Kapitel 102

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»And then I can tell myself, what the hell I'm supposed to do. And then I can tell myself, not to ride along with you. I had all and then most of you. Some and now none of you. Take me back to the night we met.«

Meine weiße Decke wird mit den Zeit, die ich hier auf dem Sofa liege und diese anstarre, immer dunkler. Liegt vermutlich daran, dass es bereits draußen dunkel wird. Ich liege seit einiger Zeit hier. Ich lag die letzten Tage immer wieder hier. Ich hatte keinen Grund, meine Wohnung zu verlassen. Die Tour ist vorbei. In der Halle werde ich nicht gebraucht. Keine Proben stehen an. Ich konnte mich vollkommen unbemerkt in meiner Wohnung einschließen und über das nachdenken, was sie mir gesagt hat. Es ist das Beste für dich, wenn wir uns nicht wiedersehen. Ich bin diesen verdammten Satz tausende Male durchgegangen. Auf dem Sofa. In der Küche. Auf dem Balkon. Vor meinem Mac. Unter der Dusche. Im Bett. Immer wieder. Und immer wieder komme ich an den Punkt, dass ich sie nicht verstehe. Dass ich nicht verstehe, warum es so mit uns enden musste, bevor es überhaupt richtig anfangen konnte. Ich hatte versucht sie zu erreichen, aber sie war seit Tagen nicht mehr online, ihr Handy ist abgeschaltet, da ich immer sofort an die Mailbox gerate und auf Instagram hatte sie seit dem Artikel bereits nichts mehr gepostet. Also liege ich einfach weiterhin allein, ohne Antworten und mit einem absoluten Gefühl der Leere einsam in meinem Wohnzimmer und zerbreche mir weiterhin darüber den Kopf.

Auf der Rückenlehne sitzt Tweety, den es wohl langsam seltsam vorkommt, dass ich dermaßen viel zu Hause rumsitze oder eher liege. Gerade schaut er mich wieder skeptisch an, legt seinen Kopf zur Seite und ich mache es ihm gleich.
Chris: Schau mich nicht so an. Das kann mich auch nicht aufmuntern."
Kurz darauf schaut er weg, fliegt vom Sofa weg auf einen Schrank, der neben der Tür zum Flur steht. Selbst mein Vogel lässt mich hier allein.
Chris: Mein Gott ist das alles ätzend."
Ich drehe mich zur Seite weg und schaue daher an die Rückenlehne, zumindest bis ich meine Augen wieder schließe. Mir bleibt doch nichts anderes übrig. Sie zeigt mir mit jedem weiteren Tag, dass ich sie nicht erreichen soll. Ansonsten würde sie irgendwas online lassen. Aber von ihr gibt es kein Lebenszeichen mehr. Ich sollte mich damit abfinden, dass ich jetzt ohne sie weitermachen muss. Dass sich unsere Leben überschnitten haben, aber dass sie einfach nicht zusammengehören sollten. Dass wir beide nicht zusammengehören. Dass es so einfacher wäre, wie sie es meinte. So kommt es mir allerdings gerade nicht vor. Ohne sie ist nichts einfacher.

Dass meine Wohnungstür aufgeschlossen wird, bekomme ich sehr gut mit, aber da ich weiß, dass nur eine weitere Person einen Schlüssel zu meiner Wohnung hat, mache ich mir nicht die Mühe nachzuschauen oder ihn zu begrüßen.
Andreas: Ich dachte mir, dass ich dich hier antreffen würde."
Chris: Wo sollte ich denn auch sonst sein?"
Als ich mich vor einer Woche abgemeldet hatte auf unbestimmte Zeit hin, habe ich ihm auch grob gesagt, was los ist. Okay, ich habe ihm gesagt, dass Anissa den Kontakt abgebrochen hat und dass ich ein paar Tage zum Nachdenken brauche. Vermutlich ein paar Tage zu viel für meinen Bruder.
Andreas: Weiß ich nicht. Vielleicht auf dem Weg, dein Leben wieder in den Griff zu bekommen?"
Chris: Habe ich gerade in der nächsten Zeit nicht wirklich vor."
Vom Geräusch her bekomme ich mit, dass Tweety sich wieder umgesetzt haben muss. Ich schaue auf und sehe, dass er wieder auf der Sofalehne sitzt. Er schaut mich an und mein Bruder schaut selbstverständlich auch zu mir hin. Ich stöhne nur genervt und leg mich wieder hin, woraufhin Andreas auch näher zu mir kommt.
Andreas: Ja, du hast so was von Liebeskummer."
Chris: Danke Sherlock, wusste ich auch."

Andreas nimmt Platz auf dem Sessel neben dem Sofa und mich bringt es dazu, dass ich mich wieder ordentlich aufsetze. Sein Blick liegt auf mir und mir ist es erstmals egal. Meine Hände lege ich auf meine Knie, atme durch und schaue dann erst zu ihm hin.
Andreas: Es ist eine Woche her, Chris."
Chris: Und? Zeit bedeutet hier nichts. Ich verstehe noch immer nicht, warum sie den Kontakt zu mir abbrechen musste. Es macht alles einfach keinen Sinn, Andreas."
Andreas: Was hatte sie zu dir gesagt? Sie kann doch nicht einfach gemeint haben, dass sie dich nicht mehr sprechen oder sehen will."
Chris: Doch, irgendwie schon."
Meinen Blick senke ich wieder auf meine Hände, die nervös über meine Knie gehen. Irgendwie kam es mir zumindest so vor, als hätte sie es einfach so gesagt. Hat sie doch auch. Es gab keinen Grund dafür, dass sie auf einmal wollte, dass wir den Kontakt abbrechen. Oder habe ich etwas verpasst? Habe ich etwas nicht mitbekommen?
Chris: Sie hatte sich am Abend gemeldet und nach ein paar kurzen Sätzen, die wir gewechselt hatten, meinte sie, dass wir keine Kontakt mehr zueinander haben sollten."
Auch Andreas schaut mich verwirrt an. Viel Kontakt hatten die beiden nicht. Er kennt Anissa nicht so gut, wie ich sie kennenlernen durfte. Aber das passt überhaupt nicht zu ihrer Art und das weiß selbst ich. Sie war sich als erstes sicher, dass irgendwas zwischen uns sein könnte und dann ist sie diejenige, die es abbricht. Die mich sitzen lässt.

Scheinbar überlegt Andreas, wie er das verstehen soll. Kann er lange versuchen. Ich versuche immerhin seit einer Woche eine Antwort auf das zu finden, was passiert ist. Und während ich weiterhin runter schaue, betrachtet er mich genaustens.
Andreas: Hatte sie es begründet?"
Chris: Sie meinte, es wäre das Beste für mich, wenn wir uns nicht wiedersehen."
Andreas: Kannst du sie verstehen?"
Chris: Nein! Ansonsten wäre ich nicht seit einer Woche allein in meiner Wohnung."
Andreas: Ja, aber kannst du sie verstehen?"
Muss er immer so verwirrend sprechen? Als hätte ich für solche Gedanken gerade noch die Kapazitäten. Der Moment, wo ich aufschaue, ist der Moment, wo Andreas im Zimmer umherschaut und vermutlich wartet, dass ich darüber nachdenke. Ich werde leiser.
Chris: Sie hat sich immer die Schuld für alles gegeben. Dass wegen ihr alles bei uns beiden so geworden ist und dass ich deswegen das alles durchmachen musste."
Andreas: Aber?"
Chris: Ich hatte ihr gesagt, dass es mir ehrlich gut geht. Das ist das, was ich nicht verstehe."
Andreas: Wir können nicht immer wissen, warum manche Entscheidungen getroffen werden. Wir können nicht wissen, was im Leben von anderen Menschen los ist. Und erst recht wissen wir nicht, was sie zu bestimmten Entscheidungen treibt. Vielleicht ist es ihre Lösung für ein Problem, was du nicht kennst. Und eigentlich ist es großer Beweis dir gegenüber, dass sie dich in Schutz nehmen will...

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