Kapitel 18

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Sicht von Chris...

Über meine Kopfhörer läuft noch immer die Musik von Spotify, da ich noch immer nach einem Lied für eine Illusion suche. Dabei ist diese Playlist ein einziges Durcheinander. Da folgt auf Ed Sheeran, Bruno Mars, dann Rammstein, Queen, Peter Fox, David Garrett, Loreen, Guns n' Roses und...Public Therapy.

Ich lehne in meinem Stuhl vor meinem Schreibtisch, schaue über den Bildschirm hinweg, da Andreas auch gerade an seinen Schreibtisch sitzt und einige Mails beantwortet. Das macht er, seitdem er hergekommen ist. Am Morgen war er unten arbeiten und als er hoch kam, hatte er gesehen, dass ich Musik raussuche und dass er mich deswegen nicht ansprechen kann und sollte. Er beachtet mich nicht und daher greife ich mit der Hand in die Tasche meiner Sweatjacke, damit ich den Zettel rausholen kann, der seit beinahe zwei Wochen dort nur liegt und wartet, dass ich ihn endlich zu Hause auf den Tisch lege. Wie jedes Mal gehe ich mit dem Daumen über die Schrift, wobei ich sehen und spüren kann, dass das Papier allmählich darunter leidet. Es fühlt sich schon abgenutzt an und die Knicke sieht man immer deutlicher. Am Rand ist es bereits eingerissen, also lange wird es nicht mehr durchhalten, bevor es komplett reißen wird. Ich schaue darauf, die Musik wird im Hintergrund immer leiser und auch, dass Andreas mit im Raum ist, wird zur Nebensache.

Ich würde mich freuen, wenn du dich nochmal melden würdest Chris. Ich würde die Gespräche und die Zeit mit dir gerne wiederholen. Ruf mich an, Anni.

Anni hatte mir die Möglichkeit gegeben, dass ich sie erreichen kann. Sie hat mir sowohl ihre Nummer als auch ihr Profil auf Instagram genannt, was ich mittlerweile definitiv nicht fast täglich besuche, damit ich erfahren kann, was bei ihr los ist. Es ist doch erbärmlich! Ich könnte sie einfach persönlich anschreiben oder anrufe, um nachzufragen, was sie macht. Dafür hatte sie mir am Morgen doch noch die Nummer gegeben. Dafür ist sie am Morgen extra noch länger in meinem Zimmer geblieben. Und ich drücke mich jetzt seit 12 Tagen darum, dass ich mich melde, etwas von ihr höre, ihr zeige, dass ich sie auch gerne wiedersehen will. Einfach mit ihr reden. Den Alltag vergessen. Nichts Besonderes machen.

Einen Moment schaue ich auf den Zettel und beginne gerade wieder aktiv wahrzunehmen, was für ein Lied über meine Kopfhörer abgespielt wird, da hat Andreas diese aber schon von meinem Computer getrennt, sodass das erste Lied des Albums „Inner Demons" im Büro zu hören ist, bis ich es stoppen kann.
Chris: Ein einfaches Zeichen, dass du mit mir reden oder das Lied hören willst, wäre auch okay gewesen Andreas."
Andreas: Du wirktest etwas sehr in Gedanken versunken Bruder, da dachte ich, dass ich es einfach mal anders mache."
Er schaut über den Bildschirm auf das, was ich da gerade hab laufen lassen. Ich bin zu langsam damit die Seite zu schließen, sodass er gesehen hat, was ich gehört habe. Zudem hatte er es selbst doch hören können.
Andreas: Kommt mir bekannt vor."
Ich schaue zu ihm rauf, habe noch immer den Zettel in der Hand und setze mich etwas ordentlicher hin, als würde ich arbeiten, als wäre ich nicht abgelenkt.
Chris: Ich habe noch immer nichts für die Illusion gefunden."
Andreas: Du lenkst ab. Dass Lied ist von ihrer Band."
Ja, das Lied ist von Annis Band, wollte ich sagen, aber ich unterlasse es, bringe es nicht hervor, schaue einfach nur zur Seite raus.

Es ist draußen schon fast dunkel, wir waren beide lange hier. Daher fahre ich meinen Computer auch runter. Zu Hause muss ich etwas zum Abendessen machen und Tweety füttern. Obwohl...er sollte noch etwas haben. Aber ich muss ihn wieder in den Käfig lassen und ihn für die Nacht abdecken. Musik kann ich auch zu Hause weiter raussuchen, da ich mich sowieso noch um den Haushalt kümmern sollte. Auch wenn es noch nicht wieder auf Tour geht, etwas mehr Ordnung tut mir am Ende auch ganz gut.

Andreas bekommt das alles auch mit. Zwar nicht meine Gedanken, wo ich auch mehr als froh drüber bin, aber dass ich mich scheinbar bereit mache nach Hause zu fahren.
Andreas: Ist alles okay bei dir Bruder?"
Ich zucke mit den Schultern, weil das wirklich mein Empfinden gerade ist. Ich weiß es nicht. Ich will mich bei ihr melden, da ich die Zeit am Abend des Events genossen habe. Mit ihr zu reden, zu lachen und die Zeit zu vergessen. Zugleich denke ich aber an den Fehler, den wir gemacht haben, obwohl es sich nicht hundertprozentig wie ein Fehler angefühlt hatte. Ich habe aber das Gefühl, dass es jetzt einfach seltsam wird.
Andreas: Was hast du da in der Hand?"
Mein Blick fällt wieder auf den Zettel, als ich gerade aufstehe. Ich gebe ihn Andreas einfach in die Hand, während ich zum Haken laufe, wo meine Jacke hängt.
Andreas: Sie hat dir ihre Nummer gegeben? Sie will dich wiedersehen Bruder."
Chris: Scheinbar."
Als ich wieder zu ihm gehe, damit ich den Zettel wiederbekomme, schaut er mich etwas genauer an, gibt ihn mir aber schlussendlich doch.
Andreas: Und warum bist du so seltsam Bruder?"
Chris : Weil ich nicht weiß, wie ich das finde, okay?"

Andreas nickt schweigend, schaut raus, denkt nach, sucht nach Worten. Ich nehme meine Tasse Kaffee, trinke den Rest aus und stelle sie auf den Tisch, der später abgeräumt wird.
Andreas: Willst du sie wiedersehen?"
Chris: Schon, aber...ich denke halt an diese Nacht, wo ich denke, dass es seltsam sein wird."
Andreas: Hast du dich in sie verliebt?"
Chris: Definitiv nicht. Verstehe mich nicht falsch, sie ist wirklich eine wunderbare und phantastische Frau auf ihre Art und Weise, aber..."
Andreas: Eben nur als Freundin."
Chris: Ja...aber danach sah diese dämliche Nacht nicht unbedingt aus."
Andreas: Bruder."
Den Zettel mit ihrer Nummer stecke ich wieder weg, damit ich danach zu Andreas schauen und mich auf ihn konzentrieren kann.
Andreas: Es war eine Nacht. Das hat der Begriff „One-Night-Stand" so an sich. Wenn ihr beide euch wiedersehen wollt und es klar ist, dass ihr einfach reden, Zeit verbringen und euch wie Freunde verhalten wollt, was hält dich dann ab, ihr zu schreiben?"
Ich zucke nur wieder mit den Schultern, bevor ich den Heimweg antrete. Die Angst, dass es sich wiederholen könnte Andreas, das hält mich davon ab...

Two Sides of Our LifeWhere stories live. Discover now