Kapitel 55

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11. Juli 1995

„Fred, George... Kommt ihr mal gerade." Die Zwillinge drehen sich um. Harry steht mit seinem Gepäck am Rand des Gleises 9 ¾ und winkt die Zwillinge zu sich. „Was gibt's?", fragen die beide im Chor. Harry schaut zu mir und wieder zu den beiden, was ich als eindeutiges Zeichen deute. „Ich geh' schon mal vor. Bis gleich!" Fred nickt und die beiden gehen ein Stück näher auf Harry zu.

Ich suche den Bahnsteig nach Molly und Arthur ab, ziehe meinen Koffer mit der einen Hand hinter mir her und trage in der anderen Freddy Junior's Käfig. Als ich die rundliche Hexe entdecke, winke ich ihr mit dem Käfig zu und sie winkt freudig lächelt zurück. Sie durchsucht die Menge nach ihren Kindern, kann sie jedoch dem Anschein nach nicht finden und kommt mir entgegen. "Hallo, Liebes!" Ich setze den Käfig auf meinem Koffer ab und lasse mich von ihr in den Arm nehmen. "Schön dich zu sehen, wie geht's dir?" Ich nicke und lächle. "Ganz gut eigentlich. Vielen vielen Dank, dass ich mit zu euch kommen kann." - "Das ist gut. Ach, Emilia, du bist bei uns immer willkommen, das weißt du doch!" Sie drückt mich noch einmal an sich und ich genieße ihre Umarmung. "Danke."

Endlich erreichen auch Ron und Ginny ihre Mutter. Sie umarmt sie nacheinander und küsst sie auf die Wangen. "Muuum.." Ron wischt sich mit dem Ärmel darüber, als wolle er nicht vorhandenen Lippenstift Reste entfernen. "Es ist so schön, euch wieder zu sehen. Geht es euch gut? Wie waren die Prüfungen?" Ron verzieht den Mundwinkel. "Mum, wir haben Ferien, lass doch nicht das erste woran du mich erinnerst die Prüfungen sein." Molly seufzt. "Na gut." Sie drückt ihre Kinder noch einmal an sich. "Wo sind eure Brüder?" Ich nicke in die Richtung, aus der ich eben gekommen bin. "Die reden noch mit Harry.. Oh, da kommen sie ja schon." Kaum hatte ich es erwähnt waren die Zwillinge auch schon in unsere Richtung geeilt. Ich kann ihre Blicke nicht deuten. Es scheint, als würden sie ein Grinsen unterdrücken. Sie sehen aus, als hätten sie gerade im Lotto gewonnen. Verblüfft, irgendwie ungläubig und trotzdem strahlend. Ich schaue Fred fragend an, als er auf mich zu kommt und mich flüchtig auf den Mund küsst. "Später.", meint er nur und umarmt dann seine Mutter. "Hey Mom." - "Fred." Sie drückt ihn. "George." und dann seinen Zwillingsbruder. "Wie geht es euch? Habt ihr die Prüfungen gemeistert? Ich hab euch doch gesagt, ihr sollt mir schreiben!" - "Ja Mom.", sagen die Zwillinge im Chor. "Waren okay, wie immer.", meint George dann und wechselt das Thema schnell. "Wo ist Dad?" Molly seufzt. "Er macht in letzter Zeit viele Überstunden. Im Ministerium ist gerade viel los." Ein Nicken geht durch die Runde.

„Wie war eure Apparier-Prüfung?", fragt die rundliche Frau ihre beiden Söhne und meine Augen weiten sich vor Schock. „Shit.", murmle ich und zucke zusammen, als ein lautes Plopp ertönt und Fred von jetzt auf gleich von meiner Seite verschwindet und mit seinem Bruder hinter seiner Mutter wieder auftaucht. „Fabelhaft", singen die beiden im Chor. Molly zuckt ebenfalls zusammen, lacht dann aber erfreut auf. „Wunderbar. Wunderbar." Sie tätschelt die Schultern der beiden.

Als wir auf dem Gleis noch auf unseren Portschlüssel warten müssen, stupse ich Fred entschuldigend an. „Ich habs total vergessen!!" – „Was?", fragt er und nimmt meine Hand. „Die Apparier-Prüfung." Er lächelt verständnisvoll. „Macht nichts, du hattest genug anderes um die Ohren." Ich nicke. „Aber wie es aussieht, habt ihr sie beide bestanden.", stelle ich fest und Fred nickt. „Mit Bravur!", grinst er und ich küsse ihn auf die Wange. „Was anderes habe ich auch nicht erwartet.", lache ich und Fred legt die Arme um mich. „Tut mir echt leid!", meine ich und wie ich mich kenne, werde ich mich noch ein paar hundert mal entschuldigen. Fred schüttelt grinsend den Kopf.

Im Fuchsbau angekommen es ans Auspacken. "Emilia, ich hab dir einen Schlafplatz bei Ginny fertiggemacht." - "Mooom...", beschwert sich Fred. "Keine Widerrede." Ich zucke die Achseln. "Aber..." - "Nein." Und damit ist das Thema geklärt. Fred streckt seiner Mutter hinter ihrem Rücken die Zunge raus und nimmt mir dann meinen Koffer ab. "Danke", sage ich und nehme Freddie's Käfig hoch. Er fiepst ungeduldig und kann es kaum erwarten, wieder herumzuflattern. "Ich lass dich ja schon raus.", sage ich und öffne seinen Käfig. Schnell flattert die kleine Eule durch den Raum und letztendlich aus dem Fenster hinaus. Ich schließe den Käfig und folge den Weasley-Kindern die Treppen hinauf.

"Was wollte Harry von euch?", frage ich Fred, als seine Mutter außer Hörweite ist und er meinen Koffer in Ginny's Zimmer abstellt. Er blickt sich um, Ginny packt den Inhalt ihres Koffers in ihren Schrank und scheint mit den Gedanken irgendwo anders zu sein. "Komm mit." Fred nimmt meine Hand und zieht mich in sein und George's Zimmer. George sitzt auf dem Bett, Pergament und Federkiel in der Hand. Er schaut hoch, als wir den Raum betreten. Fred schließt hinter uns die Tür. "So geheimnisvoll?", frage ich und lache. Die Zwillinge bleiben ernst. Okay?...

"Wo hast du's?", fragt Fred. George greift unter sein Kopfkissen und wirft seinem Bruder einen, dem Anschein nach schweren, Sack zu. "Was ist das?" Fred reicht es mir und ich stutze, als ich die Schnüre löse und ein Haufen glänzendes Gold mir entgegen strahlt. "Was.. ?!" Ich bin sprachlos. "Das sind... mindestens.." - "Ein Tausend Galleonen", sagen wir drei im Chor und mir geht ein Licht auf. "Das Preisgeld?" Die Zwillinge nicken. "Aber.." - "Für unser Geschäft." George wedelt mit dem Pergament in seiner Hand. "Bestellformulare", flötet er. "Aber sag Mum bloß nichts davon." - "Natürlich nicht!!" Ich setze mich auf die Bettkante von George's Bett, der Sack Gold in der Hand. "Krass." Fred nickt und nimmt mir das Gold wieder ab. Sorgfältig verknotet er den Beutel und versteckt ihn wieder unter George's Kopfkissen.

Ich schaue mich im Raum um. In den Ecken stehen Kartons, bis zum Rand gefüllt. „Was ist da drin?" Fred geht zu einem Karton, öffnet ihn und wirft mir etwas entgegen. „Fang!", ruft er zu spät und ich jongliere das Hautfarbene Etwas umher, bis ich es schließlich gepackt bekomme. „Was ist... ihhh" Als ich es als ein Ohr identifiziere, lasse ich es los und es purzelt über die Bettkante auf den Boden. Fred und George beginnen zu lachen und Fred hebt das Ohr wieder vom Boden auf. „Ist das ein Ohr?", frage ich entsetzt und schaue das hautfarbene Fleisch-Gewulzt in Freds Händen an. „Naja, fast. Es ist ein Langziehohr." Er zieht es wie eine Ziehharmonika auseinander und grinst dabei begeistert. „Du steckst die eine Seite in dein Ohr und kannst es dann so lang ziehen wie du willst, um wen auch immer, wo auch immer zu belauschen.", erklärt George und steht vom Bett auf. Er öffnet die Zimmertür und beugt sich über das Treppengeländer. Ich folge ihm mit meinem Blick und schaue verwirrt von George zu Fred. Dieser wirft seinem Bruder das Ende des Langziehohres zu, welches die tatsächliche Form eines Ohres hat und George lässt es das Treppenhaus hinab. Fred winkt mich zu sich und ich stehe auf. Skeptisch nehme ich das andere Ende des Fleisch-schlauches entgegen und halte es mir an mein Ohr.

„Wie war denn dein Jahr, mein Schatz?" Ich schrecke auf, als ich laut und deutlich Mollys Stimme vernehme. Fred und George schauen mich gespannt an. „Ganz gut, denke ich. Zumindest der erste Teil." – „Ach Liebes.. Was da passiert ist-" Ich nehme das Langziehohr von meinem Ohr. Mehr will ich nicht mit anhören. „Das ist genial.", sage ich und reiche Fred das Ende.

George zieht den Scherzartikel wieder aus dem Treppenhaus hoch und das Langziehohr zieht sich von selbst wieder zusammen. „Natürlich ist das genial.", sagen die Zwillinge im Chor. „Wir haben es erfunden!" Ich grinse die beiden an und schüttle den Kopf. „Ihr seid Genies." Stolz strahlen sie mir entgegen. „Wir haben noch mehr." Die beiden geleiten mich zu den Kartons und Fred öffnet den zweiten. „Nasch-und-Schwänz-Leckereien.", erklärt er und hält mir zwei Bonbons hin. Ich will danach greifen, doch Fred schließt seine Faust darüber. „Ich würde sie nicht testen.", lacht George. „Was machen die?" – „Die orangenen verursachen Brechreiz oder Nasenbluten.", erklärt Fred. „Die lilanen stoppen das Ganze wieder." Ich nicke und schaue zu den restlichen Kartons. Ich deute auf die Box und schaue die beiden fragend an. „Darf ich." – „Klar.", sagen sie im Chor. Ich öffne den nächsten Karton und zum Vorschein kommen noch mehr Bonbons. Ich nehme eins raus und lese die Aufschrift laut vor. „Du scheißt nie mehr?" Mit hochgezogener Augenbraue schaue ich die Zwillinge fragend an und muss lachen. „Echt jetzt?" Sie grinsen und George öffnet den nächsten Karton.

Die beiden präsentieren mir allerlei Scherzartikel und Schulhilfen und ich bin vollends begeistert. „Es ist noch nicht alles ganz ausgereift, aber das meiste ist einsatzbereit." – „Wow.", ich komme aus dem Staunen kaum noch heraus. „Wann habt ihr das alles gemacht?" Die beiden schauen sich an und zucken mit den Schultern. „Während du für die Prüfungen gebüffelt hast, würde ich sagen.", meint George und Fred nickt zustimmend. „Oh...", lache ich und schließe den letzten Karton wieder.


𝕝𝕠𝕤𝕥 𝕒𝕟𝕕 𝕗𝕠𝕦𝕟𝕕 - die Tochter des letzten Rumtreibers ➵ Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt