Kapitel 24

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Mein Bruder ist gegangen und die Musik läuft daher jetzt wieder normal über die Lautsprecher. Dabei habe ich mich, als Andreas das Büro verließ, in den Sitzt fallenlassen und schaue nur still auf meinen Bildschirm.

Ich bin davon überzeugt, dass ich zu diesen Konzert fahren will. Ich bin auch davon überzeugt, dass ich mit ihr einfach befreundet sein will. Ich kam mit Anni von Beginn an gut klar und die Zeit, die wir jetzt mit Schreiben verbringen, schätze ich auch sehr. Warum sollte ich da wieder auf meinen Bruder hören, wenn er überhaupt nicht wissen kann, was los ist und wie wir zueinander sind? Er kennt nur das, was die Öffentlichkeit über die Band sagt. Ich weiß auch, was über uns immer wieder gesagt wird und davon stimmt auch, wenn denn, nur die Hälfte. Auch über ihn steht genug Unsinn im Internet, der nicht ansatzweise der Wahrheit entspricht. Egal, was man auch macht, die Presse kann es irgendwie so schreiben, dass daraus ein spannender Artikel entsteht. Manchmal schreiben sie einfach nur eine spannende Headline, die das Thema irgendwie auffasst, aber es dennoch komplett überspitzt und mehr lesen manche Menschen doch sowieso gar nicht. Es ist meine Entscheidung, ob ich mich mit ihr abgebe, ob ich Zeit mit ihr verbringe, oder ob ich es nicht möchte.

Mein Handy liegt vor mir auf dem Tisch. Die Karte, die bis gerade eben noch in meinem Warenkorb lag, bestelle ich nun auf meinem Namen, sodass die auch in wenigen Tagen bei mir zu Hause ankommen sollte. Als ich dann nach meinem Handy greifen will, kommt wieder jemand in mein Büro. Dieses Mal aber nicht Andreas oder ein Arbeiter aus der Halle, es ist Ivon, die uns bei der Organisation und Planung von allem unterstützt. Quasi die Managerin. Sie schaut zu mir, danach etwas im Büro umher, bis ich von meinem Platz aufstehe und vor meinen Tisch gehe, mich gegen die Platte lehne.
Chris: Womit kann ich dir helfen Ivon?"
Ivon: Ich habe ein bisschen was von dem Event mitbekommen, bei dem ihr vor einigen Wochen wart. Die in München, wo ihr eine Nacht im Hotel geblieben seid."
Wenn mein Bruder ihr nur irgendwas gesagt hat, was in dieser einen Nacht lief, dann werde ich ihn gleich bei sich zu Hause zur Rede stellen. Darauf kann er wetten.
Chris: Was hat Andreas dir bitte erzählt?"
Ivon: Andreas hat mir nicht wirklich was erzählt, einige andere Arbeiter allerdings, da du seitdem wohl mit jemanden in Kontakt stehst."
Ich schreibe jeden Tag mit Anni und auch, wenn Arbeiter im Raum sind. Natürlich habe ich ihnen auch mal beantwortet, wer das ist und irgendwie ist das wohl zu Ivon vorgedrungen.

Ich stoße mich vom Tisch ab und gehe zum Fenster, schaue raus und kehre ihr den Rücken zu. Ich habe keine Lust auf diese Gespräche. Sie sollen mich einfach in Ruhe lassen.
Ivon: Chris...du weißt, dass ich dir das sagen muss..."
Chris: Was?"
Ich drehe mich um und man kann in meiner Stimme hören, dass ich genervt bin. Ivon steht mehr oder weniger gefasst vor dem Türrahmen, da sie mir das eben nicht sagen muss. Sie achtet etwas auf uns, ja, aber sie hat keine Entscheidungskraft über Andreas oder mich oder über irgendwas, was in dieser Firma geschieht.
Chris: Dass ich mich nicht mit ihr treffen sollte, da sie eine so schlechten Namen hat? Das könnte ja irgendwie auf mich abfärben? Du weißt, was für ein Unsinn im Internet steht Ivon, ich kann auf mich aufpassen."
Ivon: Ich will dich nur schützen."
Chris: Vor was denn bitte? Es ist mein Leben Ivon, mein Name, mein Ruf. Sie kann nichts für irgendwas. Alles, was geschrieben wird, dafür kann sie rein gar nichts."
Ivon: Aber über sie steht nichts im Internet Chris. Über ihre Kollegen ja, aber nicht über sie. Findest du das nicht verdächtig?"
Chris: Lass sie da raus!"
Ich gehe nur wenige Schritte auf Ivon zu, wo sie bereits etwas nach hinten ausweicht. Sie schaut zu mir rauf, spielt nervös mit ihren Händen und wartet.
Chris: Sie hält ihr Leben einfach nur privat, okay? Ich habe gesehen, wie einsam sie lebt, wie sehr sie sich schützt, damit sowas nicht mit ihr passiert. Ich kann auf mich aufpassen, verstanden? Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst."

Ein stummen Nicken von Ivon, sie schaut sich nochmal um, als würde sie nochmal was sagen wollen und verlässt danach dennoch schweigend und ohne ein weiteren Kommentar mein Büro. Endlich.
Chris: Warum immer wieder ey..."
Warum wird immer wieder gesagt, dass sie daran schuld sein könnte? Das sind ihre besten Freunde, mit denen sie schon so viele Jahre zusammenarbeitet? Außerdem schadet sie sich dadurch doch auch selbst? Niemals im Leben würde Anissa sowas machen. Ich weiß, warum Ivon und mein Bruder so sind, aber ich brauche nicht immer jemanden, der sich um mich kümmert, das kann ich schon ganz gut allein. Ich weiß, wie ich mit ihr umgehen will und wo meine Grenzen sind. Wenn sie mir falsch kommt, kann ich mit ihr dasselbe Spiel spielen und dann wird sie verlieren.

Mein Blick wandert auf die Uhr, die im Raum hängt. In etwa zwanzig Minuten will Mama mit uns Kaffee trinken und ich will nicht wieder der letzte sein. Ich gehe zum Schreibtisch und will meinen Computer gerade runterfahren, entscheide mich aber dazu, dass ich vorher noch ein Bild aufnehme, damit ich das an Anni schicken kann.
Chris: Wir werden uns dann wohl in November sehen und sollte ich mir Gedanken machen, dass du mir ein Paket geschickt hast?
Auch wenn sie vermutlich in den Proben stecken wird, sie kommt kurz nachdem meine Nachricht raus ist online und tippt ihre Antwort.
Anissa: Ich freue mich drauf Chris und die Adresse eurer Firma ist frei im Internet zugänglich. Da musste ich nur einmal schnell Googlen.
Der frech grinsenden Smiley, den sie hinterher schickt, bringt mich zum leichten Schmunzeln. Gut, sie hat ja recht, sonst würden wir anderwärtig auch keine Post zugeschickt bekommen.
Chris: Probt ihr noch immer?
Ich schalte jetzt den Computer aus und nehme noch meine Jacke, damit ich endlich das Büro und die Firma verlassen kann. Auf den Weg zu Andreas schreibt sie mir noch die letzte Nachricht.
Anissa: Ja, kurze Pause für den Sänger und für Socialmedia. Ich sollte aber wieder los. Heute Abend hätte ich wieder Zeit.
Chris: Ich bin da zu Hause, können wir also so festhalten Anni...

Two Sides of Our LifeWhere stories live. Discover now