Kapitel 30

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Viel zu viele Menschen auf zu engen Haufen, die alle zur gleichen Zeit ihren Platz und das Stadion verlassen wollen. Und ich bin mittendrin und hasse es komplett. Irgendwann habe ich einen Punkt gefunden, wo ich mich eine Zeit hingestellt habe, bis man wieder durch die Massen kommen kann.

Da wir damals selbst hier waren, weiß ich auch, wo die Tür zum hinteren Teil des Stadions ist. Dort muss ich jetzt auch wieder hin, damit ich zu Anni kommen kann. Während ich dahin laufe, versuche ich so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf mich zu ziehen, aber diejenigen, die gerade hier sind, haben sowieso ganz andere Probleme oder sind auf was anderes fokussiert. Vor der Tür stehen zwei Männer in schwarz. War das damals bei uns auch derartig gesichert? Ich könnte mich nicht daran erinnern, allerdings war das damals auch die Aufgabe meines Bruders, sodass es mir eigentlich egal war. Die beiden schauen mich schon misstrauisch an, während ich auf sie zugehe. Sie wechseln Blicke, bis ich vor beiden zum Stehen komme.
Security: Haben Sie eine Berechtigung, dass Sie hier sein dürfen?"
Ich hätte den Pass vorher schon rausnehmen müssen, ich Idiot. Ich krame, während ich vor denen stehe, in meiner Jackentasche und kann danach greifen und einem von beiden vorhalten. Er liest sich die Rückseite durch, sieht die Unterschrift und den Stempel und schaut danach zu seinen Kollegen.
Security: Begleitung und Besuch von Anissa Sanders. Er darf durch. Wir rufen eben noch eine Kollegin, damit Sie sich zurechtfinden."
Ich nicke, da es jetzt zu kompliziert wäre, würde ich ihm erklären, dass ich die Flure und Gänge kenne. Außerdem...Sicherheit geht vor.

Die Dame, ebenfalls komplett in schwarz gekleidet, kommt nach kurzer Zeit zur Tür und wird von ihrem Kollegen angeleitet, dass sie mich zu Anissa bringen soll. Mir wird dann auch endlich die Tür geöffnet und ich gehe mit ich mit.
Security: Sie gehören zur Dame der Band?"
Chris: Ja, so...könnte man es sagen."
Security: Sie haben immerhin die Berechtigung von ihr, dass Sie die Flure betreten dürfen. Also gehören Sie schon zu ihr dazu."
Ja, aber nicht so, wie sie es meinen könnte. Ich bin nur ein Freund, wenn das denn überhaupt. Wir haben uns gerade einmal gesehen und ansonsten nur miteinander geschrieben. Wir sehen und heute das zweite Mal und das wohl auch nur für eine absehbare Zeit hin. Über den Sender der Frau, wird sie aufgehalten, sodass wir beide mitten in einem Flur stehenbleiben, wo einige Mitglieder der Crew gerade die Bühne der Band abbauen. Sie schaut kurz darauf und danach zu mir.
Security: Ich werde vor dem Stadion gebraucht. Sie müssen nur noch den Flur runtergehen. An den Türen stehen die Namen der Bandmitglieder. Sie werden sie finden."
Ich nicke, sie kehrt wieder um und läuft die Gänge runter und ich gehe mit langsamen Schritt den Flur weiter runter. Von links nach rechts werden Cases über die Flure geschoben. Instrumententaschen liegen gestapelt am Rand, Boxen liegen daneben. Immer wieder kommen andere Anweisungen vom Licht oder vom Ton, sodass einige wieder zur Bühne laufen. Im Hintergrund läuft Musik, was eine Mischung aus der Musik von Public Therapy, Green Day, Nirvana, Måneskin, Guns N' Roses und Queen ist.

Auf der rechten Seite ist die erste Tür, die zur Kabine vom Marco Raves führen würde. Die ist leer und vielleicht bin ich darüber froh. Ich kenne nur sie und will nur mit ihr reden. Jetzt jemanden aus ihrer Band über dem Weg zu laufen...ich wüsste nicht, wie ich mich verhalten sollte in den Moment. Auch die anderen Kabinen sind allerdings noch leer und ich sehe auch, warum. Die vier kommen gerade von der Bühne und gehen den Flur hinab, haben mich noch überhaupt nicht mitbekommen.
Chris: Anni!"
Sie ist die erste, die abrupt stehenbleibt. Der Rest geht kurz weiter, bevor auch sie zum Stehen kommen und zu Anni schauen. Die dreht sich jetzt auch endlich in meine Richtung und scheint mich mitzubekommen. Anni lächelt, schaut zu den andere und lässt sie danach hinter sich, damit sie zu mir gehen kann.
Anissa: Hey Chris..."
Es ist so, wie ich es mir gedacht habe. Wir beide stehen uns zu Beginn gegenüber und wissen beide nicht, wie wir uns verhalten sollen. Ich bekomme daher auch ihre nervösen Blicke mit und kann nicht anders, als leicht anfangen zu lachen.
Chris: Ich dachte, dass ich dich hier gar nicht finde. Großes Stadion und viel zu viele Flure."
Meine Hände habe ich in meine Taschen gesteckt, versuche so meine Unsicherheit etwas zu verstecken, zu überspielen.
Anissa: Zum Glück hast du es aber noch geschafft."
Ihren Blick lässt sie hinter sich schweifen, wo noch immer der Rest der Band steht. Danach schaut sie wieder zu mir.
Anissa: Komm, wir gehen in meine Kabine, da haben wir Ruhe."

Anni geht an mir vorbei, sodass die Blicke ihrer Bandmitglieder zu mir durchkommen. Sie nehmen mich vermutlich das erste Mal richtig wahr. Einen Moment stehe ich wie angewurzelt dort, schaffe es dann aber doch, ihr nachzugehen. Als auch ich in ihrer Kabine stehe, schließt sie die Tür hinter uns. Kurz lehnt sie noch dagegen, schaut zu mir hin, bevor auch Anni leicht lacht und weiter in den Raum geht.
Anissa: Dann...willkommen in meiner mehr als unspektakulären Kabine."
Sie sieht aus, wie jede andere auch. Ihre Sachen liegen über den Stuhl oder der kleinen Sitzecke und neben der Tür lehnt ihr Bass in der Tasche.
Chris: Dein Instrument passt wirklich perfekt zu dir, Anni."
Sie lächelt verlegen, schaut einen Moment auch dahin, bevor sie sich gegen den Tisch lehnt, wo sie vorhin vermutlich für den Abend fertig gemacht wurde.
Anissa: Schwarz und Pink eben. Viel Farbe gibt es bei uns nicht und ein bisschen muss man doch hervorstechen."
Chris: Klar, die Haare und dein sonstiges Auftreten reichen dafür nicht aus."
Anissa: Was gibt es denn an meinem Auftreten zu bemängeln, Chris?"
Ich höre an ihren Unterton selbst, dass sie das auf eine provokante Art und Weise sagt. Mein Blick schweift beinahe automatisch ab und geht wieder über ihren Körper.
Chris: Soll ich ehrlich sein, oder es nett verpacken?"
Anissa: Kommt drauf an. Ist es ein nett gemeintes Kompliment oder ein Ratschlag, bedanke ich mich. Wird es anzüglich, habe ich noch nie ein Problem gehabt, jemanden eine Ohrfeige zu verpassen."
Chris: Gut zu wissen..."

Spaß oder bitterer Ernst? Muss ich wirklich darauf achten, was ich jetzt wie zu ihr sage? Einen Moment reiße ich meinen Blick von ihr los, sammle meine Gedanken und überlege, ob ich das Risiko eingehen will.
Chris: Was wäre, wenn meine ehrliche Meinung aber anzüglich ist?"
Anissa: Dann würden wir uns in einer Bredouille befinden, oder etwa nicht?"
Chris: Du siehst gut aus."
Ich schaue nun wieder zu ihr hin und lasse sie auch wissen, dass ich sie nochmal genaustens anschaue und jedes Detail versuche aufzunehmen.
Chris: Wobei gut wohl noch recht untertrieben und verharmlost wäre. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass, wenn ich Wörter und Begriffe wie heiß, sexy oder anzüglich in den Mund nehmen würde, ich von dir eine Ohrfeige bekäme. Daher spreche ich das mal lieber nicht aus."
Ihr Blickt liegt auf mir, bevor sie lachend ihren Kopf schüttelt und zu ihren Sachen geht. Von dort nimmt sie die Lederjacke, die sie auch bei dem Event getragen hatte, die ich selbst besitze und zieht sie sich über. Als sie danach wieder zu mir kommt, greift sie nach meiner Cap und nimmt sie mir ab, wonach mit Anni kurz durchs Haar streicht.
Anissa: Ich sehe es so lieber Chris. Du siehst ohne deine Cap besser aus."

Anni setzt sich auf den Tisch und legt neben ihr meine Cap ab. Ich stehe noch im Raum und lasse meinen Blick wieder hindurch schweifen. Bisher habe ich nur etwas zu ihren Aussehen gesagt, ganz seltsamer Einstieg Christian, hast du super gemacht.
Chris: Euer Konzert war wirklich atemberaubend Anni. Ich habe lange keine Show mehr gesehen, die so perfekt aufeinander abgestimmt war, wie eure."
Unsere Blicke treffen sich wieder und dabei bekomme ich mit, dass Anni ihren Kopf leicht zur Seite legt, mich anschaut und warte, was ich sagen will.
Chris: Den Einstieg über den Song Public Therapy finde ich genial und mehr als passend und das Fading hin zu Inner Demons ist perfekt gespielt gewesen. Dass ihr als vorletzten Titel den Kontrast dazu habt mit Inner Harmony, was dann mit Finding Peace zum Schluss kommt...es ist wirklich perfekt."
Sie lächelt. Und dieses süße und zufriedene Lächeln habe ich bei ihr zuvor noch nie gesehen. Dass sie merkt, dass sich jemand wirklich dafür interessiert, aufgepasst hat und es auch wiedergeben kann, was sie sich als Band dahinter gedacht haben.
Chris: Und mit eurer neuen Single My Lover zu enden...persönlich mein Lieblingslied."
Anissa: Du kennst unsere Show gefühlt besser als ich Chris. Aber danke..."
Sie wendet ihren Blick von mir an, schaut zur Seite weg, wobei ich immer noch sehen kann, dass sie über meine Aussage lächelt.
Anissa: Es bedeutet mir viel, dass du das sagst...ehrlich."

Ich verlasse nun endlich meine Position im Raum und nehme auf einen der Stühle vor ihr Platz, sodass wir uns wieder etwas näher sind als zuvor.
Anissa: Ich habe es vermisst mit dir zu sprechen. Klar...wir haben geschrieben, aber dich hier zu haben...du lenkst mich ab...danke."
Chris: Ich freue mich auch, ansonsten wäre ich ja nicht hergekommen. Schade nur, dass ihr weiter müsst und ich kann auch nicht ewig bleiben."
Anissa: Aber ein Stündchen wirst du wohl noch für mich haben Chris, oder?"
Chris: Auf jeden Fall. Ich bin ja dafür gekommen, damit wir uns sehen und reden können...und etwas besser kennenlernen...

Two Sides of Our LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt