Kapitel 70

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Meine Wohnung ist still, nur Sylvester beschwert sich, da er etwas zu fressen haben will. Während er dann zufrieden vor seinem Napf sitzt, gehe ich unter die Dusche, damit ich die letzten Momente von gestern Nacht von meinem Körper abwaschen kann. Eine heiße Dusche später komme auch ich vielleicht wieder auf klare und geordnete Gedanken. Oder ich brauche doch jemanden, mit dem ich reden kann.

In der Wohnung riecht es nach frischem Kaffee, ich trage wieder meinen zu großen Hoodie, der mich wärmt und lass meine Haare an der Luft trocknen. Im Hintergrund läuft eine Podcastfolge Hobbylos, wobei ich gerade die Folgen nochmal höre, da ich alle bereits einmal durch habe. Die Folge Glied im Penis ist dabei beinahe durch, aber irgendwas brauche ich im Hintergrund. Mein iPad steht auf dem Tisch vor dem Sofa, auf welches ich mich auch mit meiner Tasse Kaffee wieder fallenlasse.
Anissa: Ich weiß doch einfach nicht, was ich machen soll! Was das ist. Was richtig und was falsch ist, da sich gerade alles falsch anfühlt!"
Johanna: Ach Süße, fang nochmal ganz von vorne an und dann versuchen wir beide das hinzubiegen. Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, wenn du traurig bist."
Als ich meine Schwester angerufen hatte per Facetime, musste ich erstmal wieder zu mir kommen, da ich wieder angefangen hatte zu weinen. Johanna Musste mich dann beruhigen und meinte, dass sie sich etwas Zeit nehmen kann.
Johanna: Du warst gestern also bei ihm in der Show, soweit habe ich das mitbekommen."
Anissa: Ja. Vorher war ich schon bei ihm in der Kabine und da haben wir uns etwas unterhalten. Und während ich da auf dem Sofa liege, mit ihm spreche, kommt es fast dazu, dass wir uns küssen. Nur weil jemand an seiner Kabine klopfen musste, wurde daraus nichts."
Johanna: Das ist aber vermutlich nicht das, was dich jetzt so auflöst, richtig Süße?"

Ich lege meinen Kopf in den Nacken, kneife meine Augen wieder zu, damit ich die kommenden Tränen unterdrücken kann. Wozu habe ich einen Comedy Podcast im Hintergrund laufen, wenn ich trotzdem in meiner Trauer versinke?
Anissa: Ich bin nach der Show zu ihm gegangen und er hatte mich darum gebeten, dass ich die Nacht bei ihm bleibe. Ich ging mit in sein Hotelzimmer in Berlin. Wir haben miteinander geschlafen. Hatten eine wirklich schöne Zeit. Und am Morgen schmeißt er mich einfach aus seinem Zimmer, ohne, dass wir über irgendwas sprechen konnten!"
Selbst Sylvester schaut mich schon verwirrt von seinem Kratzbaum aus an. So emotional instabil hatte er mich auch lange nicht mehr gesehen.
Johanna: Und das hat dich natürlich verletzt."
Anissa: Klar! Er hat mich rausgeschmissen. Er hat das bekommen, was er wollte und meint mich wegschicken zu müssen!"
Johanna: Glaubst du ehrlich, dass das seine ehrliche Absicht war? Dass es das war, was er dir zu verstehen geben wollte?"
Ich schweige und die Stille wird nur durch mein unterdrückter Schluchzer unterbrochen, wonach ich wieder mit dem Ärmel über meine Augen gehe.
Anissa: Weiß ich doch auch nicht...ich weiß doch rein gar nichts..."
Ich lasse mich aufs Sofa fallen, liege dort und starre an die Decke.
Anissa: Du hattest recht, Johanna...ich beginne mich in diesen Menschen zu verlieben..."

Ich nehme nebenbei die Schritte wahr, die ich bei meiner Schwester im Haus hören kann. Danach höre ich, dass sie etwas sagt und schaue daher wieder zum Bildschirm.
Max: Warum weint Tante Nanni?"
Johanna: Deine Tante vermisst einen Menschen gerade sehr, der ihr aber heute morgen sehr wehgetan hat."
Max: Hat er sie gehauen?"
Johanna: Nein, Max. Er hat aber etwas gesagt, was sie verletzt hat. Dabei meinte er das vermutlich gar nicht so. Aber beide haben sich nicht ausgesprochen."
Max: Und warum reden die beiden nicht miteinander? Du hast immer gesagt, dass man miteinander reden muss, damit sich Probleme lösen können. Der andere kann doch gar nicht wissen, wie es uns dabei ging und wir auch nicht, warum er so gehandelt hat."
Ich muss schmunzeln. Meine Schwester war schon immer eine großartige Mutter. Für mich eine wunderbare große Schwester, die ich immer um Rat bitten kann.
Max: Rede doch mit ihm, Nanni. Und wenn er dann noch immer ein Arsch ist, dann hat er dich nicht verdient."
Johanna und ich müssen lachen. Mein kleiner Neffe konnte mich von dem ablenken, was meine Gedanken mir gerade wieder sagen und entgegen schreien. Zu viel auf einmal, was ich nicht verarbeiten kann.

Two Sides of Our LifeWhere stories live. Discover now