Kapitel 55

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Heiligabend mit der Familie. Johanna ist wieder zu Hause und dekoriert mit unser Mom das Wohnzimmer. Dafür braucht sie immer etwas Hilfe. Kai, Ehemann meiner Schwester, und unser Vater kümmern sich um das Essen für den nächsten Tag. Sylvester versucht die Kugeln vom Baum zu schlagen und wird von Jo immer wieder davon abgehalten. Und ich wurde dazu überredet, dass ich mit meinem Neffen Kekse backen muss.

Meine Haare hatte ich hochgesteckt, einen alten Pullover hatte ich sowieso mit und den Teig konnte Johanna schnell vorbereiten, da sie sowas deutlich öfter machen wird. Max steht auf einem kleinen Tritt. Auch wenn er bereits sieben Jahre alt ist und zur Schule geht, so hat er einen deutlich besseren Überblick über die Arbeitsplatte.
Max: Wie lange bist du hier, Nanni?"
Ich muss lachen und würde auf meine Wohnung wetten, dass Jo ihn dazu gebracht hat, mich so zu nennen, da er es nicht einfach so machen würde.
Anissa: Bis Anfang Januar. Ich habe mir also erstmal etwas frei genommen."
Max: Dann werden wir uns öfters sehen? Fahren wir dann mit Mama auch mal nach Emden, wie wir es vor Jahren mal getan hatten?"
Das war bei meinem letzten Besuch. Da bin ich mit Jo und Max nach Emden gefahren. Da waren wir als Kinder und Jugendliche ziemlich oft. Auch wieder ziemlich lange her, dass wir dort zusammen waren. Meinen Blick lasse ich einen Moment zu Jo schweifen, damit ich ihre Antwort dazu wissen würde. Sie lächelt mich ruhig an und überlässt die Entscheidung also quasi bei mir.
Anissa: Das können wir gerne machen, Max. Dann können deine Mama und ich dir noch ein paar Läden zeigen, wo wir damals oft waren."
Johanna: Aber nicht den, wo du damals Moritz kennengelernt hattest."
Anissa: Aber auf gar keinen Fall!"

Ich schiebe das erste Blech in den Ofen und da wir kein zweites haben, heißt es, dass wir beide kurz Pause machen. Max wäscht sich die Hände und geht danach zu seiner Mutter. Ich lehne zuerst nur gegen der Küchenzeile, bis ich das erste Mal wieder auf mein Handy schaue und bemerke, dass Chris mir vor zwei Stunden geschrieben hatte. Ich entsperre das Handy und öffne den Chat.
Chris: Hey Anni. Ich hoffe, dass du gut zu Hause, in deiner Heimat, angekommen bist und dass du über die Tage etwas abschalten kannst.
Chris: Hoffentlich störe ich dich nicht, aber ich bin gerade noch zu Hause.
Anissa: Mach dir keine Sorgen, alles gut hier. Ich bin gut angekommen, habe meine Eltern und meine große Schwester wieder für ein paar Tage um mich rum. Außerdem würdest du niemals stören, Chris.
Chris: Ich weiß aber, wie ich die Zeit mit meiner Familie genieße und dass ich dann nicht gestört werden will.
Anissa: Du störst nicht! Mach dir keiner Sorgen. Ich freue mich immer, wenn du schreibst.
Immerhin schafft er es auch mir ein Stück zu Hause zu geben, wenn ich allein und einsam in Berlin bin und er gar nicht mal in meiner Nähe. Um ihn zu zeigen, dass ich Zeit habe, mache ich ein Selfie vor dem Ofen mit dem Keksen, damit ich ihm das schicken kann.
Anissa: Die Tante wurde auch gleich dazu überredet Kekse zu backen.
Chris: Kenne ich sehr gut von zu Hause. Wollen meine Neffen und Nichten auch immer. Sie wollen eben immer irgendwas mit Onkel oder Tante unternehmen und machen, da sie ja so selten zu Besuch da sind.

Wir haben uns selten über unsere Geschwister oder Familie unterhalten. Er hat zwei Geschwister. Sind beide Verheiratet, haben beide Kinder?
Anissa: Onkel Chris also, interessant. Wie viele Nichten und Neffen zählst du denn?
Chris: Also insgesamt drei Neffen und zwei Nichten.
Anissa: Ihr seid eine echt große Familie! Ich habe einen Neffen und das wars.
Chris: Meine Eltern hatten eben drei Kinder. Mein Bruder hat geheiratet und drei Kinder bekommen und meine Schwester ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nur ich bin der Kinderlose und Freundinlose Mann in der Familie.
Anissa: Meine Mom hatte auch drei Töchter und eine hat es geschafft zu heiraten und ein Kind zu bekommen. Nur Johanna hatte geheiratet und hat einen Sohn.
Chris: Liana nicht?
Anissa: Ist nach Hamburg gezogen und hatte sich vor zwei Jahren von ihrem Freund getrennt. Hat erstmal keine Lust auf Männer.
Chris: Und Anissa?
Anissa: Solltest du wohl am besten wissen.
Chris: Dass ich wohl der einzige Mann bin, auf den du gerade Lust hättest.
Anissa: ...manchmal hasse ich dich wirklich, Chris.
Chris: Ich necke dich aber auch zu gerne, Anni.
Chris: Ich muss jetzt rüber zu meinem Bruder. Ich wünsche euch einen schönen Abend.
Anissa: Danke und euch natürlich auch.

Muss dieser Mann mich so aus den Konzept bringen und mich wieder in das Problem tauchen, was ich seit seinem Besuch versuche mit mir auszutragen? Es ist eben seine Art, sein Charakter und zu oft hatte er bereits gesagt, dass er mich zu gerne neckt. Das schafft er auch jedes Mal immer wieder.
Johanna: Warum musst du denn so lächeln, Nanni?"
Habe ich das? Meinen erschrockenen und verwirrten Blick hat meine Schwester auch mitbekommen. Sie lacht einzig nur, da wir kurz darauf von der Türklingel unterbrochen werden. Unser Vater geht hin und ich schaue wieder zu den Keksen.
Liana: So sieht also eine Begrüßung nach all den Jahren aus?"
Anissa: Lily!"

Egal, dass mein Pullover voller Mehl ist und dass an meinen Händen noch Teig ist. Ich laufe zu ihr hin und nehme sie zuerst mal fest in Arm. Lily muss lachen und legt ihre Arme um mich, bis Jo noch zu uns kommt.
Liana: So wie früher, ihr beiden."
Wir drei schauen uns an, als wir einander loslassen. Wir haben uns zu dritt vor Ewigkeiten gesehen. Liana arbeitet in Hamburg als Ärztin, ich lebe in Berlin als Musikerin und Johanna lebt in Lingen als Kindergärtnerin. Drei Schwestern, die verschieden sind.
Liana: Für ein paar Tage werdet ihr mich hier nicht los. Erst nach Weihnachten habe ich Schicht und Silvester kann ich auch nicht da sein."
Johanna: Wir können endlich wieder Weihnachten als Familie verbringe, das ist viel mehr wert als irgendwas anderes...

Two Sides of Our LifeTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon