Epilog (2)

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Niemals im Leben werde ich mich damit abfinden oder darauf freuen, wenn ich in ein verdammtes Flugzeug steigen muss. Dieses Mal musste Anni mich die Zeit ertragen, die wir von Hannover bis nach München runter brauchten. Andreas hatte es amüsiert und ich war am Ende einfach froh, als wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten.

Das Hotel ist das gleiche wie immer. Also auch das, in dem Anni und ich damals waren. Dieses Mal werden wir beide allerdings in die vierte Etage geleitet. Anni hatte es mit dem Veranstalter abgesprochen, dass wir beide uns ein Zimmer teilen würden, auch wenn ich denke, dass denen das am Ende egal gewesen ist. Wir haben zumindest Bescheid gegeben. Die Zimmertür fällt gegen 15 Uhr ins Schloss, in etwas über einer Stunde kommt Sonja, damit sie mich fertig machen kann, vorher kommt die Frau, die Anni fertig machen würde. Aber gerade sind nur wir beide im Zimmer.
Chris: Musst du noch etwas machen, bevor es später los geht?"
Anni hängt ihre Klamotten auf einem Haken. Im Gegensatz zu damals trägt sie heute Abend die schwarze Latzhose, wie sie damals auch ein Bild auf Instagram hochgeladen hatte. Vermutlich wird das auch mit das einzige sein, was sie tragen wird. Habe ich damit ein Problem? Nein, denn am Morgen wacht sie immer neben mir auf.
Anissa: Ich will vorher noch einmal duschen gehen, da ich das gestern nicht mehr geschafft hatte. Meine Haare sehen katastrophal aus."
Ich muss leicht lachen und lehne mich gegen den Tisch, der in jeden Zimmer steht. Ich bin wieder nur Gast und gebe ihr bei allem den Vortritt.
Chris: Ich werde dich dabei nicht aufhalten und kann in der Zeit meine Sachen sortieren."
Als ich an Anni vorbeigehen will, damit ich meine Sachen aus der Tasche suchen kann, hält sie mich an der Schulter fest und dreht mich zu sich.
Anissa: Oder du kommst einfach mit."

Von ihr habe ich nicht mal die Chance bekommen, eine Antwort darauf zu geben. Anni hat nach meiner Hand gegriffen und mich dann mit ins Badezimmer genommen, wo sie hinter mir die Tür abgeschlossen hat. Danach kommt sie zu mir, legt ihre beiden Hände gegen meine Brust und kommt meinen Lippen näher.
Anissa: Ich habe die Nähe zu dir in den letzten Wochen sehr vermisst, Chris..."
Als Anni mir danach einen sanften und zugleich so verlangenden Kuss zu spüren gibt, gehe ich mit meinen Händen vorsichtig die Konturen ihres Körpers nach, seufze einen Moment, als ich ihre Hände auf meiner Haut spüre, weil sie mir dann kurz darauf das Shirt ausgezogen hat und zur Seite legt.
Chris: Ich habe dich auch vermisst, Anni..."
Im Gegensatz zu ihr, greife ich als erstes nach den Bund ihrer Hose und öffne den langsam, während ich sie wieder küsse. Ich muss ihr diese nur über die Hüfte ziehen, weil sie den Rest erledigt, damit ich danach gleich ihr Shirt ihr ausziehen kann. Dort löst sie sich das erste Mal von mir und geht zu ihren Sachen, damit sie ihr Haar aus dem Zopf lösen kann und ich sehe sie das erste Mal wieder komplett, betrachte ihren gesamten Körper. Meine Blicke muss sie mitbekommen haben, sodass ich meine Augen zusammenkneife. Ich habe sie so wertend angeschaut, aber ich selbst weiß, wie sehr sich ein Körper auf Tour verändern kann, da für genügend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung oft einfach nicht die Zeit bleibt.

Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, spüre ich Annis Hände in meinem Nacken, sodass ich aufschaue und ihr in die Augen. Mit einem schwachen Lächeln steht sie dabei vor mir und versucht meine Sorgen mir zu nehmen.
Chris: Ich wollte dich nicht so anschauen, tut mir leid. Ich selbst müsste doch gut genug wissen, wie solche Blicke wirken und was man-"
Der Sanfte Kuss, den ich von ihr bekomme, lenkt mich von meinem Monolog ab, der vermutlich noch deutlich länger angedauert hätte. Dabei schließe ich natürlich wieder meine Augen, genieße den Moment und das auch, als sie sich wieder knapp löst.
Anissa: Ich wollte dir noch etwas sagen..."
Chris: Du weißt, dass du mir immer alles sagen kannst..."
Anissa: Ich weiß...dafür liebe ich dich..."
Bevor sie allerdings was sagt, küsst sie mich wieder und nimmt ihre Hände aus meinem Nacken wieder weg. Aus unseren Kuss kann und will ich mich nicht lösen und das lässt Anni auch nicht los. Sie allerdings greift in der Zeit nach meiner rechten Hand nimmt sie zuerst von ihrer Hüfte weg, bevor ich sie wieder an ihr spüre. Das ist der Moment, wo sie mich wieder anschaut. Anni schweigt. Wartet. Zuerst stutze ich, verstehe sie gar nicht, bis ich runterschaue, wo sie meine Hand hingelegt hat. An ihren Bauch.
Anissa: Ich bin schwanger..."

Vermutlich gebe ich ihr nicht die Reaktion darauf, die sie erwartet oder sich erhofft hat, denn ich stehe regungslos vor ihr und starre noch immer ungläubig auf meine Hand.
Anissa: Ich wusste einfach nicht, wie ich dir das sagen sollte...weil wir bisher noch nie darüber gesprochen hatten. Ich wollte es dir bereits gestern sagen und habe mich nicht getraut..."
Ich schaue auf und sehe, dass sie mich nicht anschaut, aber sehr genau erkenne ich, dass sie sich mit Tränen in den Augen versucht zu erklären, während ich noch immer keine angebrachte Reaktion von mir gegeben habe.
Anissa: Irgendwie...ich hatte Angst vor deiner Reaktion und dass es jetzt sein muss, passt auch eigentlich so überhaupt nicht...aber ich muss es dir doch sagen...es tut-"
Ich küsse Anni, bevor sie sich für irgendwas entschuldigen kann, was sie niemals müsste. Nach einen Moment legt sie ihre Hände wieder hinter meinen Kopf und ihre Tränen werden immer weniger, bis sie gänzlich aufhört, als wir uns anschauen.
Chris: Wie weit?"
Anissa: Im fünften Monat. Das war, bevor ich auf Tour gegangen bin. Als meine Ärztin meinte, wir sollten die Spirale ein paar Wochen lassen und da ich auf Tour gehen musste, haben wir doch anderweitig mit Kondomen verhütet. Ich habe es dann in Frankreich rausgefunden."

Anni lässt mich dort allein stehen, während sie zu der Tasche geht, wo die Sachen für ihre Haare und so drinnen sind. Daraus nimmt sie zwei Tests, kommt zu mir und gibt sie mir. Auf den einen sind zwei rote Striche, auf dem anderen ist das Wort »enceinte«, was französisch für »schwanger« ist, abgebildet.
Anissa: Wir dachten, dass ich wie Claas eine Lebensmittelvergiftung aus Italien mitgebracht hatte. Aber er war damit lange durch, als ich mich noch immer übergeben musste. Marco hatte mich gefragt, ob ich schwanger sein könnte, hat die gekauft und...beide positiv..."
Meinen Blick muss ich von den beiden Tests ablenken, damit ich wieder zu ihr schauen kann. Noch immer steht sie durchaus nervös vor mir und will gerade zu einem Satz ansetzen, wo ich ihr dieses Mal aber zuvorkomme.
Chris: Willst du Mutter werden?"

Vermutlich hatte sie damit nicht gerechnet, aber dennoch fängt sie an zu lächeln und danach zu nicken, während sie mir beides wieder aus der Hand nimmt.
Anissa: Ich war mir in den ganzen Jahren nie sicher, da ich bisher noch nie den Mann kennengelernt hatte, bei dem es sich richtig angefühlt hatte...aber mit dir bin ich mir sicher, Chris...mit dir will ich eine Familie gründen...aber was sagst du..."
Wieder ihr nervöser Blick, der von A nach B geht. Aber das hat endlich ein Ende, als sie mein Lächeln mitbekommt, was sie auch zum Lächeln wieder bringt.
Chris: Wir werden Eltern...ich könnte mir nichts besseres vorstellen."

Der letzte Schritt, der uns beide bis eben noch getrennt hatte, überwindet sie, damit ihre Arme wieder um meinen Nacken und meine über ihrer Hüfte liegen, damit wir uns endlich wieder küssen können. Auch ich war mir in den ganzen Jahren nie sicher, ob das etwas ist, was in mein Leben gehört, aber mit ihr fühlt sich das richtig an. Mit ihr war alles immer schon auf ihre Art und Weise richtig. Auch danach halte ich sie nahe bei mir.
Chris: Dann werden wir beide wirklich Eltern..."

Es wird einen Moment brauchen, bis ich das vermutlich begriffen und verarbeitet habe, aber ich weiß, dass ich mich auf den Moment und die neuen Erfahrungen freue.
Anissa: Ja, Chris...wir beide werden Eltern im Februar..."
Chris: Im Februar also..."
Ein kurzes Lachen von ihr, bevor sie mir nochmal einen Kuss auf die Lippen drückt, während sie mir meine Hose langsam öffnet.
Anissa: Du wirst Vater einer kleinen Tochter, Chris..."
Chris: Ein Mädchen?!"
Anni muss lachen, küsst mich nochmal und lässt in der Zeit ihre Hände in meine Shorts gleiten, damit diese Sachen bald auch nicht mehr an mir sind. Und auch bei ihr muss ich noch zwei Sachen weglegen, bevor wir zusammen unter die Dusche gehen können. Nur ein kurzer Moment zusammen, der aber alles bedeutet, nach dem, was sie mir gesagt hatte und nach dem, was wir in den letzten Monaten nicht hatten.

Sonja war am Ende diejenige, die uns unterbrochen hat und uns auch wieder ein Gefühl von Zeit geben musste. Überraschender weise ist Anni die Musikerin, um die sie sich damals gekümmert hatte. Sie dachte immer, dass wir das gewusst hätten. Naja, Anni ist schnell fertig gemacht, im Badezimmer zieht sie sich die Latzhose an und im Flur nur noch ihre schwarzen High Heels.
Anissa: Ich würde wetten, dass wir uns später auf dem roten Teppich sehen werden, Chris."
Chris: Wohl kaum. Ihr seid eine ganze Stunde vor uns dort. Wir sehen uns dort nicht."
Anissa: Okay, dann wetten wird. Sollte ich gewinnen, zahlst du den nächsten Restaurantbesuch."
Chris: Und vermutlich in dieser überteuerten Sushi Bar in Düsseldorf...du musst dann den nächsten Clubbesuch komplett auf dich nehmen im kommenden Jahr."
Anissa: Abgemacht. Ich mache mich auf den Weg."

Da ich noch vor Sonja sitzen muss, kommt Anni zu mir, gibt mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange, bevor sie unser Zimmer verlässt. Für mein Bruder und mich geht es eine Stunde später erst los...

Two Sides of Our LifeWhere stories live. Discover now