Kapitel 85

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Am Abend haben wir wieder in meiner Wohnung gegessen, wobei wir uns beide etwas mitgenommen hatten aus der Stadt. Im Anschluss daran war zuerst Anni duschen und danach ich. Von dort komme ich auch gerade, habe die Sachen weggeräumt und schließe hinter mir die Tür.

Durch den Flur komme ich in die Küche und lasse meinen Blick ins Wohnzimmer schweifen. Anni sitzt dort auf dem Sofa, hat ein Bein angewinkelt, weil auf ihrem Knie Tweety sitzt. Dabei sehe ich, dass sie lächelt, ihren Kopf etwas zur Seite legt, was Tweety ihr auch gleich nachmacht. Gut, dass er das nicht nur bei mir macht.
Chris: Willst du ein Glas Wein trinken?"
Sichtlich hatte Anni gar nicht mitbekommen, dass ich wieder aus dem Badezimmer gekommen bin und gerade in der Küche stehe. Für ihre Antwort braucht sei daher einen Moment, bevor sie anfangen kann zu nicken.
Anissa: Ja, sehr gerne. Ich war eben komplett abwesend."
Chris: Habe ich mitbekommen."
In der einen Hand habe ich die beiden Gläser, in der anderen die Flasche Wein. Die Sachen stelle ich auf dem Tisch ab, setze mich zu ihr aufs Sofa und schenke uns beiden im Anschluss etwas in die Gläser.
Anissa: Trinkst du nur Wein, Chris?"
Chris: Gerne mal am Abend. Allerdings auch gerne auf Tour einfach ein Bier oder wenn ich feiern bin ein Mischgetränk. Also sehr wählerisch bin ich da jetzt nicht."
Anni nimmt lachend ihr Glas entgegen, was ich ihr hinreiche. Einen kurzen Moment schaut sie darein, bevor ihr Blick wieder zu mir übergeht.

Anni trinkt den ersten Schluck aus ihrem Glas und setzt sich danach etwas bequemer aufs Sofa. Das ist der Moment, wo Tweety von ihrem Bein wegfliegt und sich stattdessen auf meine rechte Schulter setzt. Wir beide müssen daher kurz lachen.
Anissa: Er ist schon süß. Warum hast du einen Wellensittich?"
Chris: Ich hatte als Kind sogar zwei, bin damit also groß geworden. Außerdem, wenn man so viel unterwegs ist, ist dieses Haustier nicht so kompliziert. Für eine Katze habe ich einfach keine Zeit, auch wenn ich Sylvester unfassbar niedlich finde."
Anissa: Der hat sich auch wirklich bei dir eingeschleimt, Chris."
Als Anni und ich danach wieder lachen, wird es Tweety auch zu viel und er fliegt auf einen seiner Äste und beobachtet von dort die Szene. Während ich dort hinschaue, spüre ich, dass Anni mit ihrer Hand über meine Schulter geht. Kann sein, dass er ein paar Spuren hinterlassen hat und dass sie mein Shirt wieder richtig hinlegt. Auch wenn Anni mitbekommen haben muss, dass ich ihre Hand beobachte, trotzdem geht sie mit dieser noch über meinen Arm, bis ihre Hand wieder auf meiner liegt.
Anissa: Wieso sind deine Hände als Zauberer überhaupt nicht so rau oder beansprucht, wie meine? Deine sind immer so sanft."
Chris: Dafür sind meine Hände und Arme voller Narben."
Meine freie Hand, in der ich gerade nicht mein Glas halte, drehe ich um und zeige ihr diese und meinen Arm. Dabei geht sie mit ihren Fingern über die Verletzungen, die man noch sehen kann.
Chris: Ich habe mich so oft geklemmt, verbrannt oder geschnitten."

Ihr Kopf liegt auf der Lehne des Sofas und mit ihren Fingern streicht sie noch immer über Teile meiner Hand. Und ich lasse diese kleine Geste von ihr einfach zu, unterbreche sie dabei nicht.
Chris: Ich wollte dich wegen morgen etwas fragen."
Anissa: Was hast du geplant?"
Ich muss ein wenige lachen, als Anni das anspricht. Bei ihr sehe ich auch ein unterdrücktes Lachen und Lächeln bevor sie zu mir schaut.
Chris: Meine Freunde hatten gefragt, ob wir was unternehmen wollen. Ich meinte, dass ich Besuch habe, woraufhin sie sagten, ich könnte dich ja mitnehmen. Zwei alte Schulfreunde, mit denen ich mich immer in Münster treffe."
Anissa: Und die wollen mich wirklich dabei haben?"
Warum sollte ich sie diesbezüglich anlügen? Aber ich denke, dass Anni einfach zu oft zu spüren bekommen hatte, dass sie eben nicht erwünscht ist. Bevor ich daher antworte, greife ich nun nach ihrer Hand und halte diese fest.
Chris: Klar, sehr gerne sogar. Sie hatten es vorgeschlagen, da ich normal abgesagt hätte. Du gehörst mit zu mir, bist mit mir befreundet und dann wollen sie dich gerne kennenlernen. Wenn du aber nicht willst..."
Anissa: Sehr gerne."
Ich fange langsam an zu lächeln und drücke daraufhin leicht ihre Hand.
Chris: Sehr gut. Ich denke, dass wir gegen 17 Uhr aus Bielefeld fahren sollten. Mit dem Bus kommen wir von Enger dahin. Aber ich schaue das morgen nochmal nach."

Und das tat ich am kommenden Tag auch so. Gegen Mittag habe ich mir online die Verbindungen angeschaut. Und da ich wusste, dass ich in Bielefeld nochmal zur Bank gehen müsste, haben wir einen Bus früher genommen. Anni trägt wieder eine meiner Jacken und die Cap, sodass ihr Haar fast komplett versteckt ist. Während wir beide im Bus sitzen, hält sie noch die ganze Zeit meine Hand, schaut sich nervös um, aber als wir in Bielefeld aussteigen, spüre ich davon nichts mehr.

Einen kleinen Weg müssen wir noch zum Bahnhof gehen, aber meine Mission ist es, dass ich nochmal zur Bank gehen muss. Und Anni hingegen will schnell in einen Drogeriemarkt, weil sie kein Zopfgummi mithatte. Wir beide trennen uns einen Moment, ich sage ihr den Weg und sie meinte, dass sie es finden würde. Die Automaten bei der Bank waren nicht besucht, ich komme daher schnell an die Reihe und habe mein Geld. Das stecke ich gerade in mein Portmonee, als ich mitbekomme, dass ich eine Nachricht auf Instagram habe, was noch nie bei meinem Privaten Account der Fall war.

Anissa_PublicTherapy will dir eine Nachricht senden

Etwas verwirrt klicke ich darauf und öffne den Chat.
Anissa_PublicTherapy: Das war der RB 69 um 16.27 Uhr von Gleis 4 Richtung Münster, bin ich richtig?
Christian.rnt: Ja. Warum schreibst du mir keine WhatsApp?
Anissa_PublicTherapy: Ich habe mein anderes Handy bei dir liegen lassen und nur dort habe ich deine private Nummer. Bist du gleich da? Erkläre es dir im Zug.
Christian.rnt: Bin schon fast da...

Two Sides of Our LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt