wenn sie nur verstehen würde, welche Bedeutung ein Liebesduell für einen Drachen hatte.

„Ich bin wild entschlossen, weil es gut für uns ist. Gerade weil du eine Elfe bist, möchte ich für die kämpfen. Es könnte sogar meine Mutter von uns überzeugen."

Das Ziepen an meiner Kopfhaut verschwand, stattdessen fühlte ich ihre Finger sanft streicheln.

Die Elfe trat näher. Die Änderung in ihrem Verhalten, wirkte bedrohlich und unberechenbar. Ihre Wut war sicherlich nicht verraucht.

„Ich sagte ja bereits, ich kann dich nicht überzeugen es zu lassen. Du willst es zu sehr. Und zwar nur für dich, mein Drache. Rede dir nicht ein, du tust es für mich. Aber wenn du so egoistisch bist, sollte ich es nicht auch sein?"

Sie blies mir ihren warmen Atem an mein Ohr und ich erschauderte.

„Was soll ich mir also wünschen? Was kann ich von dir verlangen? Mein süßer Drache."

Mein Herz klopfte schneller. Natürlich hatte sie recht. Ich handelte gegen ihren Willen. Im Grunde musste ich ihr ebenso einen Wunsch erfüllen, der mir nicht gefiel.

Nervös griff ich an die Ende ihres Haares, das über ihrem Rücken hing. Der Kontakt mit den seidigen Strähnen beruhigte mich ein wenig.

„Ich weiß es nicht.", flüsterte ich.

„Hmmm. Schwierig. Was wünsch ich mir nur?"

Die Königin zupfte an meinen Locken und lächelte mich an. Ohne Frage rächte sie sich an mir. Ich konnte ihr nicht böse deswegen sein.

„Ich denke, das überlege ich mir noch eine Zeitlang. Zunächst besuchen wir Vigour. Ich wollte ohnehin nach Samuel sehen."

Frech kitzelte sie mir das Rückgrat hinunter und bohrte ihre Finger in mein Hinterteil. Erschrocken zuckte ich zusammen und sie lachte mich aus.

Dennoch schlich sich ein wütender Ausdruck zurück auf ihr Gesicht, kurz bevor sie mich stehen ließ und Richtung Bad davon stolzierte.

Also bekam ich meinen Willen. Dennoch plagte mich der Gedanke, dass diese Unterhaltung viel besser hätte laufen können. Vielleicht hatte ich mich nicht verständlich gemacht. Oder mein Wunsch war tatsächlich zu egoistisch, um ihren Segen dafür zu erhalten.




Für ihren Besuch bei Vigour hatte sich die Elfe herausgeputzt. Mit einem roten Samtkleid, Gold besticktem Schal und ihrer Krone auf den zu einem Kranz geflochtenen Haaren, repräsentierte sie die Elfenkönigin, wie selten zuvor.

Sie legte sich ihren Schmuck an, als ich in Hemd und Lederhosen aus dem Schlafzimmer trat. Wir passten rein äußerlich kein bisschen zusammen.

„Legst du mir die Kette an.", rief sie mir zu.

An ihren Fingern baumelte ein breites, goldenes Geschmeide, besetzt mit Rubinen. Es schimmerte im spärlichen Tageslicht.

Ihr Verhalten zeigte mir nicht, ob sie mir noch böse war.

„Willst du Vigour beeindrucken?"

Vielleicht riskierte ich mit der Frage zu viel. Ich wollte nicht wieder streiten.

Vorsichtig übergab sie mir die Kette und streichelte dabei über meine Finger.

„Er soll merken, dass ich eine Königin bin. Ganz einfach. Und sich vielleicht ein bisschen bedroht fühlen. Damit er sich beim Liebesduell mit seinem Holzschwert zurückhält."

Mein Herr fühlte sich ganz sicher durch die Elfe bedroht. Nicht durch ihre Kleidung. Sie hatte ihm mehr als deutlich gezeigt, welche Fähigkeiten sie besaß, als sie ihn über den Abgrund hängte.

„Er merkt es ganz bestimmt. Jeder sieht, dass du eine Königin bist."

Die Elfe schnaubte. Mit den Rücken stellte sie sich vor mich, damit ich ihr die Kette umlegen konnte.

„Es muss nicht jeder sehen, dass ich eine Königin bin. Ich war es lange genug nicht. Und ich will nicht, dass du es siehst. Für dich bin ich bloß Juna."

Ihre milchiger, zarter Nacken lag direkt vor mir. Er war so hübsch. Ich beugte mich vor und drückte die Lippen darauf.

Ob dieser Nacken schon oft geküsst worden war?

Beim Gedanken daran, dass jemals ein anderes Wesen als ich ihn küssen sollte, verknoteten sich meine Eingeweide.

Meine Geliebte lehnte sich gegen mich. Sanft streichelt ich über ihre weiche Haut. Ich nutzte die Kette als Ausrede, sie zu berühren.

Das kalte Metall verpasste ihr einen Schauer. Mit meinen kühlen Händen, wärmte ich es so gut ich konnte.

In meinem Kopf bezeichnete ich meine Geliebte immer als Königin. Ich nannte sie nicht beim Namen, als wäre sie eine Fremde. Vielleicht war das Drachenduell nur mein Weg, die Hürde zu überwinden, die mich von ihr trennte. Die Angst sie als festen, bleibenden Bestandteil meines Lebens zu sehen. Obwohl sie mir so viel gab und mich so glücklich machte.

Nicht die Königin gehörte zu mir.

Juna liebte ich. Alle ihr entzückenden und gefährlichen Seiten. Dieses wundervolle Wesen, das sich mir gegenüber ganz anders verhielt, als zum Rest der Welt.

Und Juna wollte ich heiraten.

Mit stockte der Atem. Meine Finger zitterten. Beinah schaffte ich es nicht, das Schmuckstück zu schließen.

Immer wieder rutschte mir der filigrane Hacken aus dem Kettenglied.

Juna langte nach hinten und umschloss meine Hände.

„Was ist los? Du bist so zittrig."

Nichts war los. Ich war nur überwältigt.

„Nach dem Liebesduell. Wenn ich Vigour besiegt habe. Nein. Auch wenn ich verloren habe. Lass uns heiraten. Wir schließen eine Drachenehe. Und wenn die fünfzig Jahre vorbei sind, heiraten wir für immer. Möchtest du..."

Meine Stimme brach. Ich bebte am ganzen Körper, als sie sich langsam zu mir umdrehte.


Drache und SilberWhere stories live. Discover now