Kapitel 6

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Im Flugzeug sitze ich mit John in einen der Bänke. Julian sitzt an seinem Handy und ist auf Instagram, TikTok oder YouTube. Claas ist nach wenigen Minuten schon eingeschlafen, obwohl er an seinem Laptop saß und versuchte den Text eines Songs fertig zu schreiben. Er meinte, er hätte die Idee gehabt und will das nun beenden. Und Marco sitzt auf seinem Platz und tippt an der Seite seines Glases, da er immer nervöser wird. Fliegen und er darf keinen Alkohol trinken. Keine Kombi, die ihm gefällt.

Ich hingegen sitze gerade an meinem iPad und schreibe mit der Dame, die sich heute Abend um mein Aussehen kümmern soll. Gina, die sich auf Tour oder im Alltag, sollten wir einen Auftritt oder ähnliches haben, um mich kümmert, konnte heute nicht mit herkommen und daher macht es eine andere Frau. Sie heißt Sonja und ist eigentlich für andere zuständig, meinte aber, sie könnte mich zwischen zwei ihrer Leute noch einschieben und wurde mir daher durch den Veranstalter zugewiesen.
Sonja: Also ich bin mit dem Vorletzten Klienten um 16 Uhr fertig. Wir können uns dann etwas Zeit lassen, da der Letzte es nicht so mit Zeit und Pünktlichkeit hat."
Anissa: Kenne ich nur zu gut. Keinen Stress daher. Wir werde gegen 18.30 Uhr vom Hotel abgeholt und zur Verleihung gebracht. Das sollte wohl genug Zeit für alles sein."
Sonja: Ist alles gut. Schreibt mit später, wenn du ankommst nur die Nummer deines Zimmers, dann komme ich sofort, wenn ich bei ihm fertig bin."
Anissa: Werde ich schaffe. Danke, dass du das heute für mich machst, da ich gehört habe, dass du dich eigentlich eher nur um Männer kümmerst."
Sonja: Als das Event mir gezeigt hat, um wen ich mich kümmern soll, musste ich sofort ja sagen. Außerdem ähnelt dein Look auch dem, was ich vorher oder im Alltag bei meiner Stelle die ganze Zeit mache. Jetzt komm aber erstmal gut in München an und dann schreiben wir wieder."
Ich habe bei ihr ein gutes Gefühl. Mir wurde nicht gesagt, bei wem sie normal arbeitet und da sie es eben auch nicht erwähnt hatte, sondern immer nur von den Männern sprach, denke ich, dass sie es nicht sagen will, da es zur Geheimhaltung gehören könnte. Mir eigentlich im Grunde auch egal, Hauptsache ich sehe heute Abend bei der Verleihung ansprechend aus und ich glaube nach dem, was ich von ihr bisher gehört habe und auch mit dem Wissen, dass sie seit einigen Jahren bei den gleichen angestellt ist, wird das schon gut werden. Da mache ich mir keine Sorgen.

Plötzlich setzt sich Marco mit zu John und mir und daher schalte ich mein iPad aus und klappe es zu, damit ich es auf den Tisch legen kann.
Anissa: Was kann ich für dich tun?"
Marco: Gehst du mit uns heute Abend noch was trinken auf der Party?"
Ich schaue ihn mich hochgezogenen Augenbrauen an. Eigentlich hätte er sich die Frage doch selbst schon beantworten können.
Anissa: Ich bin immer bei der Party dabei Marco, aber du bist da längst schon betrunken. Claas wird versuchen nicht aufzufallen oder sich einen der Männer suchen, mit denen er auf einer Wellenlänge ist. Und Julian wird sich eine Frau suchen, mit der er schnell verschwinden kann. Egal wohin, das wissen wir beide doch auch am besten."
Marco: Ich meinte ja nur...es scheint mir so oft, als würdest du nichts mit uns zu tun haben wollen Anissa."
Anissa: Ihr seid meine besten Freunde, das wisst ihr doch. Aber wir sind in dieser Sachen halt verschieden. Ich werde was trinken und den Abend genießen, aber vermutlich wird es auch nicht mal auffallen, dass ich nicht in eurer Nähe bin."
Marco wird bedrückend still, da ich ihm indirekt vorgezeigt habe, wie sie zu mir sind und was für ein Gefühl sie mir oft vermitteln.

Ja, ich gehöre zu denen dazu und irgendwo sind wir noch immer die besten Freunde aus dem Gymnasium, die immer gerne zusammen Musik gemacht haben. Wir sind bei Schulveranstaltungen aufgetreten und haben immer davon geträumt, dass wir zusammen nach Berlin ziehen und mit unserer Musik berühmt werden. Wir wollten in ein Haus ziehen, morgens immer zusammen aufwachen, frühstücken und dann einfach Musik machen. Dass unsere Leben aber jetzt derartig unterschiedlich verlaufen sind, muss ich keinem mehr sagen und dass das eben auch okay ist. Dass wir unterschiedliche Interessen in den Jahren entwickelt haben. Andere Bedürfnisse, Sorgen und Probleme. Wir sind nicht mehr die Teenager von damals.

Marco will gerade in die Innentasche seiner Jacke greifen, als sein Blick zum Cockpit gelenkt wird. Wir werden in zehn Minuten in München landen, also muss er gleich wieder auf seinen Platz gehen und dann hätte er den Flug auch ausgehalten, ohne etwas zu trinken.
Marco: Wir lieben dich, wie du bist und du bist unsere beste Freundin Anissa...es tut mir leid..."
Ohne ein weiteres Wort oder eine Erklärung steht er auf. John richtet seinen Blick zu mir, wobei ich ihn ansehen kann, dass er verwirrt ist. Ich hingegen muss ihm nicht erklären, dass es eine Entschuldigung ist für das Verhalten, was ich bei den Jungs sehe. Dass ich noch so an unseren Traum hänge und ihn zerbrechen sehe, während sie mit voller Kraft auf die Klippe zu rennen und mich mitschleifen.
Anissa: Mach dir keine Sorgen John. Das ist eben Marco."
Ein einfaches Nicken von ihm und danach gibt der Pilot uns das Signal, dass wir uns wieder anschnallen müssen, da wir zur Landung ansetzen. Ich lasse meinen Blick in der Zeit aus den Fenster wandern und genieße die letzten ruhigen Momente, bevor der Stress losgehen wird. Die Jungs beenden auch das, was sie gemacht haben oder wachen wieder auf.

Als wir wieder festen Boden unter den Füßen haben, können wir nach kurzer Zeit auch wieder aussteigen. Als wir das Gepäck abholen, bekommen Marco, Julian und Claas auch ihre Leibwächter vorgestellt. John schaut sie misstrauisch an, das bekomme ich auch mit, aber wir beide gehen schnell zum Leihwagen, den er vorher von seiner Agentur besorgt hat. Er vertraut keinem anderen und will alles sicher haben.
Anissa: Warum hast du die so seltsam angesehen John? War mit denen etwas?"
John: Sie waren so distanziert und unkoordiniert, aber dabei können sie nicht neu in dem Beruf sein. Aber sie haben nichts an sich, dass sie in Notfall ihre Personen schützen können. Ich weiß es nicht, aber...etwas stört mich an denen..."
Ich schaue zu ihm rauf und er bemerkt meinen leicht besorgten Blick. John zuckt aber nur mit den Schultern, als könne er sich auch einfach irren und dann ist das erledigt, als wir beim Wagen ankommen und endlich zum Hotel fahren können...

Two Sides of Our LifeWhere stories live. Discover now