Drache und Silber 40

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Wütend riss ich mir das Kleid vom Leib. Mit Schwung warf ich es quer durch den Raum und beobachtete zufrieden, wie es als Knäuel am Boden liegen blieb.

Einer Seufzer der Erleichterung entschlüpfte mir, als ich in die starre Lederhose schlüpfte. Eng presste sie sich an meine Beine.

Das Leinenhemd hing locker an meinem Oberkörper. Ich warf eine Weste, aus einem mir unbekannten festen Material darüber, und zog die Schnallen über meinen Rippen fest.

Eine rascher Blick in den Spiegel bestätigte mir: ich war wieder Iris. Keine hilflose Prinzessin.

Wie sollte ich weiter verfahren?

Die Königin wartete auf mich, aber ich wollte sie nicht sehen.

Rasch fasste ich meinen Entschluss.

Ich wollte versuchen, mich nach draußen zu schleichen.

Vorsichtig lugte ich ins Wohnzimmer. Niemand befand sich darin.

Leise Stimmen drangen aus meinem Schlafgemach, doch ich verstand kein Wort. Der Ton der Königin klang sehr viel ernster und dunkler, als ich es gewohnt war.

Wenn sie mit mir sprach trillerte sie stets wie ein Vogel.

Als ich durch das Wohnzimmer huschte, hoffte ich das Gespräch würde Ablenkung genug sein, dass Ama und die Königin mich nicht bemerken würden.

Meine Hand zitterte. Ich presste den Sucher gegen das Vogelsymbol und beobachtete wie das Tor zum Gang sich öffnete.

Viel zu langsam fräste sich die goldene Linie ihren Weg. Zuvor war mir nie aufgefallen, wie lange es dauerte, bis das Portal endlich groß genug war, um hindurch zu schlüpfen.

Zu meiner Überraschung, schaffte ich es zu entkommen.

Zumindest gelangte ich ungesehen in den Flur.

Ohne Zögern wandte ich mich in die Richtung, aus der ich mit der Königin gekommen war und rannte los.

Nur eine Stunde Einsamkeit wünschte ich mir. Um zur Ruhe zu kommen.

Der Weg aus dem Lebensbaum heraus, erwies sich schwieriger als erwartet.

Meine Erinnerung sagte mir untrüglich, ich musste den Gang in einer Spirale bis zum Ende laufen. Sobald ich in einer Sackgasse angekommen war, würde ich ein Symbol finden können, das ein Tor in den Garten freigeben sollte.

Wie sehr ich mich geirrt hatte. Der Flur endete nicht, als ob ich durchgehend im Kreis lief.

Die verdammte Königin. Von wegen ich hatte Bewegungsfreiheit im gesamten Palast. Ihr Lebensbaum selbst sperrte mich ein.

Frustriert blieb ich stehen und ballte die Fäuste.

Ein wütender Tritt gegen die Wand neben mir brachte mir nur wenig Befriedigung. Dafür entdeckte ich das golden schimmernde Bild eines Schmetterlings.

Jedes Symbol, das ich fand, konnte ich versuchen zu öffnen. Ich erinnerte mich noch sehr genau an die Worte der Königin.

Kaum drückte ich den Sucher an das Bild, begann das Schmuckstück zu vibrieren.

Mit leisem Surren, öffnete sich ein Portal. Sonnenlicht fiel in den Gang hinein.

Erstaunt trat ich auf eine Terrasse hinauf, die mitten in die mächtigen Äste des Lebensbaumes hinein gebaut worden war.

Sie bot zahlreiche Möglichkeiten für Besucher auf weichen Sofas auszuruhen, oder sich in Sitzgruppen zusammen zu finden. Aus jedem Winkel, bot sich der atemberaubende Blick über den Garten, gerahmt von goldenem Blattwerk.

Drache und SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt