Kapitel 77

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Sylvester sitzt auf den alten Klamotten, die auf meiner Waschmaschine liegen. Dazu bin ich heute nicht gekommen und ihn freut das scheinbar gerade sehr. John hatte mich noch mit hochgebracht und sich danach verabschiedet. Morgen müssen wir beide nochmal ins Studio, aber erst am Nachmittag. Ich brauche gleich etwas Schlaf.

Das Handy habe ich, wie am Nachmittag auch, wieder gegen den Spiegel gelehnt und suche danach auf Facetime den Kontakt von Chris raus. Als der Anruf rausgeht, warte ich einen Moment und suche meine Sachen zusammen, damit ich mich abschminken kann.
Chris: Hey, Anni..."
Anissa: Hi, Chris. Du..."
Ich stelle mich gerade wieder aufrecht hin, da die Sachen im Schrank unter dem Waschbecken liegen. Dabei sehe ich, dass er sich mit der Hand über die Augen wischt. Sein Handy muss er auch wieder an etwas gelehnt haben. Bei ihm ist es deutlich dunkler als bei mir hier im Badezimmer. Die Haare von Chris liegen irgendwie rum, seine Augen und sein Blick sehen noch etwas verschlafen aus und da sein Handy etwas weiter weg steht, sehe ich auch, dass er gerade zumindest kein Oberteil trägt.
Anissa: Ich halte dich vom Schlafen ab, Chris."
Chris: Das ist schon okay, wirklich."
Als er seinen Kopf leicht schräg legt und wieder ehrlich mich anlächelt, vergesse ich das wieder. Chris macht es, weil er es möchte.
Anissa: Danke...mal wieder."
Chris: Dafür nicht, wirklich. Ich würde mir sonst jetzt ober in meiner Kabine Sorgen machen, was mit dir los ist."
Anissa: Süß von dir..."

Ich muss wie jedes Mal verlegen wegschauen, aber Chris freut sich sichtlich über meine Aussage. Bevor ich vergesse, weswegen wir beide hier sind, fange ich an mich abzuschminken. Vorher nehme ich noch meine Ketten ab und lege sie zur Seite.
Chris: Wie war es denn, außer vollkommen schrecklich?"
Anissa: Es ist überhaupt nicht meine Gesellschaft. In jeder Ecke passiert gefühlt irgendwas anderes illegales oder seltsames, was ich nicht sehen oder mitbekommen will und ich bin mittendrin."
Als ich mein Auge gerade abgeschminkt habe, stolpere ich etwas zur Seite, bevor ich mich wieder ordentlich hinstelle.
Anissa: Entschuldige...ich bin angetrunken oder betrunken."
Chris: Anders kann man die Party ja auch nicht überleben."
Er bringt mich durch diese Aussage zum Lachen und ich denke, dass das auch zum Teil sein Ziel gewesen ist. Mich etwas auf andere Gedanken bringen, mich ablenken und wieder glücklich machen, was die Party nicht geschafft hat.
Anissa: Ich gehe gerne Mal feiern, aber...dann liebe mit dir."
Als würde ihm diese Aussage überraschen, schaut er mich jetzt derartig an, wobei ich sehe, dass langsam ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen ist.

Als ich wieder normal aussehe und keine Schminke mehr im Gesicht habe, schaue ich wieder an mir herab, wobei mir auch gleich wieder der Kommentar von Julian in den Kopf kommt. Ich weiß, dass er betrunken und eventuell High war, aber trotzdem...so kenne ich ihn nicht und ich habe mich noch nie so unwohl gefühlt.
Anissa: Deine ehrliche Meinung zu den Sachen, die ich trage?"
Chris: Ohne, dass ich in Gefahr bin eine Ohrfeige verpasst zu bekommen?"
Anissa: Hast eine freie Aussage, die ich nicht bestrafen werde."
Dass er sich an den Kommentar aus dem Stadion noch so genau erinnern kann. Als sein Blick wieder über meinen Körper geht, fühle ich mich in keinster Weise so unwohl, wie es bei Julian vorhin der Fall war. Kann auch daran liegen, dass Chris mich schon ganz anders zu Gesicht bekommen hat und ich ihn.
Chris: Ehrlich, ich finde, dass du sehr gut aussiehst. Wenn ich jetzt jegliches Wort in den Mund nehmen kann und darf, würde ich sagen, dass du heiß aussiehst, okay? Aber warum fragst du mich das?"
Anissa: Weil Julians Blick mich vorhin so angewidert hat, dass ich ihm am liebsten eine reingehauen hätte. Dann wollte er auch noch, dass ich bei ihm und dieser Blondine bleibe und am liebsten mit den noch einen Dreier schiebe."
Chris: Klar, du trägst ein Netzoberteil und darunter einen pinken BH. Aber trotzdem hat keiner das Recht, dich anzustarren oder dich unwohl fühlen zu lassen. Also auch ich..."
Anissa: Bei dir habe ich mich noch nie unwohl gefühlt."

Auch wenn Chris etwas lächelt, ich sehe, dass er dahin etwas versucht zu verbergen und ich weiß, dass es an Julian liegt. Aber ich denke nicht, dass es an den Kommentar an sich liegt. Es liegt daran, dass er das explizit zu mir gesagt hat.
Anissa: Bist du eifersüchtig?"
Chris: Was!? Warum sollte...vielleicht..."
Ich muss anfangen zu lachen, als ich zur Seite trete, damit er mich nicht mehr sieht und damit ich mich umziehen kann.
Anissa: Bist du das immer? Also...wenn du denn mit jemanden zusammen warst?"
Chris: Ich denke, dass es eine gesunde Form der Eifersucht immer war. Wenn du das verstehst. Ich verbiete nie etwas, aber wenn sie mit jemand anderen etwas unternimmt, der körperlich, Karrieretechnisch oder vom Aussehen mehr zu bieten hat als ich..."
Anissa: Ich finde, dass es eine gesunde Form ist. Du zeigst ja einfach nur, dass sie und die Beziehung dir nicht egal ist."
Chris: Ja, aber...bei dir habe ich ja keinerlei Berechtigung. Entschuldige."
Anissa: Ich finde es nicht schlimm."
Nachdem ich mir das Shirt für die Nacht übergezogen hatte, trete ich wieder vorm Spiegel und vor Chris, der mich wieder anlächelt, als er mich sieht.
Anissa: Vielleicht bin ich auch etwas eifersüchtig auf die Band bei euch. Nur so ein ganz kleines bisschen."
Chris und ich müssen lachen. Er wartet noch, bis ich mir einen Dutt gebunden habe und im Anschluss mit dem Handy in mein Schlafzimmer gehe. Dort verabschieden wir beide uns voneinander und legen uns schlafen.

Auch wenn ich erst gegen Mittag aufstehen musste, es war für mich zu früh. Sylvester bekam sein Fressen, ich machte mich für den Tag fertig und wurde auch pünktlich von John gegen 14 Uhr abgeholt und zum Studio gebracht. Die Band war allgemein nicht wirklich bei sich, sehr verschlafen und James hatte mit uns zu kämpfen, dabei mussten wir nur ein paar Dinge für den kleinen Gig im April klären.

James bekam uns durch das kleine Meeting und entlässt uns gegen 17 Uhr wieder aus dem Studio. Dabei packt er seine Sachen zusammen und ich greife nach meiner Jacke. Marco und Claas hatte ich gestern Abend kaum gesehen, nur Julian und das endete mehr als anzüglich von seiner Seite aus. Ob er was zu seiner Verteidigung zu sagen hat?
Anissa: Und? Wie war der Abend gestern mit der blonden Unbekannten?"
Ich will ihn etwas von der Seite anstupsen, aber er dreht sich gleich zu mir und wirft mit den wütendsten und finstersten Blick zu, den ich je bei ihm gesehen habe.
Julian: Ja, lach du noch drüber, Anissa."
Was habe ich denn bitte falsch gemacht? Sollte ich sein Ding dort unterbrochen haben, nach was es nicht aussieht, bin ich auch wieder nicht daran schuld.
Anissa: Was ist dein Problem jetzt wieder?"
Julian: Was mein Problem ist!?"
Ich weiche nach hinten aus, als er auf mich zukommt. Gerade, als er nach meinen Schultern packen will, geht Marco dazwischen und hält Julian davon ab.
Julian: Was mein Problem ist!? Das würde ich dich gerne fragen."
Marco: Es reicht!"
Julian: Warum soll ich jetzt wieder nachgeben!? Was habe ich denn bitte getan?!"
Anissa: Was habe ich dir getan!?"

Marco bekommt von Julian die Ohrfeige, die er mir wohl gerne verpassen würde. Jetzt habe ich keinen Schutz mehr vor mir stehen, weiche bis zur Tür aus und habe danach einen aufgebrachten Julian genau vor mir stehen.
Julian: Ja, ohne John bist du nicht mehr so groß, was!?"
Anissa: Was ist bitte dein Problem!? Es war deine scheiß Party! Du hast diese verdammte Tussi wieder mitgenommen! Halt mich daraus! Du hast mich gestern so respektlos und sexistisch angesprochen! Ich bin deine Bandkollegin und Freundin!"
Julian: Dann verhalte dich mal wie eine!"
Gerade will Julian wieder ausholen, da wird er dieses Mal von James und Marco weggezogen. Dabei festigt vor allem James seinen Griff und schaut ihn eindringlich an.
James: Es reicht jetzt!"
Julian: Dann sag ihr das und nicht mir!"
Nur beiläufig greift er nach seiner Tasche und stürmt mit lauten Schritten aus dem Studio. Ich stehe noch immer aufgelöst gegen der einen Tür und schaue zu denen.
Anissa: Was sollte das? Was ist mit dem bitte los?"

Marco und James schauen sich an, bevor Marco aus seiner Tasche sein Handy nimmt und mir das vorhält. Darauf ist ein Artikel geöffnet.

Sex, Drugs und Rock 'n roll – Julian Riedel endet betrunken und high mit hübscher Blondine im Badezimmer!
Dass der Gitarrist der Band Public Therapy ein echter Frauenschwarm ist, stelle er in den vergangenen Monaten bereits unter Beweis, aber scheinbar kriegt der 32-jährige nicht genug – die Gästeliste mit seinen Affären im Überblick.

Mein Blick bleibt erst auf dem Handy liegen, bevor ich zu Marco und James aufschaue. Ihre Blicke sind bedrückt, zurückgenommen, während ich innerlich die Fassung verliere.
Anissa: Er denkt, dass ich an den Artikeln Schuld bin...

Two Sides of Our LifeTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang